Theater - Tanz

„Ach ist das schön!“, rief die Dame neben mir bei der ersten Varieté-Nummer und man kann ihr nur zustimmen: Die alljährliche Wintershow im Hansa Theater ist wirklich zu und zu schön!

Ein Abend in dieser „Schmuckschatulle“ fühlt sich an wie ein Vorweihnachtsgeschenk – und ist die beste Therapie gehen Corona-Blues.

 

„Der Puppenspieler von Mexico...“ Na, wer hat das gesungen? Roberto Blanco, richtig! Und der Mann ist mit seinen 84 Jahren immer noch blendend bei Stimme. Dieser Sänger vibriert nur so vor mitreißender Energie und Fröhlichkeit. Selbst die Schlagermuffel unter den Zuschauern (ich bekenne mich!) konnten es sich nicht verkneifen, den Refrain lauthals mitzusingen. Na ja, man wächst da eben mit der Zeit so hinein.

Conférencier Peter Jordan jedenfalls überschlug sich förmlich vor Ehrerbietung bei der Ankündigung des diesjährigen Stargastes zur Eröffnungsgala des Hansa Theaters, und wer Roberto Blanco live und in Farbe am Steindamm erlebt hat, konnte Jordans Begeisterung durchaus nachvollziehen.

 

Doch zunächst begrüßten natürlich die Hausherren Thomas Collin und Uli Waller die handverlesenen Premierengäste. Diesmal erschienen die beiden in quietsch gelben Küken-Kostümen auf der Bühne und wer sich fragte warum, wurde schnell aufgeklärt: Eine Breitseite auf die FDP, beziehungsweise die Ampel-Koalitionäre, die just an diesem Tag ihre Ergebnisse verkündeten. Auch das hat im HANSA schon gute Tradition: Die scharfsinnig-frechen Kommentare der beiden Chefs zur aktuellen Lage. Kabarettist und „Special Guest“ Matthias Deutschmann legte wenig später noch mal mächtig nach. Kostprobe: „Ein Land, das Olaf Scholz zum Kanzler macht, kann auch Corona besiegen!“

 

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Dreh- und Angelpunkt des Abends aber waren und sind natürlich die internationalen Artisten. Elf an der Zahl begeistern die Hamburger in dieser Saison. Überflüssig fast zu erwähnen, dass sie selbstverständlich (wieder einmal) zu den besten ihres Faches zählen.

Vladimir Omelchenko, ein junger Ukrainer mit frechem Irokesen-Schnitt, sorgt für den atemberaubenden Auftakt. In seiner Performance „Rola-Rola“ balanciert er halsbrecherisch auf mehreren übereinander gestapelten Rollen, Brettern und Bowlingkugeln und jongliert dabei noch. Was Wunder, dass sein Talent weltweit gefragt ist und er bereits mehrere Jahre in Institutionen wie dem „Cirque du Soleil“ und dem Schweizer Zirkus Knie auftrat.

 

Als Seifenblasen-Poet der Extraklasse zaubert Tom Noddy aus Kalifornien jedem Besucher ein Lächeln ins Gesicht, ehe die „Battle Beasts“ die Bühne stürmen. Die drei verwegen ausschauenden Jungs aus Berlin haben zweifellos Heavy-Metall in den Muskeln. Ihr Mix aus Breakdance, Handstand- und Partnerakrobatik jedenfalls käme in Wacken bestimmt ebenso gut an wie im HANSA Theater. Aus Berlin stammt übrigens auch BMX-Fahrer Frank Wolf, dessen Show bereits beim Zirkus-Festival in Monte Carlo bejubelt wurde. Ein Wunder, dass er sich noch nicht alle Knochen gebrochen hat.

 

Apropos Knochen: Die scheinen Olga Shutiak, Olena Kosiuchenko und Nataliya Yuskiv aus der Ukraine gänzlich zu fehlen. In einer wunderbar anmutigen, erotisch-tänzerischen Choreographie setzen die drei Sportakrobatinnen die Gesetze der Anatomie einfach außer Kraft und verschmelzen zu hochästhetischen Standbildern.

 

An eine Inkarnation von Heinz Ehrhard erinnert Bauredner Kay Scheffel, der nicht nur mit seinen beiden schrägen (Handpuppen)-Vögeln dem Publikum die Lachtränen in die Augen treibt. Seine Karaoke-Nummer mit „Opfern“ aus dem Publikum war einfach zum Brüllen komisch. Puppenspieler Phillip Huber setzt mit seinen Marionetten, vor allem der spindeldürren komplett vergoldeten Turnerin, da eher einen poetisch-melancholischen Akzent.

 

Zum Abschluss dann nochmal ein echter Teufelskerl: Was der Taiwaner Chu Chuan-Ho mit seinen Diabolos am Seil anstellt, ist von einem derart irrwitzigen Tempo, dass das Auge da einfach nicht mehr mitkommt. Der helle Wahn, wie überhaupt der ganze Abend.

Wie schön, dass Hamburgs „Schmuckschatulle“ bald noch mehr sein wird als „nur“ ein Varieté-Theater. Thomas Collien und Ulrich Waller haben fest vor, das HANSA auch als Musik-Theater zu etablieren und über das ganze Jahr hinweg zu bespielen. Mit Tobias Strauch von „Strauchs Falco“ steht ihnen dabei ein neuer Gastronom zur Seite. Im März 2022 wird „Cabaret“ wieder aufgenommen, und im Frühsommer soll „Velvet“, das mehrfach verschobene „Disco-Varieté-Inferno aus Sydney“, endlich an den Start gehen!

Jetzt aber erstmal schnell ins Winter-Varieté, bevor Omikron noch einen Strich durch die Rechnung macht.  


„Varieté im HANSA Theater“

Steindamm 17, 20099 Hamburg.

Saison 2021/2022 bis 24.April 2022

Karten unter 040-4711 0 644 oder www.hansa-theater.com

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