Theater - Tanz
Internationales Sommerfestival auf Kampnagel

Nach einem denkbar enttäuschenden Start mit Chilly Gonzales‘ naiv-läppischem Schattenspiel „Shadow“ und einer Reihe weiterer mittelmäßiger Aufführungen gab es nun mit Mariano Pensottis „Cineastas“ aus Argentinien den ersten Höhepunkt des Internationalen Sommerfestivals auf Kampnagel.

Eine Guckkastenbühne mit zwei Ebenen. Eine Art geteilter Bildschirm, oben ein Zimmer, unten ein Zimmer. Oben weitestgehend Leere, unten ein voll ausgestattetes Büro und Wohnzimmer. In diesen beiden Stockwerken entspinnt der argentinische Regisseur Mariano Pensotti die Lebensgeschichten von vier Filmemachern in Buenos Aires, zwei Männern und zwei Frauen. Alle vier stecken in Projekten und alle vier haben mit enormen Problemen zu kämpfen: Gabriel erfährt, dass er todkrank ist und entwickelt seinen Film nach und nach zu einem persönlichen Vermächtnis für seine kleine Tochter.

 
Theater - Tanz
Krieg auf der Bühne: „Tagebuch einer Katastrophe“

„Klarer, schimmernder Frosttag, in der Morgenstunde zehn Grad Kälte“, notierte Hans Christian Andersen am 1. Januar 1864 in seinem Tagebuch.
„Unsere armen Soldaten liegen drüben in den Baracken; der Frost baut dem Feind Brücken über die Wasser; ein ganzer Völkerstrom wälzt sich auf uns zu, was wird nur geschehen!“ Wenige Tage später war auch dem Dichter klar, was passiert: Krieg! Österreich und Preußen vereint gegen Dänemark.

Mit ihrem Stück „1864 Tagebuch einer Katastrophe“ auf Schloss Gottorf erinnert nun das Kieler Factory Theater an den in Deutschland so gut wie vergessenen Deutsch-Dänischen-Bruderkrieg, der im nördlichen Nachbarland immer noch nationales Trauma ist. Zum 150. Jahrestag der Schlacht bei Düppel gab es im April zahlreiche Zeremonien und im dänischen Fernsehen wird mit „1864“ im Herbst die „teuerste dänische TV-Serie aller Zeiten“ anlaufen.

 
Theater - Tanz
Dokumentartheater auf hoher See – „Um uns herum nur nichts“

„Deine Heimat ist das Meer, deine Freunde sind die Sterne“, sang Freddy Quinn.
Von wegen! Das norddeutsche Dokumentartheater „Das letzte Kleinod“ zeigt, wie knallhart der Seemanns-Job heute ist.
„Um uns herum nur nichts“ heißt das neue Stück des Dokumentartheaters über den Arbeitsalltag auf See. Als Zuschauer auf der Open-Air-Tribüne vor Schuppen 52 im Hamburger Freihafen bekommt man bereits vor Beginn der Aufführung eine leise Ahnung von der Tragweite dieses Titels. Der Freihafen ist hier so trostlos, wie muss es erst auf hoher See sein? Und wie kalt bläst dort wohl der Wind? Das bisschen, das an diesem lauen Sommerabend über die Tribüne weht, ist für verweichlichte Stadtmenschen ja schon eine Zumutung. Nur gut, dass ausreichend warme Schlafsäcke bereitliegen.

 
Theater - Tanz
tatjana

Vielleicht war es dem Respekt gegenüber seinem Lehrmeister John Cranko geschuldet, vielleicht wollte John Neumeier auch nur deutlich machen, etwas völlig Eigenständiges kreiert zu haben.
Seine Neufassung von „Eugen Onegin“, Puschkins Versroman und Vorlage von Crankos Ballettklassiker von 1965, trägt jedenfalls einen anderen Namen: "Tatjana", nach der traurigen Heldin, deren Liebe Onegin verschmäht – bis er zu spät seinen Irrtum erkennt. Mit der Uraufführung und einer hinreißenden Hélène Bouchet in der Titelrolle starteten nun die 40. Hamburger Ballett-Tage. John Neumeier, der mittlerweile wohl Dienst älteste Ballettchef der Republik, stellte sich einmal mehr als Spezialist des psychologisch ausgeleuchteten Handlungsballetts und Schöpfer grandioser Pas-de-Deux unter Beweis.

