Musik Magazin
- Geschrieben von Frank-Peter Hansen -
Anfang Oktober des jüngst vergangenen Jahres hätte die US-amerikanische Geigerin Hilary Hahn in der Berliner Philharmonie das Violinkonzert von Jean Sibelius, ungefähr vier Jahre nach ihrem letzten Gastspiel in der Hauptstadt, spielen sollen. Corona-bedingt ist es zu diesem ‚Ereignis‘ in des Wortes doppelter Bedeutung nicht gekommen.
Hilary Hahn – dies vorneweg – hat bereits als noch ganz junger Mensch zwei Dinge in sich vereint, die für Künstler jeglichen Metiers obligatorisch sind, oder jedenfalls sein sollten.
- Geschrieben von Marion Hinz -
Die wenigen Vorteile für Kulturbühnenbesucher in Corona-Zeiten sind bekannt: Das immer gleiche Angebot wird häufiger durchbrochen von Unbekanntem, von Stücken also – sei es im Sprechtheater, in der Oper oder im Konzertsaal – die uns in „gesunden“ Zeiten kaum begegnen. Weiterer Vorteil: Das schwere Theaterschiff wird flexibler, die mitunter träge erscheinende Tradition wird zum Wagemut angestiftet. So geschehen im Theater Lübeck, das die Händel-Oper „Tolomeo“ als Lübecker Erstaufführung in italienischer Sprache präsentierte.
Damit das Premierenpublikum trotz derzeitiger Einschränkungen möglichst zahlreich im Großen Haus Platz nehmen konnte, gab es gleich zwei Premieren. Beide Aufführungen in der Inszenierung von Anthony Pilavachi unter der musikalischen Leitung von GMD Stefan Vladar wurden vom Publikum mit kräftigem Applaus bedacht. Insgesamt acht Vorstellungen sind am Theater Lübeck geplant.
- Geschrieben von Claus Friede -
Die Kunst in den Zeiten der Pandemie
Was macht ein Regisseur, was macht Jan Dvořák, den ein Auftrag der Oper in Mannheim erreicht, Mozarts „Die Zauberflöte“ nicht nur in einer gekürzten Version, sondern auch unter den scharfen Regeln von Covid-19 auf die Bühne zu bringen?
Das was bei Fluggesellschaften und der Deutschen Bahn zum jetzigen Zeitpunkt die Regel ist – wenig bis kaum Abstand zum Nebenmann (-frau) – gilt noch lange nicht für Konzert-, Opern- und Kinosäle. Die Protagonisten auf der Bühne müssen singend mindestens 6 Meter Abstand halten, das Publikum kann auch nicht wie früher gewohnt, aufgereiht sitzen – am besten alle bleiben in einer Art maskierter Bewegungsstarre. Es läuft auf eine gewisse Statik heraus. Auf der Bühne zumindest solang, bis nur eine Sängerin oder ein Sänger diese für sich hat, dann kommt Bewegung ins Singspiel. Gut, dass sich die Opernmacher das System der White-Wall-Oper zunutze machen.
- Geschrieben von Hans-Juergen Fink -
So ist das, wenn plötzlich die Wirklichkeit der Regie auf der Opernbühne diktieren darf, was noch geht und was grundlegend anders gemacht werden muss. Corona grätschte im Februar brutal mitten in die Vorbereitungen zur „Carmen“-Fassung der Hamburger Kammeroper, die vergangenen Freitag nun endlich Premiere feiern durfte.
Wie groß der Schnitt war, den der spanische Regisseur Alfonso Romero Mora am anderen Ende der Skype-Leitung in Madrid zusammen mit dem musikalischen Leiter und Bearbeiter Ettore Prandi, mit Intendant Marius Adam und dem Team der Hamburger Kammeroper am Allee Theater stemmen mussten, verdeutlichen schon wenige Zahlen: Statt der geplanten acht durften nur noch vier Sängerinnen und Sänger mitmachen.
- Geschrieben von Johannes Blum -
Operette bewegt sich permanent (das legitimiert und speist ihren Zungenschlag) in wechselseitigem Austausch von herrschender Moral und „Leitkultur“ einerseits und ihrer anarchischen Lächerlichmachung andererseits. Der theatralische Witz ist nahezu immer – auch in feudalen Zeiten – der Witz über oder gegen das Bürgertum. Das gegenseitige Verständnis zwischen Louis XIV. und Molière, der in sonnenköniglichem Auftrag Stücke wie Der eingebildete Kranke oder Tartuffe schrieb, ist nur zu erklären mit der gemeinsamen Verachtung der Verhaltensweisen, Moralvorstellungen und Bigotterien des aufstrebenden Bürgertums – betrieben aus entgegengesetzten politischen Richtungen.
- Geschrieben von Purple Schulz -

