Musik
Hommage an Django Reinhardt

Am 23. Januar 2010 wäre der französische Musiker Django Reinhardt 100 Jahre alt geworden. Er gilt als einer der Gründungsväter des europäischen Jazz.
Jean Baptiste „Django“ Reinhardt wurde auf der Durchreise seiner Eltern in Belgien geboren, wuchs in einer Wohnwagensiedlung in einem Pariser Vorort auf und lernte bereits als Kind verschiedene Instrumente: Geige, Banjo und Gitarre. Musikalische Ausbildung in jungen Jahren gehört zum Alltag vieler Sinti- und Romafamilien und Django galt unter ihnen soviel wie ein Wunderkind.
Als ein Brand im Wohnwagen seiner Eltern ihn als 18-jährigen schwer verletzte, stand sein musikalischer Werdegang auf der Kippe. Seine linke Hand war so stark verbrannt, dass er nur noch zwei Finger benutzen konnte. In der Zeit der Genesung, begann er langsam und zunächst mühevoll eine virtuose und neue Spieltechnik zu entwickeln, indem er lediglich mit den unverletzten Zeige- und Mittelfingern seiner linken Hand spielte.
Anfang der 1930er Jahre spielte Reinhardt dann in verschiedenen Orchestern und Formationen in Pariser Bars und Cafés, wurde Gründungsmitglied des Quintetts „Hot Club de France“ und entwickelte und feilte weiter an seinem Musikstil, einer Mischung aus „Zigeunermusik“, dem damals in Paris populären New-Orleans-Jazz sowie Elementen des französischen Walzers. Unter dem Namen „Gypsy-Swing“ und „Minor-Swing“ ist diese ausgesprochen rhythmische und legendäre Musik bis heute ein fester Begriff. Schon 43-jährig verstarb der Künstler an einem Schlaganfall.


Reinhardts 100. Geburtstag wurde gebührend - für Norddeutsche Verhältnisse fast ausgelassen gefeiert. Tina Heine von der Hadley’s Café Bar in Hamburg und Wolkly Rosenberg, Gitarrist der Band „Swing Gypsy Rose“ und Vorsitzender des „Sinti e.V.“ Hamburg, hatten zu fünf Stunden Musik eingeladen.

Mit Wolkly Rosenberg, Robert Weiss und Kohe Reinhardt beginnt der Abend mit den typischen Gitarrenrhythmen des Gypsy-Swings. Virtuos und ausdrucksstark das Glissandispiel von Kohe Reinhardt, der über viele Ecken auch mit der Legende verwandt sein soll. Die Band Manugadjo überzeugt mit den filigranen und einfühlsamen Sopransaxofoneinlagen von Kako Weiss und Gitarrist Patrick Pagels gibt dem Rhythmus einen modernen Groove-Klang. Facettenreich, tanzbar und über die Generationen hinweg spielen abwechselnd rund 20 Musiker in unterschiedlichen Zusammensetzungen ein großes Repertoire.
Das Hadley’s ist so voll wie ein Metrobus im Berufsverkehr und keiner der Musiker scheint sich daran zu stören, dass einige Gäste sich unterhalten und die Bargeräusche hörbar sind. „Nein“, meint Wolkly Rosenberg, „das hier ist ja eine Bar und kein Konzertsaal. Wir sind es gewohnt Unterhaltungsmusik in dieser Atmosphäre zu machen und die Gäste und Nebengeräusche stören uns nicht...“

Obwohl man vielen Stücken anhört, dass diese aus den 1930er und 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stammen, so ist die Zeitlosigkeit des Spielens und Genießens dieser Musik ganz augenfällig. Aber eben auch das Improvisieren und Neukomponieren. Giovanni Weiss, einer der Gitarristen von Manugadjo erklärt: „Es vergeht kein einziger Tag, an dem wir nicht diese Musik spielen und machen.“ Und das Eingespieltsein ist zu hören. Selbst bei den improvisierten Stücken, bei denen lediglich ein Grundklang und Rhythmus durchgängig unterlegt ist, merkt man sofort: Jeder einzelne Musiker weiß, was der andere spielt, wie man aufeinander reagieren kann und welchen reichhaltigen Schatz dieser Musikstil allen in der Improvisation bietet. Neben den lebensfrohen und temperamentvollen Stücken, sind auch jene zu hören, die der Melancholie, dem Weltschmerz und den traurigen Erinnerungen verpflichtet sind.

„Unsere Musik ist unser Sprachrohr! Wir waren lange Zeiten hindurch stumm und sprachlos, durch den „Gypsy-Swing“ haben wir eine Stimme bekommen,“ erklärt Wolkly Rosenberg in einer der Umbaupausen dem Publikum und „wir wollen, dass unsere Musik auch in Deutschland populärer wird. In Frankreich, Spanien, in Belgien und den Niederlanden sind wir bereits Teil des normalen, alltäglichen und beliebten Musikgeschehens.“
Und zum Abschluss sagt Wolkly Rosenberg: „Django Reinhardt ist der größte Zigeuner aller Zeiten und wir sind sein Garten!“

Foto: Tom Seelbach, Hamburg
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