Theater & Tanz in und um Hamburg
- Geschrieben von Isabelle Hofmann -
Saftige, pralle, herzerquickend starke Schauspielkunst. Mit der fulminanten Bühnenfassung von Daniel Kehlmanns Bestseller „Tyll“ meldet sich das Ernst Deutsch Theater nach fünfmonatiger Corona-Zwangspause zurück.
Auf dem Friedrich-Schütter-Platz fast ein Gedränge wie eh und je. Das Premierenpublikum, diese verschworene Gemeinschaft aus Promis und Pressekollegen, erkennt sich auch hinter der Maske.
Freudiges Hallo nach allen Seiten, nur mit etwas mehr Abstand als gewohnt.
- Geschrieben von Marion Hinz -

Wer die Chance nutzt, „Orlando“ an der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin zu sehen, erlebt einen Theaterabend, der lange in Erinnerung bleibt.
Das Stück nach dem Roman von Virginia Woolf bietet ein farbenprächtiges Kaleidoskop (Regie: Kate Mitchel) mit Szenen und Sätzen, die es in sich haben. Sage und schreibe 400 Jahre Menschheitsgeschichte durchleben die Zuschauer in diesen zwei Stunden (Bühnenfassung: Alice Birch). Es ist ein rasanter Ritt durch die Zeit, ein irrwitziges Spiel mit den Geschlechterrollen und der Liebe. Es ist ein pralles Kostümfest, ein Fest der Vitalität, gespickt mit Ironie und Witz - bis hin zur Karikatur. Doch „Orlando“ ist noch weitaus mehr als das: Es ist auch eine Auseinandersetzung mit den großen Themen unserer Welt, mit unserer Vergangenheit, mit unserer Zukunft.
- Geschrieben von Isabelle Hofmann -

Menschen, Mäuse, Sensationen…
Diese Kunst sei die ehrlichste aller Künste, sagte Conférencier Arnulf Rating am Premierenabend und wer wollte dem widersprechen: Auch in seiner 12. Spielzeit begeistert das Hansa Theater in Hamburg mit Artisten der Superlative, die das Haus am Steindamm zu einem Hotspot des internationalen Varietés machen.
- Geschrieben von Frauke Hartmann -
Angesichts der großartigen Lebensleistung von Robert Wilson wäre es ein wenig unfair zu sagen, dass Robert Wilson sich selber zitiert. Wenn es einer darf, dann er.
Robert Wilson ist sein Leben lang der Oper treu geblieben. Das sah man deutlich, wenn man einen Platz im ausverkauften Thalia Theater zur deutschen Erstaufführung von „Mary said what she said“ mit Isabelle Huppert als Maria Stuart ergattert hatte. Und es war sehr anrührend zu beobachten, wie der eigens angereiste 78jährige Wilson beim Empfang ihm zu Ehren mit seinen Emotionen kämpfte, als er sagte, Hamburg sei für ihn „like coming home“.
- Geschrieben von Frauke Hartmann -

Woher kommt nur dieser Run auf Houellebecq-Romane in deutschen Theatern? Kaum eröffnet das Hamburger Deutsche Schauspielhaus seine Spielzeit im September mit der Dramatisierung von Houellebecqs jüngsten Roman „Serotonin“(2019), da folgt auch schon das Deutsche Theater in Berlin mit dessen Erstling „Ausweitung der Kampfzone“ (1994) nach.
Und das Berliner Ensemble steht mit „Die Möglichkeit einer Insel“ (2005) in der Warteschleife zur Premiere am 9. Oktober. Darin wird die Zukunftstauglichkeit jenes sexistischen, rassistischen, gewaltbereiten, vereinsamten und frauenfeindlichen Mannes untersucht, der als Prototyp eines europäischen Versagers – in den Rezensionen eifrig als weiß, heterosexuell und alt definiert – durch Michel Houellebecqs Romane geistert.
- Geschrieben von Dagmar Schneider -

Das Stück ist nicht ganz neu. Wer es noch nie sah, hat vermutlich immerhin schon mal davon gehört: eine Handvoll ziemlich erfolgloser, frustrierter Kerle, die meist in einer Kneipe herumhängen, beschließen, ihre Sorgen dadurch zu beenden, dass sie eine Striptease-Gruppe gründen.
Am Anfang sind sie zu dritt auf der Bühne von Hamburgs Winterhuder Fährhaus. Der umtriebige Craig (Pascal Breuer), der immer eine Idee hat, wie er seinen Freunden etwas Geld abmogeln kann (und der dasselbe bei der Russenmafia versuchte, die nun buchstäblich seine Männlichkeit bedroht, wenn er nicht bald alles zurückzahlt) – der temperamentvolle Barry (Torben Krämer), ein guter Freund, aber nicht der Allerhellste, der bei der Wahl seiner Fremdworte zielsicher daneben greift – und der umfangreiche Norman (Torsten Münchow), dem es seit einem halben Jahr gelingt, seiner Frau zu verbergen, dass er arbeitslos ist.
- Geschrieben von Frauke Hartmann -