 
Theater - Tanz
momentum mobile – Der Mythos des Sisyphos am Ernst Deutsch Theater in Hamburg

Was ist mein Stein? Theatrales Philosophieren mit dem rebellischen Proletarier der Götter
Glück ist das Thema. Nichts Geringeres. Mit der Frage nach Glück befasst sich die aktuelle Spielzeit des Ernst Deutsch Theaters – und mit dem erstaunlichsten glücklichen Menschen befasst sich eine Produktion der plattform-Bühne: mit Sisyphos.
Sisyphos' Stein rollt wieder und wieder den Berg hinunter. Sisyphos steigt hinab und wälzt ihn wieder hinauf in dem Wissen, dass es unendlich so weiter gehen wird. So wollen es die Götter als Strafe dafür, dass er dem Reiz der Erde nicht widerstehen wollte und sich weit mehr Lebenszeit genommen hat, als ihm zugedacht war. Es gibt für Sisyphos also kein Ziel mehr, es gibt nur noch die Phasen von Stein oder Nicht-Stein.

 
Theater - Tanz
The Forsythe Company: Sider Foto: Dominik Mentzos

Sie versteht sich als das biennale Schaufenster des zeitgenössischen Tanzes, und dieses Jahr kommt die Tanzplattform Deutschland endlich wieder nach Hamburg.
Gezeigt wird die Jury-Auswahl der zwölf interessantesten Produktionen der letzten zwei Jahre. Am 27. Februar wurde das viertägige Tanzfestival auf Kampnagel feierlich eröffnet – mit hochkarätigen Gästen und viel internationalem Publikum.

 
Theater - Tanz
„Waisen“ von Dennis Kelly im St. Pauli Theater. Foto: Oliver Fantitsch

Harte Kost. So hart, dass mancher Zuschauer nach einer Stunde und 45 Minuten förmlich aus der Schockstarre zu erwachen schien.
So dauerte es eine Weile bis das Publikum das großartige Trio, Judith Rosmair, Uwe Bohm und Johann von Bülow, gebührend zu feiern begann: „Waisen“ von Dennis Kelly (Deutsch von John Birke), das Wilfried Minks jetzt im Hamburger St. Pauli Theater inszenierte, ist ein psychodramatisches Kammerspiel vom Feinsten. Ein Stück, das den Zuschauer mit seinen überraschenden Wendungen fast unerträglich auf die Folter spannt.

 
Theater - Tanz
Gilla Cremer Foto: Bo Lahola

Die Eltern sind gestorben, das Haus ist verkauft. Nun muss es nur noch ausgeräumt werden, komplett. Eine Woche hat Tochter Agnes dafür.
"Die Dinge meiner Eltern" nehmen sie mit auf eine Zeitreise, sie öffnen den Blick hinter die Fassade der Familie, auf die ungelebten Träume ihrer Mutter, auf Verborgenes, Vergessenes, Verdrängtes. Und stellen die Frage: Was ist das eigentlich - u­nser eigenes Leben? Gilla Cremers neue Produktion, die in den Hamburger Kammerspielen Premiere hatte, zieht die Zuschauer in ihren Bann mit und lässt ihnen gleichzeitig Raum für die Suche nach ihren eigenen Wahrheiten.

 
Theater - Tanz
William Kentridge: Schlüsselbilder im Kopf - Gesamtkunstwerk auf der Bühne

Er war der Star der Documenta 13, einer der wenigen ganz großen Namen und Lieblingskünstler von Kuratorin Carolyn Christov-Bakargiev: Der südafrikanische Zeichner, Animationsfilmer, Puppenspieler und Regisseur William Kentridge zählt heute fraglos zu den wichtigsten Künstlern weltweit.
Nun kommt er – Dank Unterstützung der ZEIT-Stiftung – nach Hamburg und stellt an drei Tagen hintereinander am Schauspielhaus sein komplexes Schaffen vor: „Drawing Lessons I, II, III“, gefolgt von den Lektionen IV, V, VI, sowie der Kammeroper „Refuse the Hour“ mit zwölf Tänzern, Sängern und Schauspielern, geben umfassend Einblick in Kentridges künstlerische Methoden, zeigen auf, wie der Künstler über Kultur, Politik und Geschichte denkt – und wie er es schafft, Zeichnung, Film, Schattenspiel, Performance, Tanz und Musik so mühelos zu einem Gesamtkunstwerk zu verbinden.

