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Der Salto del Pastor ist ein Sprung, den sich die Ureinwohner der Kanarischen Inseln ausdachten, um die Unebenheiten des vulkanischen Geländes zu überwinden.

Der vulkanische Ursprung der Kanarischen Inseln hat zu traumhaften Landschaften mit steilen Bergen und schroffen Klippen geführt. Reizvoll für alle Besucher, jedoch mühevoll für die Ureinwohner der Inseln – denn sie mussten diese landschaftlichen Herausforderungen für die Erschließung von Weideland erobern.

 

Dank ihrer Innovation fanden sie eine Methode, die Hänge und aufgebrochenen Böden zu überwinden – sie benutzten einen Holzstab oder eine Art Lanze, die ihnen als Stütze diente. So entstand der ‚brinco canario‘ oder der ‚brinco del garrote‘ – der kanarische Hirtensprung. Diese jahrhundertealte Tradition, die nur für Schwindelfreie geeignet ist, erlebt heutzutage eine Renaissance.

 

Der Hirtensprung wird zwar auf allen Inseln vergleichbar praktiziert jedoch in der Namensgebung liegt ein grundlegender Unterschied: So nennt man dem Holzstab „lanza“ auf La Palma und Teneriffa; „asta“ auf El Hierro; „astia“ auf La Gomera; „garrote“ auf Gran Canaria; und „lata“ auf Lanzarote und Fuerteventura.

 

Neben dem Namen variiert auch die verwendete Holzart, aus dem die Lanzen hergestellt werden. Am häufigsten wird die kanarische Kiefer verwendet, aber auch Holz der wilden Olivenbäume, der Buche, der Faya oder sogar das der Esche.

 

Kulturgut von besonderem Interesse
In den 1990er Jahren entstanden die ersten Kollektive und Gruppen, die versuchten, diesen Brauch vor dem Verlust zu bewahren. So entstanden die ‚jurrias‘, ein kanarisches Wort, das sich auf eine Gruppe von Menschen bezieht. Derzeit gibt es etwa achtzehn ‚jurrias‘ auf dem gesamten Archipel. Die Gruppen vereinen zurzeit insgesamt etwa 330 Personen.

 

Der ‚brinco del pastor‘ oder ‚brinco canario‘, wie der Sprung üblicherweise genannt wurde, musste im Laufe der Zeit seine Bezeichnung verfeinern und wurde zum ‚salto‘. Dieser Begriff wird seit Mai 2018 von der Regierung der Kanarischen Inseln verwendet als der Eintrag in die Kategorie der traditionellen Aktivitäten kam und die Tradition zum offiziellen Kulturgut erklärt wurde.

 

Der Präsident der ‚Federación Canaria de Salto del Pastor‘, Juan Alemán, versichert, dass „mit der Pandemie die Zahl der Menschen, die sich der Föderation angeschlossen haben, gestiegen ist. Ich glaube, dass der Wunsch nach Freiheit so groß war, dass mehr Menschen ermutigt wurden, zu den Klippen zu gehen. Es gibt keine Notwendigkeit für Gruppen oder Sicherheitsabstände, es gibt die Klippe und dich."

 

Der Präsident der ‚Federación de Salto‘ erklärt wiederum, dass „der ‚salto‘ nicht als Sport angesehen wird." Sein Ziel ist es, die Praxis des ‚brinco‘ auf den Inseln zu bewahren und „seine enge und dauerhafte Verbindung mit seinen Ursprüngen zu erhalten." Wer heute den ‚salto‘ praktiziert, muss natürlich nicht unbedingt Hirte sein, und er muss auch nicht mehr so springen wie in der Vergangenheit. Das Arbeitsgerät hat heute eher eine spielerisch-sportliche Komponente, mit einem geringerem Verletzungsrisiko. Der Fokus liegt heute auf dem Genießen der Natur mit der gleichzeitigen Pflege der Tradition.

 

Techniken und Tricks
Das Springen des kanarischen ‚salto‘ besteht im Wesentlichen darin, sich mit einem hölzernen Werkzeug oder einer Lanze so zu bewegen, als wäre es ein Stab. Dazu wird das Ende der Lanze (regatón) in den Boden gerammt, um mit Schwung über eine bestimmte Entfernung zu gelangen. Dabei werden ganz verschiedene Hand- und Körperpositionen eingenommen, je nachdem, ob man hinaufsteigen, herabsteigen, bremsen oder eine Erdspalte überwinden möchte.

 

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Diese Positionen werden ‚mañas‘ genannt und beziehen sich auf die Position, mit der die Hände und Arme auf der Lanze platziert werden, sowie die Position, die der Rest des Körpers einnimmt. Es ist möglich, die Lanze neben oder vor dem Körper zu führen.

Um wieder herunterzukommen, sind die häufigsten verwendeten Techniken der ‚bastoneo‘, ein sanftes Gleiten, bei dem die Lanzenspitze auf dem Boden ruht. Eine andere Technik ist der ‚regatón posado‘, ein Sprung, bei dem die Lanzenspitze gut auf dem Boden aufliegt, um später mit ihr zu rutschen und zu bremsen, ohne dass die Füße auf der Klippe aufliegen. In diesen Fällen ist die Abstiegshöhe auf die Länge des Werkzeugs beschränkt.

 

Eine andere, professionell Möglichkeit für Fachleute liegt im sogenannten ‚salto a regatón muerto‘ oder ‚plomo‘. Hierbei handelt es sich um eine optisch spektakuläre Sprungart, bei der nicht einmal die Spitze der Lanze immer den Boden berühren muss. Es erfordert eine beträchtliche Geschicklichkeit. Durch diese Technik ist es möglich, eine Distanz zu überwinden, die die doppelte bis dreifache Länge des Stabes selbst beträgt.

Die ‚jurrias‘ und ihre Verbandsmitglieder sind für die Durchführung von Einführungskursen und die Vorbereitung von Sprungwettbewerben verantwortlich.

 

Internationale Anerkennung
Das London Mountain Film Festival, LMFF, hat „Jurria: Guardianes del Garrote“ in seine offizielle Sektion aufgenommen. Dieser Dokumentarfilm, der komplett auf Gran Canaria gedreht wurde, erzählt die Geschichte von ‚Maestro Paco' und seiner Leidenschaft für den traditionellen Hirtensprung. Der 35-minütige Film wurde aus hunderten von Beiträgen ausgewählt und wird in der offiziellen Sektion neben 42 Filmen antreten. Der Dokumentarfilm wird auf dem LMFF zwischen dem 15. und 31. Mai online zu sehen sein.


Der kanarische Hirtensprung

Weitere Informationen: www.saltodelpastorcanario.org (spanisch mit deutscher Übersetzung)

Weitere Informationen zu den Kanarischen Inseln unter: www.hallokanarischeinseln.com

 

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