Ist das ein Schwan oder ein Pelikan? Jedenfalls eines dieser menschengroßen, phantasievoll aus Draht und Stoffen zusammengebastelten Wassertiere, die Stephanie Grau, Leiterin des Theaters Zeppelin von befreundeten Theatermachern aus Hannover ausgeliehen hat für das Jubiläum ihres Theaters.
- Geschrieben von Isabelle Hofmann -

Beklemmend melancholisch, irrsinnig komisch und von wahrhafter Magie: Die Berliner Masken-Truppe Familie Flöz begeisterte mit ihrem SHMF-Gastspiel „Dr. Nest“ im Ernst Deutsch Theater.
- Geschrieben von Isabelle Hofmann -

Die Eröffnung der Hamburger Ballett-Tage ohne eine Neumeier-Choreografie? Bislang undenkbar!
Mit der Uraufführung der „Shakespeare-Sonette“ von Marc Jubete, Aleix Martinez und Edwin Revazov ist das Undenkbare nun eingetreten: Die drei Neumeier-Zöglinge eröffneten mit ihrer Choreografie-Assemblage zu den Meisterwerken der englischen Renaissance-Dichtung die 45. Hamburger Ballett-Tage.
- Geschrieben von Isabelle Hofmann -

Zum Schluss kam der Meister selbst auf die Bühne: Hans van Manen (86) ließ es sich nicht nehmen, die Ovationen der Hamburger und den Blumenstrauß von John Neumeier persönlich zu empfangen. Das umjubelte Gastspiel des exzellenten „Het Nationale Ballet“ bei den 45. Hamburger Ballett-Tagen war ausschließlich ihm gewidmet, dem bedeutendsten zeitgenössischen Choreografen der Niederlande. Vier Choreografien gaben Einblicke in fast drei Jahrzehnte seines Lebenswerkes.
- Geschrieben von Isabelle Hofmann -

Ach, wie schön ist es doch, Weltliteratur einmal auf diese poetische Art und Weise erzählt zu bekommen! Begeisterter Beifall für das hinreißende Gastspiel des Bremer Figurentheaters „Mensch, Puppe! in den Hamburger Kammerspielen. Ihre Romanadaption „Kleiner Mann – was nun“ von Hans Fallada, nominiert für den Monica Bleibtreu Preis 2019, zählt zweifellos zu den Höhepunkten der diesjährigen Privattheatertage.
- Geschrieben von Isabelle Hofmann -

Keine andere Partei zelebriert die Selbstzerfleischung so exzessiv wie die SPD! Nun hat ein Kapitel Leidensgeschichte jüngster Zeit sogar Bühnenreife erlangt: „Die Schulz-Story – ein Jahr zwischen Höhenflug und Absturz“, inszeniert von Christof Küster nach dem Spiegel-Beststeller von Markus Feldenkirchen eröffnete die Privattheatertage 2019 in Altona. Starker, emphatischer Beifall für das Gastspiel vom Studio Theater Stuttgart.
- Geschrieben von Isabelle Hofmann -

So ernste, intensive und gesellschaftskritische Stücke wie Klaus Pohls „Lasst mich in Ruhe!“ sind eine Seltenheit am St. Pauli Theater. Die von Ulrich Waller inszenierte Uraufführung beginnt als komödiantischer Mutter-Tochter-Konflikt mit viel Musik, wandelt sich aber unversehens in ein tiefgreifendes, berührendes Drama um die Kernfragen des Lebens.
- Geschrieben von Frauke Hartmann -

Diese Familie ist ein Schlachtfeld. In dieser Familie wird gelogen und gestritten was das Zeug hält, in dieser Familie haut man sich als Wahrheiten daherkommende Beleidigungen so gnadenlos und konsequent um die Ohren, dass am Ende jede und jeder schwer verwundet in die Flucht geschlagen ist.
Wer kennt den Horror nicht, den eine Familie, wenn nicht die eigene und nur sie, auszulösen vermag? Ist sie nicht die Lehrstube, in der wir die Bigotterie der Welt, die falschen Zungen, den vermeintlichen Trost und hinter allem die unendliche Sehnsucht nach Geborgenheit und bedingungsloser Liebe kennenlernen? Unsere Illusionen, die wir immer wieder zerstören müssen?