Bildende Kunst
Günther Förg – Wandmalerei

Blau gegen Orange, Rot gegen Grün, Ocker gegen Rosé, Schwarz gegen Weiß. In den Hamburger Deichtorhallen sind derzeit riesige monochrome Farbflächen zu bestaunen, die mit geradezu körperlicher Wucht auf den Besucher einwirken: Die geometrischen Wandmalereien von Günther Förg (1952-2013) verwandeln die Nordhalle in energetisch aufgeladene Kraftfelder, die an Größe und Intensität bislang wohl einmalig sind.

Günther Förg soll sich gefreut haben auf diese Ausstellung, erzählt Dirk Luckow, Deichtorhallen-Chef und Kurator der Schau. Bis zuletzt haben die beiden in Kontakt gestanden, bis zuletzt arbeitete der krebskranke Künstler an dem Werkverzeichnis seiner rund 140 Wandmalereien, von denen in Hamburg nun 25 Beispiele gezeigt werden. Das Werkverzeichnis blieb unvollendet, doch die Wandarbeiten konnten dank sorgsam geführter Aufzeichnungen und der Zusammenarbeit mit dem Estate Günther Förg rekonstruiert werden. Allerdings in veränderten Maßen und den Dimensionen der nördlichen Deichtorhalle angepasst. Unter der Leitung von Albrecht Hausotter und Bernhard Suhr waren mehr als ein Dutzend Hamburger Künstler gut eine Woche lang mit der Umsetzung befasst. Wände von fünf Metern Höhe und sechs, sieben oder acht Metern Länge so zu streichen, dass die Farbflächen einheitlich monochrom und so satt wirken, dass sie eine sowohl physisch wie auch psychisch spürbare Präsenz entfalten, ist keine leichte Aufgabe. In den Deichtorhallen ist das hervorragend gelungen.

Galerie - Bitte Bild klicken
Förg selbst finanzierte sein Studium anfangs als Anstreicher. Hier erkundete er erstmals die vielfältigen Wechselwirkungen von Farbrhythmen und -Kontrasten, entwickelte sein untrügliches Gespür für große Dimensionen und Raum-Inszenierungen. 1978, noch während seiner Studienzeit an der Münchener Akademie der Bildenden Künste (dort lehrte er auch ab 1999), schuf der gebürtige Füssener seine erste raumfüllende Wandmalerei in einer Privatwohnung im Allgäuer Günzach. Seitdem beansprucht dieser Werkkomplex einen wichtigen Stellenwert in seinem umfangreichen Oeuvre.

Günther Förg war ein Allrounder der bildenden Kunst. Er malte, zeichnete, modellierte und fotografierte. Gemeinsamer Nenner aller Sparten war die Architektur. Das heißt, als Bildhauer schuf er auch figürliche Masken und Körper, doch die Auseinandersetzung mit geometrischen Bauten und Strukturen, etwa der russischen Avantgarde oder der Bauhausarchitektur, prägten sowohl die Fotografie wie auch die Wandmalerei nachhaltig. Für Letztere mag auch die amerikanische Farbfeldmalerei der 1940er bis 1960er Jahren Pate gestanden haben, (die wiederum ohne die geometrischen Abstraktionen Piet Mondrians und Josef Albers undenkbar wären): Der Einfluss von Barnett Newman, Ellsworth Kelly oder auch Mark Rothko ist unverkennbar. Für die eindrucksvollen „Farbskulpturen“ in den Deichtorhallen jedenfalls gilt, was Mark Rothko einmal so formulierte: „Ein Bild lebt durch die Gesellschaft eines sensiblen Betrachters, in dessen Bewusstsein es sich entfaltet und wächst“.

Günther Förg – Wandmalerei
Deichtorhallen Hamburg, Halle für Aktuelle Kunst, zu sehen bis 25. Oktober 2015.
Geöffnet: Di-So 11-18 Uhr
Kuratorführung: 8. Oktober 2015, 16 Uhr. 13 Euro/ erm. 9 Euro inkl. Eintritt, keine Anmeldung erforderlich

Es erscheinen zwei Publikationen im Snoeck Verlag:
1.) Günther Förg: Wandmalerei 1978-2013. Hrsg. Edition Traverses Sàrl, Münchenstein, Suisse & Michael Neff, Frankfurt/Main, ca. 368 Seiten, 29,7 x 21 cm, gebunden in rotem Leinen. Mit einem Essay von Max Wechsler. Buchhandelspreis: 98 Euro, Preis in der Ausstellung: 78 Euro
2.) Katalogband zur Ausstellung in den Deichtorhallen Hamburg. Mit Fotografien von Julian Faulhaber. Hrsg. Edition Traverses Sàrl, Münchenstein, Suisse/Dirk Luckow, Deichtorhallen Hamburg/Michael Neff, Frankfurt/Main, ca. 24 Seiten, 33,5 x 45 cm. Mit einem Vorwort von Dirk Luckow. Buchhandelspreis: 48 Euro, Preis in der Ausstellung: 28 Euro.

Katalogansicht GÜNTHER FÖRG – WANDMALEREI

Weitere Informationen


Abbildungsnachweis:
Header: Ausstellungsansicht. Foto: © Henning Rogge / Deichtorhallen Hamburg.
Galerie:
01. Günther Förg: Wandmalerei Antwerpen, Ausstellung Galerie Micheline Szwajcer Antwerpen, 1985. Foto: Günther Förg. © Estate Günther Förg
02. Günther Förg: Wandmalerei Köln, Ausstellung Galerie Max Hetzler, 1985. Foto: Wilhelm Schürmann. Courtesy Estate Günther Förg
03. Günther Förg: Wandmalerei Amsterdam Ausstellung „abstract”, Galerie van Krimpen Hazenstraat 20, Amsterdam, 1996. Foto: Günther Förg. © Estate Günther Förg
04. Günther Förg: Wandmalerei Köln, Ohne Titel, 2013 rose/coquelicot, Maße variable, Ausstellung Galerie Gisela Capitain, Köln, 2013. Foto: Simon Vogel. Courtesy Galerie Gisela Capitain
05. bis 08. Ausstellungsansichten. Foto: © Henning Rogge / Deichtorhallen Hamburg.

Kommentar verfassen
(Ich bin damit einverstanden, dass mein Beitrag veröffentlicht wird. Mein Name und Text werden mit Datum/Uhrzeit für jeden lesbar. Mehr Infos: Datenschutz)

Kommentare powered by CComment


Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.