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Seine sanfte Tragikomödie „Fallende Blätter“ inszeniert Aki Kaurismäki als poetische Hommage an das Kino, Zufluchtsort unserer Sehnsüchte, an Filmemacher, die er, der finnische Kult-Regisseur, vergöttert: Bresson, Ozu und Chaplin.

 

Die zärtliche lakonische Liebesgeschichte zweier verlorener Seelen am Rande der Gesellschaft reflektiert auch seine eigenen frühen Werke und erhielt in San Sebastian den FIPRESCI Grand Prix 2023 als Bester Film des Jahres und in Cannes den Prix du Jury.

 
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War Maïwenns gefeierter Film „Mon Roi“ (2015) eine Chronik weiblicher Ohnmacht, so ist ihr bildgewaltiges tragisch-romantisches Historien-Epos „Jeanne du Barry“ das Gegenteil: ein Triumph des Aufbegehrens, der Selbstbehauptung und Leidenschaft in einer verrückten Welt.

 

Die 47jährige französische Regisseurin inszeniert sich selbst in der Rolle jener königlichen Kurtisane, eine Frau deren Lachen, Charme, Intelligenz und Ironie Louis XV. nicht widerstehen konnte, eine Frau, die früh gelernt hatte, ihre wahren Gefühle eigentlich nie zu offenbaren.

 
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Selten zeigten sich Kritiker so unverhohlen berührt wie bei dem Spielfilm-Debüt „Past Lives“ der in Südkorea geborenen Regisseurin und Drehbuchautorin Celine Song. Das autobiographisch geprägte Drama erzählt von Abschied, Liebe, Schicksal, Vorsehung, von Entscheidungen, eigenen und denen anderer, es erzählt von jener Sehnsucht, die weder Zeit noch Distanz zerstören können.

 

Ein Opus der leisen sensiblen Töne, bestechend unaufdringlich fern der sentimental stereotypen Gesten Hollywoods aber auch ohne die Abgründe der Eifersucht wie im französischen Kino François Truffauts. „Past Lives“ verändert etwas in uns. Der Film besitzt eine Wahrhaftigkeit, eine schlichte Schönheit, die wir in dieser Form auf der Leinwand vielleicht noch nie erlebten.

 
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François Ozon inszeniert seine elegante nostalgische Kriminalkomödie „Mein fabelhaftes Verbrechen" als scharfzüngiges Plädoyer für den Feminismus. Die zärtlich-ironische #MeToo-Farce spielt mit dem Absurden und den Parallelen von Theater und Justiz.

Man spürt das Vergnügen des französischen Regisseurs, die Art-Deco-Atmosphäre zu rekonstruieren, jedes Set besitzt seinen ganz eigenen architektonischen Stil, spiegelt Gefühle und Handlung wider. Das Kino der Dreißiger Jahre wird indirekt selbst Thema: Die Screwball-Comedy mit ihren rasanten Dialogen, der Glamour von Ernst Lubitsch und der poetische Realismus von Jean Renoir.

 
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Die Dirtbiker-Gangs der Peripherie von Bordeaux sind eine abgeschottete Macho-Domäne. Julia (grandios Julie Ledru), die Fremde, der Eindringling, stellt diese Welt auf den Kopf, infiziert uns mit ihrer skrupellosen Obsession für Maschinen, Asphalt und Geschwindigkeit, für sie einzig akzeptables Symbol von Freiheit und Gleichberechtigung.

„Rodeo“, Debüt-Film der französischen Regisseurin und Drehbuchautorin Lola Quivoron, besitzt seine ganz eigene raue Art von Poesie, Sinnlichkeit und verzweifelter Aggression. Das Aufheulen der Motoren gleicht einer Kampfansage an die bürgerliche Gesellschaft, am Ende perforiert Surreal-Spirituelles die Wirklichkeit. Das feministische Außenseiter-Epos wurde 2022 in Cannes mit dem Coup de Cœur der Reihe Un Certain Regard ausgezeichnet.

 
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Das melancholische Schuld- und Sühnedrama „Nostalgia“ mit Pierfrancesco Favino in der Hauptrolle inszeniert der italienische Regisseur Mario Martone („L’amore molesto“, 1995) als subtiles Psychogramm einer Rückkehr nach vierzigjähriger Abwesenheit.

 

Emotionales Zentrum ist Rione Sanità, die Camorra-Hochburg von Neapel. Der atmosphärisch starke Thriller über das dunkle Geheimnis einer Jugendfreundschaft basiert auf dem gleichnamigen Roman von Ermanno Rea. „Nostalgia“ berührt, erschüttert durch die eindringliche Visualisierung seiner inneren Konflikte. Ein poetisch raues Mafia-Epos fern dem fiebrig schillernden Glamour im Stil von Hollywood.

 
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„Beau is Afraid“, das mit Spannung erwartete Opus Magnum des US-amerikanischen Regisseurs Ari Aster, erreichte in den vergangenen Wochen nie die Top-Positionen der Arthaus-Charts und entwickelt sich an den europäischen Kinokassen zum Flop.

 

Zu Unrecht. Erleben wir doch an der Seite des tragisch kläglichen Helden, grandios verkörpert von Joaquin Phoenix, eine unvergleichliche bildgewaltige ödipale Odyssee durch seelische Untiefen als Spurensuche gesellschaftlicher Machtstrukturen. Beaus Dasein, in jedem Moment von Versagensängsten und Panikattacken geprägt, schnürt uns die Kehle zu, so unerbittlich konzentriert sich die visionäre Horror-Komödie auf ihre opulente Ausweglosigkeit.