 
Theater - Tanz
alt

Sieben Stunden Theater. Sieben Stunden griechische Tragödie mit mehr als 100 Schauspielern, Sängern und Musikern auf der Bühne.
Einen derartigen Kraftakt hat Hamburg zuletzt beim „Faust“-Marathon erlebt. Karin Beier hat in ihren „Rasenden“ am Deutschen Schauspielhaus alle Register gezogen – von Oper und Drama, über neue Musik und Tanz, bis hin zum Live-Cooking, zur Video-Installation und zum Klamauk. Sie hat ein Feuerwerk an Ideen gezündet, die jedoch – bis auf wenige kostbare Gänsehaut-Momente - so schnell verblassen, wie die Silvesterraketen über der Hamburger Alster. Die Mitwirkenden sind allesamt großartig, die fünf Stücke um den Trojanischen Krieg handwerklich perfekt inszeniert. Nur: Der geniale Wurf, den Hamburg so lange ersehnte, blieb aus. Anstatt sich auf die Wucht der Dramen und die Ausdruckskraft der Darsteller zu konzentrieren, setzt Beier zum Auftakt ihrer Intendanz am Deutschen Schauspielhaus über weite Strecken auf Aktionismus und blutige Show. Wir schauen dem Grauen zu und bleiben unberührt. Leider.

 
Theater - Tanz
Haus, Spielzeit, neue Intendanz: Das Deutsche Schauspielhaus eröffnet mit „Die Rasenden“

Nachdem der verheerenden Bühnenunfall am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg den Start unter neuer Intendanz vereitelt hatte eröffnet Intendantin Karin Beier schließlich am 18. Januar ihr Haus.
Keinen Tag länger, war ihr erster Gedanke, nachdem der Eiserne Vorhang hochgeschnellt war und die Gegengewichte den Bühnenboden durchschlagen hatten. „Notfalls bring ich das Stück auf den Bahnhofsvorplatz.“ Etwas später spürte sie, dass „es Quatsch ist, an einen alternativen Spielort zu gehen, das große Projekt wurde für genau dieses Haus mit seinem großen Zuschauerraum konzipiert.“
In der nächsten Nacht folgten hitzige Debatten, die für Kreativität sorgten, wie die 49-jährige Intendantin lachend erzählt. Am Morgen darauf trommelte sie ihr Ensemble auf der Probenbühne zusammen und verkündete ihren Plan: „Die Rasenden“, erklärte sie, werde sie auf Eis legen, die anderen Arbeiten kämen zunächst aber wie geplant auf Außenspielstätten heraus und würden dann so schnell wie möglich auf die große Bühne wechseln. Dass dies dann erst über zwei Monate später soweit sein würde, sei kräftezehrend gewesen, erzählt sie weiter.

 
Theater - Tanz
Mein Freund Harvey

Weiße Hasen tauchen gern in der Literatur, auf der Bühne oder im Kino auf, von dem kleinen Viktorianischen Hektiker mit der Taschenuhr aus Alice im Wunderland bis zum totenkopflächelnden, geheimnisvollen Freund Donnie Darkos.
Das Stück um den zwei Meter langen unsichtbaren Schneehasen Harvey ist ein Kriegskind: es wurde 1944 am Broadway uraufgeführt und lief dort fünf Jahre lang. Autorin Mary Chase erhielt dafür sehr zu Recht den Pulitzer Preis.
Jetzt wird die kluge Boulevardkomödie bis zum 10. Januar 2014 im Ernst-Deutsch-Theater gezeigt. Und sie ist überaus empfehlenswert.

 
Theater - Tanz
Phantom der Oper - antiquiertes, seelenloses Ausstattungstheater

Wer die Deutschlandpremiere des „Phantoms der Oper“ 1990 sah, dem kam der Empfang zum „Comebacks des Jahres“ vertraut vor: Demonstranten und Polizei vor dem Eingang zur Neuen Flora.
Diesmal aber kein Protest gegen das Theater, sondern dafür: Die Belegschaft der Show sei im Vergleich zu damals auf die Hälfte geschrumpft – so schimpften Mitarbeiter. Insbesondere die Musiker hätten zu leiden. Stimmt: Andrew Lloyd Webber orchestrierte das Musical neu und dampfte es auf nunmehr 14 Musiker ein. Der Klang wirkt dadurch zwar weniger raumgreifend, dafür aber eine Spur eleganter.

 
Theater - Tanz
Orientbegeisterung in Altona – „Die Italienerin in Algier“

Für die Inszenierung der in Vergessenheit geratenen komischen Oper „Lauter Verrückte“ von Johann Simon Mayr (1763-1845) hat Philipp Kochheim soeben den Rolf Mares Preis erhalten.
Nun hatte das nächste preisverdächtige Stück an der Hamburger Kammeroper Premiere: „Die Italienerin in Algier“, Gioachino Rossinis genialer Wurf aus dem Jahr 1813. In der schlanken deutschen Fassung von Barbara Hass (Text), Andreas Franz (Regie) und Fabian Dobler (musikalische Bearbeitung) ist der orientalische Ausstattungspomp drastisch reduziert und eine mitreißend moderne, pointierte Groteske entstanden, in der Feline Knabe als ebenso stimmgewaltige wie selbstbewusste Isabella die Überlegenheit einer Domina an den Tag legt.

 

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.