Meine kleine Schwester im Herzen, Regy Clasen, hat am vergangenen Samstag ihre Flügel ausgebreitet und ist davongeflogen wie das Rotkehlchen vor ihrem Fenster, über das sie sich noch ein paar Stunden zuvor gefreut hatte.
Bis zum letzten Moment ihres Lebens war sie – bewundernswert klar und bewusst – umgeben von ihrer Familie, Freundinnen und Freunden, Kollegen und Kolleginnen, die ihre letzten Monate im Hospiz auf außergewöhnliche Art und Weise begleiteten.
- Geschrieben von Claus Friede -

Das Ensemble C-Camerata Taipei gehört zu den interessantesten Kammerorchestern für Neue Musik und weist eine Reihe von Besonderheiten auf. Die Konzerte sind zuweilen lapidar mit „East and West“ (dt.: Ost und West) betitelt.
Dass sich heute, in einer globalisierten Welt, Fernöstliches und Westliches treffen ist natürlich mittlerweile und seit weit über einem Jahrhundert Normalität und nichts Besonderes – das gegenseitige Interesse aneinander ebenso. Um die Eigentümlichkeit herauszufiltern bedarf es mehr als einer geografischen, allgemeinen oder in Kilometern gemessenen Verortung!
- Geschrieben von Hans-Juergen Fink -

Das Gute siegt, die dunklen Mächte der Finsternis gehen am Ende in einer Rauchwolke auf. Der Beifall ist riesig in Hamburgs phantasievollem kleinen Opernhaus, der Kammeroper im Allee-Theater an der Max-Brauer-Allee.
Sie hat unter der Intendanz von Marius Adam gewaltig Fahrt aufgenommen und stellt mit Mozarts „Zauberflöte“ eine Inszenierung auf ihre winzige Bühne, die man als Hamburger Opern-Fan unbedingt gesehen und gehört haben muss. Vielleicht ist es nicht mal zu hoch gegriffen, wenn man die großartige Kleinkunst hier im Hinterkopf vergleicht mit der opulenten Umsetzung derselben Oper im großen Haus an der Dammtorstraße – und feststellt: Da hat die Kammeroper durchaus in manchen Punkten die Nase vorn.
- Geschrieben von Isabelle Hofmann -

Hansa Theater ade, am Steindamm steht jetzt der Berliner Kit Kat Club.
Vergangenes Wochenende feierte das Erfolgsmusical „Cabaret“ in Deutschlands ältestem Varieté bejubelte Premiere und es schien, als hätte es immer schon in dieses wunderbar intim-plüschige Ambiente gehört. Dass man den Film mit Liza Minnelli schnell vergaß, lag vor allem an dem brillanten Conférencier Tim Fischer, sowie dem hinreißenden Liebespaar. Nein, nicht Sally Bowles und Cliff Bradshaw. Gemeint sind Fräulein Schneider und Herr Schulz, so anrührend verkörpert von Angela Winkler und Peter Franke, dass sie den Protagonisten im Handumdrehen die Show stahlen.
- Geschrieben von Marion Hinz -