 
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„Roter Himmel“ erzählt von einem Sommer an der Ostsee, heiß und trocken, seit Wochen hat es nicht mehr geregnet. Alles dreht sich um die Hoffnungen von vier jungen Menschen, um Liebe, Sehnsucht, aber auch die Unfähigkeit zum Glücklichsein und um den Tod.

 

„Es sind schwebende, wie aus der Welt gefallen Tage“, sagt Regisseur Christian Petzold. Sie erinnern uns an die Komödien von Éric Rohmer wie „Pauline à la plage“ (1984). Wir haben sie unendlich vermisst, ohne uns dessen bewusst zu sein, empfinden nun eine Spur von Wehmut, denn jene Ahnung von Gefahr überschattet die einstige Unbeschwertheit, ein Funke genügt, und die Wälder stehen in Flammen.

 
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Umarmungen wie Angriffe aus dem Hinterhalt, Leidenschaft bis zur Selbstzerstörung: „Irgendwann werden wir uns alles erzählen“ ist die Chronik einer Amour Fou von unglaublicher Intensität und Wucht.   

 
Regisseurin Emily Atef („3 Tage in Quiberon“) gelingt mit der Adaption des gleichnamigen, 2011 erschienenen Romans von Daniela Krien ein außergewöhnliches Psychogramm sinnlicher Grenzüberschreitung, unberührt von den Zweifeln der #MeToo-Ära. Grandios in den Hauptrollen: Marlene Burow und Felix Kramer. 
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Inspiriert von Umberto Ecos „Im Namen der Rose“ inszeniert Tarik Saleh seinen brisanten Politthriller „Die Kairo Verschwörung“ als skrupelloses Ränkespiel um Herrschaft und Autorität, Leben und Tod. Tatort: Al-Azhar, mythenumrankte Universität der ägyptischen Hauptstadt und Epizentrum der Macht im sunnitischen Islam. Ihr gegenüber auf der anderen Straßenseite liegt das Hauptquartier der Staatssicherheit. 
 
Der in Schweden geborene Regisseur katapultiert uns mitten hinein in eine für das Kino bisher fremde Welt, wo sich Vergangenheit und Zukunft überschneiden: 300.000 Studenten und 3.000 Professoren, atemberaubende Bilder entstehen. Der Film wurde in Cannes 2022 für das beste Drehbuch ausgezeichnet.

 
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Der Diebstahl eines Neugeborenen aus kirchlicher Baby-Klappe ist Ausgangspunkt von Hirokazu Kore-edas in Südkorea gedrehtem Roadmovie „Broker“. Ähnlich wie in „Shoplifters“ erklärt der japanische Regisseur die herkömmliche Moral als untauglich zum Überleben am Rande der Gesellschaft

 

Familie bleibt der zum Scheitern verurteilte Versuch einer Utopie. Aber zwischen kaltem Materialismus und tiefer Menschlichkeit, zwischen Tragik und Komik entsteht eine Schicksalsgemeinschaft, die Glück wenigstens für ein paar Stunden greifbar macht.

 
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Der Film „Tar“ ist wie seine Protagonistin: Atemberaubend, raffiniert, genial, bissig, charmant, anspruchsvoll, mysteriös, elegant, sinister, hochsensibel: kurz unberechenbar.

US-Regisseur und Drehbuchautor Todd Field kreiert ein provokantes Spiegelbild herkömmlicher #MeToo-Dramen, katapultiert uns mitten hinein in die hart umkämpfte Welt-Elite der klassischen Musik, das Buhlen um Ruhm, Eros und Kommerz.

 
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Das Drama „Die Aussprache“ ist aufwühlend, packend, auf seine Art vielleicht der radikalste filmische #MeToo-Beitrag. Regisseurin Sarah Polley inszeniert es ästhetisch virtuos als Mix aus True-Crime-Epos und fiktivem Gedanken-Experiment, unterstreicht das Epochale der Gefühle mit einem extremen Breitbildformat.

 

Nach Jahren grausamsten sexuellen Missbrauchs stimmen die Frauen einer abgeschotteten ultrakonservativen Religionsgemeinschaft in Abwesenheit der Männer über ihre Zukunft ab: Bleiben und nichts tun, kämpfen oder die Community verlassen. 

 
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Irgendwann störte den südkoreanischen Regisseur Park Chan-wook, dass seine Filme wie „Die Taschendiebin" meist nicht wahrgenommen werden als das, was sie eigentlich sind: Liebesgeschichten. Wo sonst Rachethriller, Heist-Movie und Historiendrama bei ihm zu zynisch-lasziven Puzzles voller Gewalt und Intrigen verschmelzen, kreierte er deshalb ganz bewusst mit „Die Frau im Nebel“, einen fast zärtlichen Neo Noir, selbst Obsessionen strahlen hier noch etwas respektvoll Sanftes aus.

 

Unverändert die erzählerische Virtuosität, im Gegenteil, das rätselhafte Konstrukt entwickelt sich durch seine, die Perspektiven verändernden Spieglungen zu einer hochemotionalen Spurensuche von atemberaubender subtiler Schönheit und Spannung. Eine Hommage an Alfred Hitchcocks „Vertigo“. 

 

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