Bildende Kunst
Robert Longo: Untitled (Raft at Sea), 2016-2017, Kohle auf Papier, 355,6x713,7cm. Kunsthalle Weishaupt. © Robert Longo. Foto: Courtesy of Robert Longo Studio

Der amerikanische Künstler Robert Longo (geb. 1953) setzt sich mit den Bildern der Massenmedien auseinander und reagiert damit oftmals direkt auf aktuelle Ereignisse, prekäre Situationen und Krisen.

 

Künstler wie auch sein Werk beschäftigen sich intensiv mit der vermeintlich wahren Natur und Wirkung von Bildern. Die aktuelle Einzelausstellung im Louisiana Museum of Modern Art im dänischen Humlebæk zeigt 53 schwarz-weiße Werke, die zwischen 1978 und 2024 entstanden sind.

 

„Wir leben in diesem Bildersturm, und ich versuche, die Dinge zu entschleunigen. All diese Bilder, die wir für den Bruchteil einer Sekunde sehen, sind wieder verschwunden."

Robert Longo, im Video I'm a Cave Man, Louisiana Channel, 2024

 

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Mit wenigen Ausnahmen sind Robert Longos Werke monumentale Kohlezeichnungen auf weißem Papier, die die Brennpunkte der Welt darstellen – von nationalen amerikanischen Krisen über die Ermordung einer jungen Frau im Iran im Jahr 2022 bis hin zum Terroranschlag 2015 auf das Kopenhagener Kulturzentrum Krudttønden.

 

Das Werk basiert auf der künstlerischen Bearbeitung von fotografischen Vorlagen. In Hunderten von Stunden akribischer Arbeit setzen Longo und seine Assistenten die Schnappschüsse der Presse in riesige Zeichnungen auf Papier um.

 

Aus der Ferne sehen diese hyperrealistischen Kohlezeichnungen wie Schwarz-Weiß-Fotos aus. Bei näherer Betrachtung löst sich allerdings die Vision in die Ästheik der Kohle auf. Indem er Fotografien aus den Medien und der Popkultur aus dem Medienstrom zieht, ermöglicht Longo uns, sie neu und anders zu sehen. Aus der Nähe betrachtet, scheinen Longos oft großformatige Bilder fast über und auf uns hinweg zu stürzen.

 

Ausstellungsansicht Robert Longo F Louisiana Museum of Modern Art Camilla Stephan

Ausstellungsansicht. Foto: Louisiana Museum of Modern Art / Camilla Stephan

 

Zeitgenössische Historienmalerei

Longos bahnbrechende Serie „Men in the Cities“ (1979–1983), die Frauen und Männer in inszenierten, dramatisch verrenkten Posen zeigt, ist ein frühes Beispiel für die Reaktion des Künstlers auf historische Schlüsselmomente: Die Bilder basieren auf dem Film „Der amerikanische Soldat“ (1970) des deutschen Regisseurs Rainer Werner Fassbinder, der von einem deutsch-amerikanischen Vietnam-Veteranen handelt. Longos Generation wurde in der Zeit nach Vietnam und Watergate geprägt. Der damit einhergehende Verlust des Zusammenhalts in der amerikanischen Geschichte hat ihre Kunst nachhaltig geprägt.

 

Insgesamt setzt sich Longo in seinem Werk immer wieder mit Themen wie sozialen und rassischen Spannungen und Gewalt in der amerikanischen Gesellschaft auseinander. Auch die Rolle des Landes in globalen Krisen ist ein wiederkehrendes Thema. Der Künstler geht jedoch auch weiter zurück in die Geschichte, zu alten Meistern wie Goya und Turner, und wandelt ihre Werke in einen kleineren Maßstab um. Das ganze erinnert an Zeitschriften-Cover. Gleichzeitig vergrößert er massenmediale Bilder zeitgenössischer Missstände auf den monumentalen Maßstab klassischer Historiengemälde des 19. Jahrhunderts.

 

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Robert Longo: Untitled (Iceberg for C.D.F.), 2015-2016, Kohle auf Papier, 304,8x510,5cm. Privatsammlung. © Robert Longo, Foto: Courtesy Robert Longo Studio

 

Isolierte Bilder

Mit der Ausstellung von Robert Longo, der seit langem mit einem Werk aus seiner Serie „Men in the Cities“ in der Sammlung des Louisiana Museums vertreten ist, setzt das Haus die kontinuierliche Auseinandersetzung mit Künstlern seiner Generation fort, zu denen auch Cindy Sherman und Richard Prince gezählt werden. Alle drei gehören zu dem, was Kunsthistoriker als „The Picture Generation“ bezeichnet haben. 

Die fotografische Darstellung der Realität in isolierten Bildern war der materielle und kritische Schwerpunkt von Robert Longo und seinen Kollegen, darunter Troy Brauntuch, Jack Goldstein, Sherrie Levine, Philip Smith, Louise Lawler, Barbara Kruger und Richard Prince.

 

So überrascht es nicht, dass Filmstills, Bilder aus den Massenmedien, Drohnenaufnahmen, Bilder von Nachtsichtgeräten und Röntgenbilder in dieser Ausstellung eine optische Leitlinie bilden. In den 1990er Jahren fand Longo sein eigentliches Medium – die Holzkohle –, mit der er seither seine Inhalte manipuliert und entpackt.

 

Diese sehenswerte Ausstellung ist die erste große Präsentation von Robert Longos Werken in Skandinavien und wird in Zusammenarbeit mit dem Albertina Museum in Wien organisiert. Die Leihgaben kommen aus Museen und bedeutenden Privatsammlungen in Europa und den USA.


Robert Longo

Zu sehen bis zum 31. August 2025 im Louisiana Museum of Modern Art, Gl. Strandvej 13, in DK-3050 Humlebæk/Dänemark

Geöffnet: Di.–Fr. 11–22, Sa., So. 11–18. Mo. geschlossen

Kurator: Anders Kold

Weitere Informationen (Louisiana Museum, engl.)

 

Die Ausstellung wird von der C. L. David Foundation and Collection unterstützt.

Katalog: Zur Ausstellung erscheint ein englischsprachiger Katalog

 

YouTube-Video; Louisiana Channel

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I'm a Cave Man (2024, 33:51 Min.)

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