Film & Kino aktuell
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- Geschrieben von: Anna Grillet -

Als „Fabel nach einer wahren Tragödie” bezeichnet Pablo Larraín seine ästhetisch virtuose Horror-Farce „Spencer”. Der chilenische Regisseur und sein britischer Drehbuchautor Steven Knight befreien Lady Di (überragend Kristen Stewart) von ihrem ikonischen Image.
Endlich darf Diana, Princess of Wales, aus der Rolle fallen, muss nicht mehr um Sympathie buhlen, darf störrisch sein, ungerecht, kokett, zornig, verzweifelt, ihre Ängste ausleben, versagen wie eine Frau aus Fleisch und Blut. Sie stellt die ihr verhasste Märchenwelt auf den Kopf und ist betörender denn je. Eine Vogelscheuche am Feldrand avanciert zum Symbol der Suche nach Identität.
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- Geschrieben von: Isabelle Hofmann -

Wer an Hamburg denkt, denkt an Hafen und St. Pauli, an Pfeffersäcke und Speicherstadt. An Kino eher nicht.
Und doch ist Hamburg auch Filmstadt. Sicher nicht so berühmt wie Berlin oder München, dafür mit unverwechselbarem Charakter: Filme aus Hamburg sind schroff und urban, lebensnah und multikulti. Das Altonaer Museum blättert mit „Close-up“ nun Hamburgs Film- und Kinogeschichte(n) von den Anfängen bis zur Gegenwart auf.
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- Geschrieben von: Anna Grillet -

Das melancholische Mystery Drama „Lamb” spielt im Norden Islands auf einer abgelegenen Schafzüchterfarm, es erzählt von Liebe und schmerzlichem Verlust, Natur und Übernatürlichem, – der Sehnsucht nach einem Kind. Doch diese Sehnsucht birgt Gefahren in sich, Rache droht.
„Ein visuelles Gedicht” nennt Regisseur Valdimar Jóhannsson den Film und kreiert in der magisch anmutenden Landschaft seiner Heimat einen atemberaubenden geheimnisvollen Kosmos, dessen Horror im Verborgenen lauert, von uns Menschen unterschätzt und verkannt.
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- Geschrieben von: Anna Grillet -

Regisseur Leos Carax, gefeierter Anarchist des französischen Kinos, lässt das Phänomen Musical vor unseren Augen explodieren, re-kreiert es als verstörenden bildgewaltigen Rausch aus Farben, Tönen und extremen Leidenschaften, fern formaler Zwänge. Musik und Texte stammen von Ron und Russel Mael, dem Art-Rock-Duo Sparks.
Ob als romantische Horrorfarce oder unversöhnliches Schuld- und Sühne-Drama, „Annette” wechselt ständig zwischen artifizieller Hingabe und realer Bösartigkeit, Komik und Tragik, ist grotesk, poetisch, ekelerregend und ergreifend. Was fehlt, ist jegliche Form von Ironie, Carax meint es ernst, todernst mit seiner Reflektion über Showbusiness, #MeToo, machtgierige Künstler, egoistische Eltern und vor allem sich selbst.
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- Geschrieben von: Anna Grillet -

„House of Gucci” inszeniert Regisseur Ridley Scott als schillernde italienische Lovestory mit mörderischem Ausgang. Ein quirlig dreister, eleganter Mix aus Gesellschaftsporträt, Familientragödie, Wirtschaftskriminalität, Mode, Glamour und Satire. Letzteres beabsichtigt, aber offensichtlich nicht goutiert von der englischsprachigen Presse.
Vom Sex auf dem Schreibtisch direkt an den Traualtar – der 84-jährige Scott setzt auf harte Cuts, Widersprüche und Kontraste. Lady Gaga spielt nicht Patrizia Reggiani, sie ist es, jene energiegeladene geltungssüchtige Femme Fatale. Das Objekt ihrer Begierde: Gucci Sprössling Maurizio, wundervoll verkörpert von Adam Driver mit sanftem ungelenk selbstironischem Charme.
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- Geschrieben von: Anna Grillet -

„Lieber Thomas” erzählt von den umkämpften Welten eines radikal Unangepassten: Thomas Brasch (1945-2001), dem Dichter, Rebellen, Filmemacher, Fabrikarbeiter, Häftling, Frauenhelden, gefeiert und fast vergessen. Sein Leben war eng mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts verbunden. In der DDR konnte der Künstler nicht bleiben und im Westen wollte er nicht sein.
Regisseur Andreas Kleinert und Drehbuchautor Thomas Wendrich kreieren ein magisch suggestives Leinwand-Epos zwischen Traum und Wirklichkeit. In betörenden Schwarz-Weiß-Bildern ist ein frappierendes Porträt über Deutschland entstanden, erschreckend eindringlich und zugleich doch von jener unglaublichen Leichtigkeit, die an Jean-Luc Godards „Außer Atem” erinnert.
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- Geschrieben von: Anna Grillet -

Auch in „Ammonite” erzählt Francis Lee wieder vom unerwarteten Ende der Einsamkeit, jener Einsamkeit, die auch sein Leben prägte. Mit keiner Figur hat sich der britische Regisseur und Drehbuchautor so verbunden gefühlt wie mit Mary Anning, der 1799 geborenen Paläontologin und Fossiliensammlerin.
Als Frau aus der Unterschicht blieb ihr trotz herausragender Leistungen das männlich dominierte Wissenschaftsestablishment verschlossen. Lee kreiert für sie, die Pionierin der Wissenschaft, eine ungewöhnliche und berührende fiktive Lovestory. Grandios in den Hauptrollen: Kate Winslet und Saoirse Ronan.
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- Geschrieben von: Anna Grillet -

