Bildende Kunst
Anton Erik Christian Thorenfeld Sommerliche Landschaft im Roskildefjord von Eskildsoe aus gesehen, 1893

Noch bis tief in den Herbst hinein zeigt das Schweriner Landesmuseum in zwei großen Sälen fünfundfünfzig Bilder dänischer Künstler, die dem Land von dem Mäzen Christoph Müller übergeben wurden.

Schon einmal erhielt das Landesmuseum eine großzügige Schenkung Christoph Müllers. Die damalige Sammlung umfasste 155 Werke niederländischer Kunst, die in das Staatliche Museum Schwerin eingingen und dort erstmals 2013 in einer großen Ausstellung präsentiert wurden. Das passte, denn in Schwerin liegt schon seit dem 18. Jahrhundert der Focus auf niederländischer Kunst, weil bereits die Herzöge Niederländer sammelten und sogar Künstler und Vermittler engagiert hatten, die für sie in die Niederlande reisten und einkauften.

 

Jetzt noch einmal… 2016 hat derselbe Spender gleich vierhundert Gemälde und Zeichnungen dänischer Künstler den Staatlichen Schlössern, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommerns übergeben. Anders als die Niederländer werden diese Werke aber nicht in Schwerin, sondern im fernen Greifswald aufbewahrt. Wegen der gelegentlichen thematischen Verwandtschaft mit dem Werk Caspar David Friedrichs – man denke an die Klippen von Møn und Rügen – passen sie auch wirklich ganz gut dahin. Und in Greifswald wurde die Sammlung auch bereits 2018 der Öffentlichkeit vorgestellt. Jetzt werden in Schwerin die nach Ansicht des Kurators Gero Seelig 55 besten Werke präsentiert, die alle aus der Zeit zwischen 1780 und 1910 stammen.

Natürlich ist es eine bunte Mischung aus den verschiedensten Genres, und die meisten Namen sind in Deutschland weniger bekannt, sondern wir kennen selbst die Großen unter den dänischen Künstlern kaum oder gar nicht. Einer der prominenteren Künstler wird uns von Florian Illies näher vorgestellt, der in einem kleinen Essay die Bedeutung von Janus la Cour (1837-1909) herausarbeitet: „Nun sind endlich auch wir reif für Janus la Cour.“ Er zeigt in seinem Artikel, dass Cours Technik zwar (noch) traditionell ist, seine Bildauffassung aber von „jäher Modernität“. Während in den Bildern des 19. Jahrhunderts sonst das Licht gefeiert wird, sind seine Bilder eher dunkel und unspektakulär; er malt kleine Ausschnitte des Strandes oder einer Wiese. Aber dann kommt Illies zu dem „vielleicht schönsten in der Schenkung befindlichen La Cour“, zu einem Bild, das einen ganz anderen Charakter trägt.

 

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In ihm geht es nicht wie auf den anderen Bildern dieses Meisters „um die kleinen Sensationen“, sondern es zeigt, wie der Titel es sagt, „Klippen“, die für mich allerdings mehr nach einem sandigen Steilufer von allerdings großer Höhe aussehen. Es sieht nach einem diesigen Tag aus, und auf dem Sand liegt nur ein schwacher Lichtschein. Seine Farbeffekte sind es, die Illies an dem Bild hervorhebt, besonders das „Stakkato von Grün“. Er sieht la Cour, der 1909 starb, auf dem Weg zur Abstraktion.

Überhaupt sehen die Autoren des Kataloges in der Darstellung des Lichtes die größten Unterschiede zwischen der dänischen und der deutschen Malerei. In einem kurzen Essay beschäftigt sich Kilian Heck mit dieser Problematik. Er entdeckt eine „spezielle Art des scharfkantigen, durch Schlagschatten abgesetzten Lichtes“, wogegen die französische Lichtführung impressionistischer Werke kaum zu beobachten sei. Die für sie typische Unschärfe sei in dänischen Gemälden kaum zu beobachten.

 

Auch findet sich viel Wasser, unter anderem Seestücke, bei denen man beobachten kann, dass das rein Malerische viel eher bei den Segelschiffen zur Geltung kommt, wogegen die Dampfschiffe fast von allein einen der Neuen Sachlichkeit verwandten (oder ihn vorwegnehmenden) Stil provozieren. In diesem Fall sind es sehr technische, eher kalt anmutende Bilder. Das für mich schönste Seestück stammt von Vilhelm Petersen und zeigt ein kleines Segelschiff auf dem Meer, das sonnenglänzend unter einem abendlichen Wolkenhimmel liegt. Und auf dem spektakulärsten Bild, schon dank seiner Größe die Ausstellung beherrschenden Bild sieht man keine Schiffe, sondern es stellt uns den Roskildefjord vor – das ist kein norwegischer Fjord mit dramatisch steilen Hängen, sondern eine weite, sehr ruhige, sogar etwas langweilige Landschaft, in deren Hintergrund man den Turm des Doms zur Roskilde erkennen kann.

 

Den größten Teil des schmalen Kataloges nimmt die Vorstellung der einzelnen Bilder ein, die von Simon Elson in sieben Kapiteln geleistet wird, gegliedert nach „Porträts“, „Studieren“, „Landschaft“, „Italienreisen“, „Schiffe und Meer“, „Neue Landschaft“ und endlich „Modern“. Das neben (oder vor?) dem Roskildefjord schönste und bewegendste Bild ist das Porträt eines Kindes, das 1786 im Alter von nur fünf Jahren starb. Sein Vater Nicolai Abraham Abildgaard (1743-1809), selbst ein erfolgreicher Maler – große Teile seines Werkes sind aber zerstört –, bat seinen Malerfreund Jens Juel (1745-1802) Jahre später um ein Porträt, und dem Künstler gelang das wohl idealisierte Bild eines verloren schauenden Jungen. Simon Elson zufolge markiert das Werk der beiden Maler den Beginn des Goldenen Zeitalters der dänischen Malerei – und dabei unterscheidet sich dieses Porträt deutlich von den anderen, die teils herb, auf jeden Fall aber realistisch scheinen.


Dänische Gäste. Malerei aus drei Jahrhunderten

Die Ausstellung ist bis zum 1. November verlängert worden.
Staatliches Museum Schwerin, Alter Garten 3 · 19055 Schwerin
Geöffnet: April bis Oktober: Di - So 11-18 Uhr; November bis März: Di - So 11-17 Uhr
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