
Liebe fällt nicht wie der Heilige Geist vom Himmel. Liebe muss wachsen. Liebe will aushalten und überdauern. Irgendetwas berührt uns so sehr, dass wir uns mit und ohne Verstandesgebrauch auf sie einlassen. Musik per se ist so eine Liebesbeziehung, die einen lebenslang begleiten kann. Dennoch fallen Komponisten, die ein noch so liebenswertes Schaffen aufweisen können, dem Vergessen anheim. Gründe gibt es mannigfaltig.
Wiederentdeckte Lieben schaffen schließlich dann doch wunderbare Berührungen unserer Sinne und wir verlieren uns (erneut) in deren musikalisches Können und Wirken.
Eine Reihe liebenswürdiger Neuerscheinungen sollen uns nun begleiten – vielleicht hält etwas davon lang oder gar auf Dauer und gerät nicht aus dem Fokus.

Die Texte zu diesem chorsinfonischen Zyklus’ schrieb kein geringerer als der chilenische Zeitgenosse Barbers: Pablo Neruda (1904-1973). Das soeben erschienene Album widmet sich Barbers Auftragswerk (1971), wobei lediglich eine vage Idee einen spendablen Mäzen zur Finanzierung ermutigte und dem Komponisten freie Hand zu den zehn lyrischen Stücken ließ. Herausgekommen ist ein wunderschönes Opus von einer halben Stunde. Damit die ganze Stunde voll wird, hängten die Sachsen einen weiteren in Deutschland noch unbekannteren Komponisten vorweg: Randall Thompson (1899-1984). Er war ein Chorspezialist, leitete eine Weile den New Yorker ‚Juilliard Choir’ und lehrte als Professor an der ‚Harvard University’ und am ‚Curtis Institute of Music’ in Philadelphia, wo u.a. auch Samuel Barber und Leonard Bernstein zu seinen Studenten gehörten. Thompsons „Frostiana“ (1965) ist durch den Landesjugendchor und das Jugendsinfonieorchester Sachsen von einer unglaublichen Leichtigkeit und Schönheit.
Samuel Barber: The Lovers op.43
Martin Häßler (Bariton), Landesjugendchor Sachsen, Jugendsinfonieorchester Leipzig
Label: Rondeau
CD, Booklet, 23 Seiten
EAN: 4037408061384

Monteverdi Madrigali, Vol.3 Venezia
Les Arts Florissants, Paul Agnew
Label: Harmonia Mundi
CD, dreisprachiges Booklet, 63 Seiten
EAN: 3149020527801

Boulez dirigierte noch selbst, anlässlich seines 85. Geburtstages, das West-Eastern Divan Orchestra zu seiner Komposition „Le Marteau sans maître“, welches auf CD 2 zu hören ist. Dass mit dieser Hommage kein Endpunkt gesetzt wurde zwischen den beiden großen Musikern, ist wahrscheinlich selbstredend, denn es gab wohl kaum eine derartig intensive Zusammenarbeit in der jüngeren Vergangenheit und dazu auf so unterschiedlichen musikalischen Gebieten wie zwischen diesen beiden.
Die Auswahl der Kompositionen ist auf beiden CDs fein austariert und lässt Boulez in recht unterschiedlichen Perioden seines Schaffens reflektieren, insbesondere auch in der, in der er sich dem Fortschritt durch elektronische Musik nie verschlossen hat. So ist sein extrem intelligentes und reiches Klarinettenstück „Dialogue de l’ombre double“ nicht nur eine bekannt klassisch aufgenommene Aufzeichnung, sondern hat eine erweitere elektronische Produktionsgeschichte, denn die sogenannte Gegenstimme, also der doppelte Schatten wurde vorproduziert und später integriert. Dadurch entspricht die dialogische Klangwirkung an manchen Stellen eher einem Disput und wird zu einem lebhaften Wechsel von Gegen- und Miteinander. Disput muss nicht nur die Kunst, sondern auch die Liebe aushalten!
Hommage à Pierre Boulez.
West-Eastern Divan Orchestra, Daniel Barenboim
Label: Deutsche Grammophon
2 CDs, dreisprachiges Booklet, 17 Seiten
EAN: 028947971603

Liebesrausch kann eben einiges mit einem Menschen anrichten. Bei Schumann einen Kompositionswahn in überschwänglichen Gefühlen bis hin zur Hochzeit mit Klara 1840. In kurzer Zeit entstanden 138 Einzelwerke, aus denen hier 19, mit der ach so einfühlsamen warmen Stimme von Matthias Goerne und in Klavierbegleitung von Markus Hinterhäuser zu genießen sind. Schwelgen, voller Hoffnung, im Abendlicht bis tief in die Nacht – bis die Einsamkeit ist überwunden.
Einsamkeit. Schumann-Lieder
Matthias Goerne (Bariton), Markus Hinterhäuser (Flügel)
Label: Harmonia Mundi
CD, dreisprachiges Booklet, 37 Seiten
EAN: 3149020224328

Seine Zehn Präludien, die konkrete Reaktion auf das ‚Wohltemperierte Klavier’ von Johann Sebastian Bach mit einer von ihm komponierten Zusatzstimme mit Violoncello sind seinem heute immer noch recht unbekannten kammermusikalischen Schaffen zu verdanken. Und wo wir bei den Danksagungen angelangt sind: zu verdanken ist es Moscheles und Mendelssohn immerhin, dass der Thomaskantor J. S. Bach auch durch sie ein großes Revival im 19. Jahrhundert erhielt. Niklas Schmidt und Stepan Simonian ist es wiederum zu verdanken, dass sie einerseits die Zehn Präludien Op.137a aufnahmen und zudem, dass sie diese so hervorragend und einfühlsam darbieten. Ein absoluter Hörgenuss!
Ignaz Moscheles: Zehn Präludien aus dem ‚Wohltemperierten Klavier‘ von Bach Op.137a
Johann Christoph Friedrich Bach: Cellosonate D-Dur
Niklas Schmidt (Violoncello), Stepan Simonian (Klavier)
Label: Fontenay Classics
CD, viersprachiges Booklet, 15 Seiten
EAN: 4260230740114
Abbildungsnachweis:
CD-Cover
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