Mit begeistertem Applaus honorierte das Premierenpublikum die Wiederaufführung von Jaromír Weinbergers Operette “Frühlingsstürme“ an der Komischen Oper Berlin.
90 Jahre ruhten die Frühlingsstürme. Die Originalpartitur blieb ebenso wie die Orchesterstimmen bis heute verschollen. Erhalten sind lediglich der gedruckte Klavierauszug und das detaillierte Regiebuch samt Libretto. Auf Grundlage dieses Materials und 1933 eingespielter Schallplattenaufnahmen einzelner Nummern hat Norbert Biermann mehr als zwei Jahre an der Rekonstruktion der Partitur gearbeitet und die Operette zum Teil neu arrangiert.
- Geschrieben von Frederike Krüger - Pascal Dusapin -

Pascal Dusapin, 1955 in Nancy geboren, ist einer der wichtigsten Impulsgeber der Gegenwartsmusik.
Im Gespräch zum 5. Philharmonischen Konzert des Philharmonisches Staatsorchesters Hamburg in der Elbphilharmonie gewährt er Einblicke in den Entstehungsprozess der Uraufführung von "Waves" und spricht dabei über Mathematik, Findungprobleme eines jeden Komponisten und seine Freude auf den Großen Saal in der Elbphilharmonie…
- Geschrieben von Isabelle Hofmann -

Ein ungewöhnlich schönes Ambiente, ganz erstaunliche Stimmen und ein Spaßfaktor, wie er in der klassischen Musik wohl einmalig ist: Der „Halloween“-Sängerkrieg im Opernloft Hamburg war so vergnüglich, dass die Zuschauer eine geschlagene Stunde an Zugaben einforderten.
- Geschrieben von Hans-Juergen Fink -

Das Bühnenbild zeigt Zerfall. Stéphane Laimé sorgt dafür, dass einem zuerst Venedig in den Sinn kommt anstelle von Sevilla. Zugemauerte Fenster geben alten Palazzi, von denen der Putz blättert, die triste Anmutung hoffnungslosen Zerfalls und fehlender Perspektiven.
„Don Giovanni“ ist der Abgesang für eine Gesellschaftsordnung, die keine zehn Jahre nach der Prager Uraufführung von „Der bestrafte Wüstling oder Don Giovanni“ in ganz Europa heftig von den Stürmen der französischen Revolution durchgeschüttelt werden wird. In ihrem Verlauf werden der französische König und seine aus Österreich stammende Königin enthauptet, Staaten ausradiert, Besitz- und Machtverhältnisse auf den Kopf gestellt, um am Ende – dem Adel entwunden – dem Bürgertum dienlich zu sein.
- Geschrieben von Marion Hinz -

Auch wer diese Wiederaufnahme bereits erlebt hat: die drei Kurzopern von Ernst Křenek an der Frankfurter Oper sind einen erneuten Besuch wert. Das Regiekonzept von David Hermann funktioniert im Zusammenspiel mit dem Bühnenbild von Jo Schramm perfekt, bietet szenischen Genuss pur.
Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester brilliert unter der Leitung von Lothar Zagrosek, lässt Křeneks Musik farbig und kontrastreich erklingen. Die Frankfurter Produktion, in der Regisseur David Hermann mit einer inhaltlichen Verknüpfung der Werke einen Bogen vom Aufstieg und Fall eines Diktators spannt, wurde bei den International Opera Awards 2018 als Wiederentdeckung des Jahres ausgezeichnet. Das liegt mit Sicherheit auch an Lothar Zagrosek, der bereits mehrere Opern des Komponisten einstudierte und alle Sinfonien Křeneks auf Platte aufgenommen hat.
Mehr auf KulturPort.De

Die oberösterreichische Landesausstellung 2021: Steyr erzählt über Arbeit, Wohlstand und Macht
Die Etablierung der Landesausstellungen In Österreich wurden im 19. Jahrhundert mit Wirtschafts- und Gewerbebezug – erstmals und besonders nach dem Zweiten...

