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Im Schaufenster eines Latino-Supermarktes in der kalifornischen Kleinstadt Santa Cruz hängt ein Aushang mit einer Reihe von Telefonnummern.

 

Sie können in verschiedenen Bezirken Kaliforniens angerufen werden, wenn man auf eine schnelle Antwort in dem Fall hofft, dass bei einem die Strafverfolgungsbehörden – Polizisten des berüchtigten „Immigration and Customs Enforcement“ (ICE) – mit Abschiebungsabsicht an die Tür klopfen.

 
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Die Lieder aus dem Taugenichts, von denen Thomas Mann als hochberühmten Kleinoden schwärmte, sind in dieser Komposition und speziell in dieser Einspielung ein zweites, und womöglich authentischeres Mal realisiert worden. Und zwar ohne den faden Beigeschmack einer unabsichtlich zu sich selbst auf Distanz gehenden, ironisch gebrochenen Biedermeierlichkeit.

 

Also dem Vortäuschen von Heil- und Ganzheit, da es sich doch in Wahrheit um eine frömmelnde Volkstümlichkeit, also den epigonalen Abguss eines scheinauthentischen Idylls handelt.

 
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Verhält es sich so, dass nicht jede Komposition zu jedem Interpreten, oder, vielmehr, nicht jeder Interpret zu jeder Komposition ‚passt‘ – auf die Reihenfolge der Gewichtung ist in der Musik, wie sich von selbst versteht, unbedingt zu achten?

 

Dann verhält es sich mit Max Bruchs (1838–1920) 1868 endgültig fertiggestelltem 1. Violinkonzert in g-Moll, op. 26, das er, je länger, je mehr als ‚Fluch‘ empfand – „Ich kann dieses Concert nicht mehr hören – habe ich vielleicht nur dieses eine Concert geschrieben? Gehen Sie hin und spielen Sie endlich einmal die anderen Concerte, die ebenso, wenn nicht besser sind!“ – so, dass dieses mindestens drei Gefühlslagen auslotende, ihnen mit höchster Sensibilität nachsinnende Stück Musik in diesem Konzert mit dieser Soloviolinistin seine kongeniale Interpretation gefunden hat.

 
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Ich will nicht über dieses Violinkonzert in D-Moll, Op. 77 von Johannes Brahms (1833–1897) aus dem Jahr 1878 sprechen. Allenfalls möchte ich, in einer Art Summary, die Grundtöne der drei Sätze kurz in Erinnerung rufen.

 

Im 1., Allegro non troppo überschriebenen Satz, ist ein ins Extreme gesteigerter Schrei des Schmerzes und der Verzweiflung sozusagen omnipräsent. Wobei der unerhört zaghaft-sanft-flehende Eintritt des Orchesters im Anschluss an die Solokadenz die Grundstimmung des 2. Satzes in nuce antizipiert. Der 2. Adagio-Satz ist ein auf Grund seiner Herzinnigkeit ebenfalls schmerzhafter (Liebes-) Dialog zwischen der Oboe (der Querflöte und dem Fagott) und der Violine. Das Allegro giocoso, ma non troppo vivace überschriebene Finale ist ein mit eruptiver Macht und begeisternder Verve herausplatzender Teufelstanz ungarischen Charakters.

 
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Was passiert, wenn während eines Konzertauftritts die Saite eines Streichinstruments reißt? Ich erinnere mich an zwei Fälle, bei denen dieses Malheur passiert ist. Der Cellistin Jacqueline du Pré, die 1967 den Pianisten und Dirigenten Daniel Barenboim ehelichte, ist zu Beginn eines Satzes die Saite gerissen.

Sie verließ daraufhin die Bühne, um – das Ganze dauerte in etwa fünf Minuten – eine neue Saite aufzuziehen.

 
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Ja, Jeunehomme! Ganz anders und doch vertraut. Und zwar in dreifacher Hinsicht. An erster Stelle steht, wie sich von selbst versteht, die Komposition.

 

Dieses Falls Franz Schuberts 3. Sinfonie in D-Dur, D 200 aus dem Jahr 1815, die – wer sie in dieser Version anhört, wird sofort verstehen, wieso – in lediglich neun Tagen – der unbändige Tatendrang eines jungen Mannes verschafft sich Gehör – zu Papier gebracht worden ist.

 
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In diesen Tagen erinnern wir uns in der Hamburger Autorenvereinigung an zwei Ehrenmitglieder, die vor 10 Jahren kurz hintereinander starben.


Am 7. Oktober 2014 starb Siegfried Lenz, 2004 unser erster Träger des Hannelore-Greve- Literaturpreises. Die Nachricht traf genau im Hamburger Rathaus zu Beginn der festlichen Verleihung des Preises an Herta Müller ein.

Auch mein Freund Ralph Giordano war eingeladen, hatte aber wegen einer Erkrankung abgesagt. Er rief mich an und wollte einen Nachruf auf Siegfried Lenz verfassen. Er brauche dafür drei Tage und ich sollte ihn dem Hamburger Abendblatt übermitteln.

