Kultur, Geschichte & Management
Die Ruinen der Blöcke L und D. Foto: Archiv Speicherstadtmuseum

Wie die heute denkmal- und UNESCO-Welterbe-geschützte Speicherstadt der Freien und Hansestadt Hamburg vor dem Zweiten Weltkrieg aussah, das zeigt derzeit eine kleine, eine sehr kleine Sonderschau im Speicherstadtmuseum.

Der Weg lohnt, denn hier, Am Sandtorkai 36, taucht man ein in eine Zeit, die ebenfalls bald verloren und vergessen sein könnte, wenn Hamburg nicht dafür sorgt, dass die Existenz der privat geführten Außenstelle des Museums der Arbeit langfristig gesichert wird.


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Die Hamburger Speicherstadt ist der weltgrößte historische Lagerhauskomplex, gelegen im Hamburger Hafen. Sie umfasst das Gebiet zwischen Baumwall und Oberhafen. Seit 1991 steht die Speicherstadt unter Denkmalschutz und ist seit dem 5. Juli 2015 mit dem benachbarten Kontorhausviertel unter dem Namen Speicherstadt und Kontorhausviertel mit Chilehaus auf der Liste des UNESCO-Welterbes eingetragen. Sie ist Teil des kolonialen Erbes Hamburgs.

 

Hintergrund

Die Speicherstadt wurde zwischen 1883 und 1927 südlich der Altstadt auf den ehemaligen Elbinseln und Wohnquartieren Kehrwieder und Wandrahm als Teilstück des Hamburger Freihafens in drei Abschnitten erbaut, der erste Abschnitt war 1888 fertiggestellt. Die Bauleitung hatte der Oberingenieur der Hamburger Baudeputation Franz Andreas Meyer. Ihm zur Seite standen der Wasserbaudirektor Christian Nehls und der Baudirektor Carl Johann Christian Zimmermann sowie ein Konsortium aus 15 Ingenieuren, 24 Architekten und Bauzeichnern. Der Architekt Georg Thielen (1853–1901) entwarf rund 30 Speicher an den Standorten Neuer Wandrahm, Am Sandtorkai, Auf dem Sande, Brook und Kehrwieder.

Die Speicherstadt wurde zum 1. Januar 2003 aus dem Gebiet des 2013 aufgelösten Freihafens herausgenommen. Sie und das Neubaugebiet auf dem Großen Grasbrook wurden zum 1. März 2008 zum Stadtteil HafenCity im Bezirk Hamburg-Mitte erklärt, lautet der Wikipedia-Eintrag.

 

Vorher – nachher

Das kennen wir aus Syrien, dem Gaza und der Ukraine. Fast täglich fluten (TV)-Bilder in unsere Wohnzimmer, die das Grauen und die Zerstörungskraft des Krieges vor Augen führen. Alles weit weg? Relativ weit, jedenfalls. Unvorstellbar, durch ein zerstörtes Hamburg zu laufen, durch eine zerstörte Speicherstadt. Und doch gibt es immer noch Augenzeugen, die sich an den Feuersturm durch mehr als 100.000 Spreng- und Brandbomben der Alliierten erinnern, die im Juli 1943 weite Teile der Hansestadt in eine glühende Hölle verwandelten. Trauriges Resultat der „Operation Gomorrha“: Mehr als 35.000 Tote, rund 750.000 Obdachlose, die Hälfte aller Wohnungen zerstört. Hamburg lag danach in Schutt und Asche und mit ihr die Speicherstadt, von der nach weiteren Angriffen im Dezember 1943 und im Juni 1944 keine 50 Prozent mehr stand. Drei der insgesamt 17 Speicherblöcke waren Totalverluste, zwölf weitere Blöcke waren nur noch teilweise intakt.

 

Speicherstadt Block R

Vorher: Die Ruinen des Blocks R. 1944. Foto: Archiv Speicherstadtmuseum. Nachher: Das Freihafenamt in Block R von Werner Kallmorgen (1952/53).

 

Henning Rademacher, Gründer und Leiter des Speicherstadtmuseums, trug nun einzigartige historische Aufnahmen zusammen, die die Kriegsverluste und den Wiederaufbau der Speicherstadt dokumentieren. Und dieser Wiederaufbau war mit einem Namen verbunden: Werner Kallmorgen (1902–1979) rettete so viel historische Substanz wie möglich und rekonstruierte einige teilzerstörten Blöcke originalgetreu. Wo nichts mehr zu retten war, baute er Büros und die neue Kaffeebörse, die sich, wie die Fotos zeigen, so gut in das historische Ensemble einfügten, dass der Charakter der Speicherstadt erhalten blieb, ohne die Kriegsschäden zu leugnen.

Die Sonderschau aus drei, vier beschrifteten Fotowänden ist zwar klein, doch ein wichtiger Baustein in dem musealen Speicher, der den Alltag der alten Quartiersleute aufleben lässt, die hier einst Tee, Kaffee und Kakao bemusterten. Sie vervollständigt schlicht und ergreifend die Geschichte des weltberühmten Lagerhausensembles, das 2015 zum Weltkulturerbe ernannt wurde.

 

SHMH Presse Standorte Das Speicherstadtmuseum im Block L Speicherstadt Foto SHMH Sinje Hasheider

Das Speicherstadtmuseum im Block L Speicherstadt. Foto: SHMH Sinje Hasheider


„Verloren und vergessen – Wie die Speicherstadt vor dem Krieg war“

Zu sehen bis 29.6.2025, im Speicherstadtmuseum, Am Sandtorkai 36, in 20457 Hamburg

Geöffnet: Mo-Fr 10-17 Uhr, Sa/So 10-18 Uhr.

Weitere Informationen (Museum)

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