Gehasst, vergöttert, Wagner ist mehr als Musik, – ein Mythos, Glaubensfrage, Politikum, Doktrin.
Wagner polarisiert und genau dort setzt Axel Brüggemann an mit seinem Dokumentarfilm „Wagner, Bayreuth und der Rest der Welt”. Neue Perspektiven eröffnen sich uns auf den vor rund 140 Jahren verstorbenen Komponisten und sein Gesamtkunstwerk, auf Genie und Antisemitismus. Von Venedig über Lettland, Israel, Abu Dhabi und die USA bis nach Japan führt die Reise durch die Welt der Wagnerianer, gibt exklusive Einblicke in ihr Allerheiligstes, das Festspielhaus.
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- Geschrieben von: Anna Grillet -

Noch nie hat Wes Anderson so unverhohlen einer Amour fou gefrönt wie in „The French Dispatch”. Bereits auf der Highschool war der in Texas geborene spätere Kult-Regisseur dem US-Magazin The New Yorker mit Haut und Haar verfallen, das ihn nun zu dem vielleicht bezauberndsten Oeuvre seiner Karriere inspirierte.
Skurril, überbordend, anarchisch und von bizarrer Schönheit, eine melancholische Lektion über die Kunst des Erinnerns und Frankreich als Sehnsuchtsziel amerikanischer Exilanten im 20. Jahrhundert. Hinreißend: Bill Murray in der Rolle des Verlegers, der keine Tränen in seinem Office duldet.
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- Geschrieben von: Anna Grillet -

Betroffenheit, Momente des Schocks, ein Lächeln, unterdrückte Tränen, ungläubiges Staunen, erlösendes Lachen und wieder Betroffenheit.
Das Filmfest Hamburg war ein cineastisches Wechselbad der Gefühle, dieses Jahr vielleicht noch mehr als früher, eine Pandemie im eigenen Land sensibilisiert die Menschen.
Besonders der neue Realismus aus weiblicher Perspektive fordert die Zuschauer emotional heraus: Laura Samanis poetischer Debütfilm „Piccolo Corpo” spielt um 1900 in Friaul, einer christlich archaischen Welt. Verzweifelt kämpft eine junge Mutter um Selbstbestimmung und die Seele ihres totgeborenen Kindes.
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- Geschrieben von: Anna Grillet -

Das facettenreiche Fantasy-Drama „Titane”, diesjähriger Gewinner der Goldenen Palme in Cannes, ist eine Eruption von Emotion: Fesselnd, brutal, verstörend, zärtlich. Julia Ducournau durchbricht die Grenzen der Genres und Geschlechterrollen, zerstört mit betörender Radikalität Normen, Strukturen, Logik, Erwartungen.
Die französische Regisseurin kreiert einen wahnwitzigen ästhetischen Kosmos beängstigender Eindringlichkeit. Nur wer sich einlässt auf diese neue Welt, dem erschließt sie die schmerzvolle Selbstfindung in ihrer sakralen Poesie und schillernder Symbolik, verrät ihm das Geheimnis bedingungsloser Liebe.
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- Geschrieben von: Anna Grillet -

Am Vormittag des 21. Februars 1942, einem Samstag, bringt Stefan Zweig drei Typoskripte der „Schachnovelle” zur Post in Petrópolis. Sie sind bestimmt für die deutsche, amerikanische und argentinische Ausgabe. In der Nacht vom 22. auf den 23. Februar nimmt sich der Schriftsteller zusammen mit seiner Frau Lotte das Leben.
Jede Adaption dieser Novelle ist ein Wagnis. Regisseur Philipp Stölzl lässt auf der Leinwand Zeit- und Bewusstseinsebenen erst miteinander kollidieren, um dann in visuell surrealen Bildern zu verschmelzen. Die beklemmenden rätselhaften Metaphern zwischen Ohnmacht und verzweifeltem lautlosen Widerstand brennen sich unauslöschlich in unser Gedächtnis ein.
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- Geschrieben von: Anna Grillet -

Mit Geschick aber auch Charme hieven Regisseur Detlev Buck und Drehbuchautor Daniel Kehlmann den Klassiker von Thomas Mann in die Ära von #MeToo. Sie wollen ihre „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull” als „philosophische Komödie” verstanden wissen, statten den Protagonisten mit einem Touch Tragik aus, was die Rolle des galanten Schwindlers, gespielt von Jannis Niewöhner, facettenreicher werden lässt.
Frappierend, wie jene französische Metropole Anfang des 20. Jahrhunderts unserer nach Aufstieg und Reichtums lechzenden Gesellschaft ähnelt. Die Filmkritiker reagieren recht unterschiedlich auf die schillernde opulente Leinwand-Adaption, viele zufrieden über gediegene Unterhaltung, manche gar hellauf begeistert, andere nörgeln über einen altbackenen Kostümschinken mit Zuckerguss.
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- Geschrieben von: Anna Grillet -

Die britische Schauspielerin Emerald Fennell („The Crown“) entrümpelt bei ihrem Regiedebüt gründlich das Rape & Revenge Genre: Entstanden ist ein spektakuläres Hybrid aus Comedy, Drama und Neo-Noir mit tragischem Finale.
Schwärzester Humor trifft auf feministischen Anspruch inmitten betörender Bonbonfarben, kitschiger Engel Ästhetik, griechischer Mythologie und Paris Hiltons Song Philosophie. Fennells provokante Satire wurde mit dem Academy Award für das Beste Originaldrehbuch ausgezeichnet.