Mehr als 135 Jahre nach seiner Erfindung kehrt ein Stück deutscher Industriekultur und Innovationsgeist an seinen Ursprungsort zurück: Auf der Veste Coburg wird die originalgetreue Rekonstruktion des „Coburger Elektrowagens von 1888 nach Andreas Flocken“ öffentlich vorgestellt.
Das Projekt würdigt den Coburger Maschinenbauer Andreas Flocken, der 1888 mit seinem elektrisch angetriebenen Fahrzeug Pionierarbeit leistete – lange bevor das Automobil mit Verbrennungsmotor seinen Siegeszug begann.
Flocken war zwar nicht der Erfinder des E-Autos, denn bereits in den 1830er-Jahren entwickelte der Schotte Robert Anderson erste elektrisch angetriebene Fahrzeuge, nachdem das Prinzip des Elektromotors 1821 von Wissenschaftler Michael Faraday entdeckt worden war. 1881 entwarf der Franzose Gustave Trouvé sein „Trouvé Tricycle" – dreirädrig und elektrisch.

Andreas Flocken (1845–1913). Foto: Privat / Marlies Andresen. Rechts: Coburger Elektrowagen 1888 nach Andreas Flocken, Achsschenkellenkung, Detail der Beleuchtung, Rekonstruktion Foto: Gerhard Kampe
Der Elektrowagen von Flocken – der auf einem umgebauten, metallbereiften Kutschenwagen basierte – gilt zumindest als das erste vierrädrige Elektroauto weltweit. Das Fahrzeug wog rund 450 Kilogramm, verfügte über einen Elektromotor mit rund 0,8 Kilowatt Leistung und erreichte Geschwindigkeiten bis zu 15 km/h. Seine Batterie ermöglichte Fahrten über etwa 20 Kilometer – eine beachtliche Reichweite für das Jahr 1888.
Bis ins Jahr 1903 produzierte die Maschinenfabrik A. Flocken in Coburg Fahrzeuge, später auch Modelle mit Luftbereifung. Danach endete die Produktion. Das Unternehmen wurde 1931 aufgelöst.
Die aufwendig rekonstruierte Version basiert auf historischen Zeitungsberichten, alten Fotografien und umfangreichen Materialsammlungen aus dem Umfeld der Initiative Stadtmuseum sowie der Historischen Gesellschaft Coburg. Unter der Leitung der Experimentierplattform MakingCulture e.V. wurde das Fahrzeug mit Unterstützung der Unternehmen LASCO, Kapp Niles, Martin Metallverarbeitung, Valeo sowie durch Fördermittel der Coburger Bürger und der WIFÖG Coburg historisch originalgetreu, mit großem handwerklichem Geschick und wissenschaftlichem Anspruch nachgebaut. Das Ziel: ein lebendiges Denkmal der regionalen Industriekultur für einen heute vergessenen Erfinder und seine visionäre Idee der Elektromobilität.
„Der Coburger Elektrowagen 1888 von Andreas Flocken steht sinnbildlich für den Innovationsgeist, der die Coburger Region schon im 19. Jahrhundert ausgezeichnet hat“, erklärt Prof. Gerhard Kampe von MakingCulture e.V. „Seine Geschichte zeigt, dass nachhaltige Mobilität keine Erfindung der Gegenwart ist – sondern hier in Coburg ihren Ursprung hatte.“
Andreas Flocken: Coburger Elektrowagen
Die erste öffentliche Präsentation findet heute, am Donnerstag, den 23. Oktober 2025 im zweiten Burghof der Veste Coburg, in 96450 Coburg statt.
Veranstalter: MakingCulture e.V. in Kooperation mit dem Initiative Stadtmuseum Coburg e.V. und den Kunstsammlungen der Veste Coburg
Besucherinnen und Besucher der Veste und der Kunstsammlungen können den Nachbau an diesem Tag aus nächster Nähe erleben, mit den Projektbeteiligten sprechen und mehr über die technische Umsetzung erfahren. Ab dem Frühjahr 2026 soll eine kleine Ausstellung rund um den Nachbau des Elektrowagens nach Flocken als Kooperationsprojekt in den Kunstsammlungen der Veste Coburg gezeigt werden.
Weitere Informationen (Veste Coburg)

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