Die 21. Festivalausgabe geht nach 10 Tagen zu Ende: „Christy" von Brendan Canty gewinnt den Spielfilmwettbewerb.
Am 27. September wurden im Schloßtheater die Preise des diesjährigen Filmfestival Münster vergeben. Das irische Coming-of-Age-Drama "Christy" von Regisseur Brendan Canty gewann den mit 5.000 Euro dotierten Preis für die beste Regie im europäischen Spielfilmwettbewerb für Debütfilme. Hauptdarsteller Diarmuid Noyes nahm den Preis stellvertretend entgegen.
Der Kurzfilm "Eigentlich wollte ich nicht lange bleiben" von Filmemacher Andreas Grützner wurde im europäischen Kurzfilmwettbewerb mit dem Großen Preis der Filmwerkstatt ausgezeichnet, welcher mit 3.000 Euro dotiert ist. Die Jury vergab außerdem eine Lobende Erwähnung für "Ultraviolet" von Veerle De Wilde. Der mit 1.000 Euro dotierte Publikumspreis, gestiftet von den Münsterschen Filmtheater-Betrieben, ging an "Skin on Skin" von Simon Schneckenburger.
In der Sparte Westfalen Connection mit Filmen aus der Region erhielt "Viel Nebel im November" von Anna Lena Höhne den Preis für den besten Film über 30 Minuten, dotiert mit 1.500 Euro und gestiftet von der Stiftung Westfalen-Initiative. Der Preis für den besten Film bis 30 Minuten, dotiert mit 1.000 Euro und ebenfalls gestiftet von der Stiftung Westfalen-Initiative, ging an "How to kill your family" von Dominic Wittrin. Die Jury vergab zudem eine Lobende Erwähnung für "The Potter - Vessels of Exploration" von Florian Ropers.
Zehn Tage lang hat das Festival den europäischen Film gefeiert und die Zuschauer:innen mit einem vielseitigen Programm im Schloßtheater Münster begeistert. „Viele ausverkaufte Vorstellungen, volle Säle und ein Publikum, das den Filmen mit Begeisterung und Neugier folgte, spiegeln die positive Resonanz des Festivals wider. Besonders gefreut hat uns, wie stark Studierende und Erstbesucher:innen die Atmosphäre geprägt haben", resümiert Risna Olthuis, die das Festival gemeinsam mit Carsten Happe leitet.
„Mit mehr als 100 anwesenden Filmemacher:innen, die ihre Filme persönlich vorgestellt haben, unterstreicht das Festival seine Rolle als bedeutende Plattform für Begegnung und Austausch", ergänzt Festivalleiter Carsten Happe. „Gerade in Zeiten globaler Krisen und gesellschaftlicher Herausforderungen ermöglicht die Filmkunst, den Blick zu weiten und verbindende Momente zu schaffen."
Branchentage, Pitching-Events, Paneldiskussionen und die Masterclass mit Filmemacher Mehmet Akif Büyükatalay und Claus Herzog-Reichel flankierten das Festival und boten dem Filmnachwuchs in Westfalen wertvolle Impulse und neue Erfahrungen.
Das Filmfestival Münster kehrt im Herbst 2027 zurück. Nächstes Jahr findet vom 18.-27. September die vierte Ausgabe des LITFILMS Literatur Film Festival Münster statt.
Die Preise wurden in diesem Jahr durch drei Jurys vergeben:
European First Feature Film Competition (Preis für die beste Regie dotiert mit 5.000 Euro):
"Christy" von Brendan Canty
Jury-Statement Regisseur und Schauspieler Erol Afşin, Regisseurin und Drehbuchautorin Christina Ebelt und Produzentin Eurydice Gysel:
„Brendan Cantys Langfilmdebüt _Christy_ erzählt mit großer Authentizität und Hoffnung und verhandelt Themen wie Herkunft, Zugehörigkeit, Wut und Verletzlichkeit. Der Film beeindruckt durch sein tiefes Vertrauen in die Figuren und eine filmische Sprache, die Nähe schafft. Die beiden Brüder Christy und Shane stehen zwischen Wut und Loyalität - ihre schauspielerische Leistung ist herausragend und sicher auch das Ergebnis einer Regie, die Raum lässt und Vertrauen schafft. Wir waren beeindruckt vom Spiel, dem Humor, der Kameraarbeit - von der rohen ehrlichen Kraft des Films. Das ist einem Regisseur zu verdanken, der den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Canty gelingt das seltene Kunststück, einen tief realistischen Film zu schaffen, der zugleich ein eindringliches Plädoyer für Empathie, zweite Chancen und familiäre Verbundenheit ist. Wir hoffen, dass dieser Preis den Regisseur dazu ermutigt, noch viele weitere Filme zu machen!"
European Short Film Competition (Großer Preis der Filmwerkstatt, dotiert mit 3.000 Euro):
"Eigentlich wollte ich nicht lange bleiben" von Andreas Grützner
Jury-Statement Schauspieler Jonathan Berlin, Autorin und Regisseurin Alina Cyranek sowie Regisseur Frederic Kau:
„Wir durften in den letzten Tagen 36 Kurzfilme sehen, deren Vielfalt uns inspiriert und angeregt haben. Einmal mehr wurde in diesem Wettbewerb klar, wie wichtig gerade jetzt künstlerische Stimmen sind, die nach neuen Formen suchen. Sowohl im ästhetischen wie auch politischen. Dafür unseren Dank und Gratulation an all die Filmemacher:innen, die es gewagt haben, aus Konventionen auszubrechen. Wir haben uns entschieden, zwei Filme auszuzeichnen, denen wir eine besondere Aufmerksamkeit wünschen.