 
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Es gibt diese glückhaften Momente in der Musik, da man zugegen ist bei dem Akt der Entstehung einer Komposition. Oder es zu sein vermeint. Grad so, als ob man dem Komponisten über die Schulter schaute, während er, verzaubert durch seine eigene Schaffenskraft, die dem zwingenden Auseinanderhervorgehen der Töne lediglich nachfolgt, sich in seinem Konstrukt auf eine Weise verliert, ganz so, als ob es nicht sein eigenes wäre.

 

Das Wort Einflüsterung mag diesem Sachverhalt nahekommen oder auch das Bild, wie eine an Fäden gezogene Marionette einem fremden Willen zu gehorchen, indem sie ihm Ausdruck verleiht. So dass die seelenlose Puppe wie beseelt ist, da sie das scheinbar Fremde, als das Ureigenste hervortreten lässt.

 
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Es hat etwas Wunderbares, tatsächlich Geheimnisvolles mit Wolfgang Amadeus Mozarts Musikschaffen auf sich. Wobei ich allerdings das Eingeständnis dem Folgenden vorausschicke, dass mehr als ein ausgesprochen subjektives Bekenntnis zu bzw. Sich-Wiederfinden in diesem spezifischen Bann, der von den Kompositionen des Salzburgers ausgeht, nicht intendiert ist.

Und dennoch stelle ich die These in den Raum, dass die Tonwelt dieses Komponisten eine ist, die tatsächlich stets so klingt, als ob sie einem längst vertraut wäre. Als hätte man das Alles irgendwo und irgendwann schon einmal gehört. Das Wort Vertrautheit trifft es wohl am besten, aller eigentlichen Fremdheit, die ja naturgemäß da ist beim ersten Hören, zum Trotz.

 
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Wusste Pierre de Coubertin wirklich, was er tat, als er 1896 die Olympischen Spiele der Neuzeit ins Leben rief? Konnte er ahnen, in welcher Weise Sport unser Leben dominieren würde?

 

Im 19. Jahrhundert spielte Sport kaum eine Rolle, aber das änderte sich in den Jahren nach dem 1., viel mehr dann nach dem 2. Weltkrieg. Noch in den Fünfzigern und Sechzigern war Sport keinesfalls so wichtig wie heute – ablesbar an dem zuverlässigsten Indikator für die wirklichen Interessen der Menschen, dem Fernsehprogramm.

 
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Das sinfonische Musikmärchen Peter und der Wolf von Sergei Prokofjew ist die wohl bekannteste Tondichtung mit einem eindeutigen Bezug auf die Phantasiewelt der Kinder. Und zwar sowohl hinsichtlich der märchenhaften Handlung als auch hinsichtlich der programmusikartigen Instrumentation.

 

Die tragenden Instrumente sind den jeweiligen Dramatis personae zugeordnet (die Querflöte zwitschert wie ein Vogel, die Oboe ahmt das quäkende Quaken der Ente nach, die Klarinette imitiert das behagliche Schnurren der Katze, dem Fagott kommt der Part des brummelnden Großvaters zu, und die Hörner schließlich signalisieren das Nahen des Wolfes). Diese spezifische Form der Programmmusik sollte Kinder mit den Instrumenten eines Orchesters auf eine spielerische Art vertraut machen.

 
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Wieder einmal lege ich meinen Betrachtungen die Einspielung des hr-Sinfonieorchesters unter der musikalischen Leitung von Andrés Orozco-Estrada zugrunde. Weshalb ich dies tue ist einem meiner letzten Artikel bei KulturPort.De zu entnehmen.

Abgesehen freilich von der rein musikalisch begründeten Bevorzugung dieser ‚Corona-Einspielung‘, haben die YouTube-gestützten Darbietungen dieses Orchesters auch den unschätzbaren Vorteil, nicht unentwegt von nervtötenden Werbesequenzen aus dem Nichts malträtiert zu werden. Diese marktschreierischen Aufdringlichkeiten sind quasi böswillige Attacken auf das Total der jeweiligen Musik und gleichzeitig auf den lauschenden Rezipienten, der unvermittelt aus dem Ton-Universum in das nicht-moralische, schnöd egoistische Wertzuwachs-Universum transferiert wird.

 
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„Die Heiterkeit (ist das) Prinzip und bleibendes Moment aller Kunst, auch der tragischen…“ (Aus dem Brief Arnold Ruges an Robert E. Prutz vom 1. Dezember 1839)

Es gibt diese Momente im Leben, in denen der Mensch des Trostes auf das Äußerste bedürftig ist. Weil Ereignisse über ihn gekommen sind, denen standzuhalten auch unter größter Kraftanstrengung kaum möglich zu sein scheint. Da wünscht sich manch einer Beistand, woher und von wem auch immer; und findet keinen. Weil die Nähe eines mitfühlenden Menschen gegen die Niedergeschlagenheit keine Abhilfe zu geben vermag.

 
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Wie kommt es, dass sich immer wieder auch gebildete und intelligente Menschen von Demagogen verführen lassen? Wie erklärt sich der Erfolg verlogener, auf den ersten Blick leicht zu durchschauender Propaganda?

In Europa, sogar in der ganzen Welt scheinen Demagogen die Macht zu übernehmen. Oder sie haben sie schon übernommen.

 

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