Literatur
Brion Gysin and WSB in front of the Pharmaceutical Museum, Basel, 1979. Foto: © Ulrich Hillebrand.

„Ein Paranoiker ist jemand, der alle Fakten kennt“, sagte William S. Burroughs (1914-1997) einmal.
Er kannte alle Fakten: Mord, Heroinsucht, Homosexualität. In „Naked Lunch“, seinem Erstlingswerk von 1959, verarbeitete der amerikanische Schriftsteller seine Erlebnisse und Erfahrungen. Das Buch wurde in den USA ein Skandal und war bis Mitte der 60er-Jahre verboten. Dann wurde es Kult und zählt heute, neben Jack Kerouacs „On The Road“ und Allen Ginsbergs Gedicht „Howl“, zu den wichtigsten Werken der Beat-Generation. Die Hamburger Deichtorhallen zeigen nun in der Sammlung Falckenberg in Harburg eine umfangreiche Burroughs-Retrospektive, die den Schriftsteller erstmals als multimedialen Künstler vorstellt.

William S. Burroughs war ein Mann, der sich in keine Schublade sperren ließ. Eine Ausnahmeerscheinung, wahnsinnig vielleicht, in jedem Fall ein sperriger, unbeugsamer Geist und Querulant jenseits aller Normen. Immer wieder kam Burroughs mit dem Gesetz in Konflikt, unter anderem, weil er mit Heroin dealte (eine Erfahrung, die er in dem autobiographischen Roman „Junkie“ verarbeitete) – und weil er 1951 aus Versehen und betrunken eine Frau in Mexiko-Stadt erschoss.

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Dass Burroughs nicht nur Schriftsteller, sondern ein multimedial arbeitender Künstler war, wissen indes die wenigsten. Die umfangreiche Retrospektive in der Sammlung Falckenberg rückt nun dieses einseitige Bild zurecht, indem sie die zahlreichen Verbindungen zwischen den literarischen Werken und der experimentell-bildnerischen Produktion aufzeigt. Rund 600 Werke, darunter Malerei, Collagen, Film und Fotografie, schärfen den Blick auf das visionäre Werk und die verschiedenen Stationen im Leben von William S. Burroughs.
Obwohl Burroughs als Schriftsteller bereits seit den 1960ern erfolgreich war, kam sein internationaler Durchbruch erst im fortgeschrittenen Alter. Immer wieder wurde er von jüngeren Künstlern, zum Beispiel Laurie Anderson oder David Bowie, als Vaterfigur der Gegenkultur angeführt, dessen visionäre Kraft ihre Arbeiten inspiriert hätten. Mittlerweile gilt William S. Burroughs längst als Ikone der Popkultur. Ein großer Coup gelang ihm zuletzt 1990 mit dem Libretto zu „The Back Rider“, das Regisseur Bob Wilson zu der Musik von Tom Waits am Hamburger Thalia Theater uraufführte.
Das Bild komplettieren die sogenannten „Collaborations“, die Gemeinschaftsarbeiten mit berühmten Kollegen wie Robert Rauschenberg, Keith Haring, Kurt Cobain oder Patti Smith; zahlreiche Fotoporträts (u.a. von Robert Mapplethorpe und Richard Avedon), sowie 80 Fotoabzüge nach Originalnegativen von Burroughs und seinem Freund Brion Gysin, mit dem er im Paris Ende der 50er-Jahre die literarische Methode des Cut-up vorantrieb - eine Montagetechnik, die den Zufall in die Literatur einbezog.

16.3. bis 18.8., Deichtorhallen/Sammlung Falckenberg, Phoenixhallen, Wilstorfer Straße 71, Tor 2, 21073 Hamburg-Harburg.
Führungen: Mi/Do 18 Uhr, Fr 17 Uhr, Sa/so 11 und 15 Uhr.
Anmeldung erforderlich unter: www.sammlung-falckenberg.de/besuch

Fotonachweis:
Header: Brion Gysin and WSB in front of the Pharmaceutical Museum, Basel, 1979. Foto: © Ulrich Hillebrand.
Galerie:
01. William S. Burroughs, Bunker, New York), May 1981. Foto: © Ulrich Hillebrand
02. William S. Burroughs im Pariser Hotel Montalembert kurz vor der Abreise nach Rom, Mai 1989. Bildreproduktion, Foto: Udo Breger, VG-Bildkunst
03. „Helpless Pieces in the Game He Plays“, 1989 © Estate of William S. Burroughs, Foto: ONUK
04. „Untitled (shotgun blast)“, 1992 © Estate of William S. Burroughs, Foto: ONUK
05. Return of the Eternal Black Penny, Paint and Spray Paint on Illustration Board, 1988. Photo: © Jeremy Rockwell / Courtesy William S. Burroughs Estate
06. Untitled, Paint and Spray Paint on File Folder, c 1992 Photo: © Jeremy Rockwell / Courtesy William S. Burroughs Estate

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