Hilary Hahn und das besondere Verhältnis zu Johann Sebastian Bach
Anfang Oktober des jüngst vergangenen Jahres hätte die US-amerikanische Geigerin Hilary Hahn in der Berliner Philharmonie das Violinkonzert von Jean Sibelius,...

Irritierender Roman über eine Einzelgängerin: „Die wunderbare Kälte“ von Elisabeth Rettelbach
„Die wunderbare Kälte“ von Elisabeth Rettelbach ist das Erstlingswerk dieser Autorin. Das ist dem Buch glücklicherweise nicht anzumerken. Dafür ist es zu gut...
Erinnerungen an den eigentlichen Sinn der Ethik: Franz Vonessen
Leben wir nicht in bequemen Zeiten? Schließlich sind heute ausgewiesene Spezialisten so nett, an unserer Stelle über unser richtiges Verhalten und unser rechtes...

Michael Villmow: Da Pacem
Der in Hamburg geborene, in Norwegen aufgewachsene und in Köln lebende Saxophonist und Komponist Michael Villmow wird zu Beginn des Februars 2021 ein neues Album...

Über Raubbau und Werkstättenlandschaften
Ist die Perfektion der Technik wirklich ein Zustand, den wir ganz unbedingt anstreben sollten? Friedrich Georg Jünger war sich da nicht so sicher. Friedrich Georg...
WEITERE AKTUELLE MAGAZIN ARTIKEL
- Vergessen? Gelesen! – Philosophie der Natur von Nicolai Hartmann, Teil VIMittwoch, 13 Januar 2021 08:49
- Lafraize Mercenk: Blurred HumanDienstag, 12 Januar 2021 08:54
- Momente der Integrität: Kuss Quartett spielt die Streichquartette von BeethovenMontag, 11 Januar 2021 08:36
- Mario Rom's Interzone: Eternal FictionFreitag, 08 Januar 2021 08:24
- Vergessen? Gelesen! – Philosophie der Natur von Nicolai Hartmann, Teil VDienstag, 05 Januar 2021 08:38
- Florian Hartz‘ Flo & Fauna – Wald : LiveMontag, 04 Januar 2021 08:42
- Wolfram Eilenberger. Bücher über Philosophie und DenkerDonnerstag, 31 Dezember 2020 07:56
- Kreative Betrachtungen zum Kulturmanagement IIMittwoch, 30 Dezember 2020 08:02
- Kreative Betrachtungen zum Kulturmanagement IDienstag, 29 Dezember 2020 08:42
- Vergessen? Gelesen! – Philosophie der Natur von Nicolai Hartmann, Teil IVMontag, 28 Dezember 2020 07:53
- Dorothee Elmiger: „Aus der Zuckerfabrik"Donnerstag, 24 Dezember 2020 08:33
- Vom Innenleben eines Sonderlings: Tarjei Vesaas – „Die Vögel“Mittwoch, 23 Dezember 2020 08:03
- Daniela Dahn und Rainer Mausfeld: „Tamtam und Tabu. Die Einheit: Drei Jahrzehnte ohne Bewährung“Dienstag, 22 Dezember 2020 08:30
- Manfred Sommer über den Vorgang des Schreibens und ZeichnensMontag, 21 Dezember 2020 08:14
- Vergessen? Gelesen! – Philosophie der Natur von Nicolai Hartmann. Teil IIIFreitag, 18 Dezember 2020 08:41
- „Das Neue Evangelium”. Milo Rau und der verzweifelte Kampf um WürdeDonnerstag, 17 Dezember 2020 08:31
- Roman Ehrlich: „Malé“ – Hurrah, die Welt geht unterMontag, 14 Dezember 2020 08:22
- Nils Frahm: Tripping with Nils FrahmFreitag, 11 Dezember 2020 08:09
- Die Kirchen der Palazzi dei Rolli und die Tradition der Genueser KrippenDonnerstag, 10 Dezember 2020 08:27