Der Film, den wir für den großen Preis der Filmwerkstatt ausgewählt haben, schafft etwas sehr Ungewöhnliches: nämlich unseren emphatischen Blick zu schärfen, historische Zeitabschnitte undidaktisch zu verbinden und Gedanken zu stiften, die unser Verhältnis zur eigenen Vergangenheit hinterfragen lassen. Dabei wählt die Regie einen extrem persönlichen Ansatzpunkt und bewegt sich in sehr autarken, dokumentarischen Bildern tief hinein in die Abgründe deutscher Vergangenheit - nämlich in den Umgang mit Menschen in Heil- und Pflegeanstalten. Von den 30er-Jahren, über die 70er bis ins Heute. Der direkte und dabei enorm behutsamen Blick auf die porträtierten Personen in Kombination mit einem Voice Over der Regie, das die eigene Familiengeschichte hinterfragt - all das macht diesen Film zu einem erschütternden wie animierenden Plädoyer für Inklusion wie Empathie im gesellschaftlichen Miteinander. Ein Film, der also zum genau richtigen Zeitpunkt kommt und der von vielen gesehen werden sollte. Der große Preis der Filmwerkstatt des Filmfestivals Münster 2025 geht an _Eigentlich wollte ich nicht lange bleiben_ von Andreas Grützner."
Lobende Erwähnung:
"Ultraviolet" von Veerle De Wilde
„Zudem möchten wir eine lobende Erwähnung aussprechen. Und zwar an einen sehr liebevollen und zart gewobenen Film, der das Genre des Coming of Age mit einer Geschichte das Loslassens verzahnt und somit dem jugendlichen Aufbruch einen Abschied gegenüberstellt. Die unprätentiöse, aber umso präzisere Feinfühligkeit, mit welcher der Film seinen Figuren folgt, stets nach Zwischentönen sucht und auch klassische Geschlechterrollen der Teenager angenehm in Frage stellt, hat uns sehr berührt. Die sensible Bildgestaltung schafft es, die Brüchigkeit dieses Sommers einzufangen und der Entwicklung der Geschichte eine besondere Haptik zu verleihen. Der Stoff hat alle Elemente, die möglicherweise für einen Debutfilm sprechen. Eine lobende Erwähnung geht an _Utraviolet_ von Veerle De Wilde."
Westfalen Connection (Preis für den besten Film über 30 Minuten, gestiftet von der Stiftung Westfalen-Initiative und dotiert mit 1.500 Euro):
"Viel Nebel im November" von Anna Lena Höhne
Jury-Statement Filmvermittlerin Sophie Charlotte Erichsen, Produzentin Lotte Ruf sowie Leiter des Kulturbüros Münsterland Andre Sebastian:
„Der Film behandelt ein bewegendes Thema: um den Familienhof am Laufen zu halten, während der Vater im Koma liegt, arbeitet die Protagonistin mit Verbissenheit und Hingabe, die für die Zuschauer:innen deutlich sichtbar wird. Der im Münsterland gedrehte Film zeigt den Familienzusammenhalt, aber auch die Herausforderungen, die ein Hof mit sich bringt."
Westfalen Connection (Preis für den besten Film unter 30 Minuten, gestiftet von der Stiftung Westfalen-Initiative, dotiert mit 1.000 Euro):
"How to kill your family" von Dominic Wittrin
„Dem Film gelingt es, ein schweres und emotionales Thema mit Humor und Leichtigkeit zu erzählen - ganz ohne Cringe und fernab von Pathos. Die Protagonistin trägt das Publikum durch ihr pointiertes Spiel, das zugleich berührt und zum Lachen bringt. Mit feiner Situationskomik gelingt es, in kürzester Zeit die Kunst der Komödie auf den Punkt zu bringen. Ein Film, der uns fühlen lässt und bei dem man sich fast schon auf Weihnachten freut."
Lobende Erwähnung:
"The Potter - Vessels of Exploration" von Florian Ropers
„Es ist ein Film über die Töpferkunst - und zugleich scheint er, ohne es je auszusprechen, auch etwas über das Filmemachen zu erzählen. Diese poetische Dokumentation begleitet ihren Protagonisten von der ersten Idee bis zum fertigen Werk. Mit poetischen Bildern und einer zurückhaltenden Erzählweise lädt uns der Film auf eine besondere Reise ein, die die Hingabe in jedem einzelnen Schritt erfahrbar macht. Beim Zuschauen möchte man am liebsten sofort selbst zur Drehscheibe greifen oder eines dieser einzigartigen Stücke in den Händen halten. Und wenn es am Ende heißt, dass ein Werk erst dann wirklich vollendet ist, wenn es jemanden findet, der es benutzt, dann verstehen wir auch: Filme sind erst vollendet, wenn wir sie gemeinsam im Kino erleben."
Weitere Infos zum Festival auf der Website: www.filmfestival-muenster.de
Quelle: Filmfestival Münster

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