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Das macht er zwar, aber seine Zeit reicht immer noch aus, um Marguerite weiter zu belästigen. Nachdem er sogar ihre Reifen, alle vier, brutal zerfetzt, reicht es ihr, sie bittet die Polizei, mal mit ihm zu reden – ohne ihn allerdings anzuzeigen.
Und nachdem er sie dann wirklich in Ruhe lässt, fehlt er der Zahnärztin! Jetzt beginnt sie, hinter ihm her zu rennen, ihn irgendwo aufzustöbern und mitleidslos durch nächtliche Anrufe seine Frau aus dem Bett zu reißen. Nach und nach wird auch ihre Kollegin (Emmanuelle Devos) immer mehr in den Fall verwickelt. Zuerst muss sie Marguerites Patienten mit übernehmen, weil die zeitweilig kein Interesse mehr an ihnen hat, dann lernt auch sie Georges kennen und wird durch ihn aus dem Tritt gebracht.

Ehefrau Suzanne bleibt die ganze Zeit sanft und gut und vorwurfslos. Sie bittet, wieder mal aus dem Bett gerissen, Marguerite nachts zum Tee, damit sie sich unterhalten können. Worüber geredet wird, bekommen wir leider nicht zu hören, denn wir erleben inzwischen, wie der angetrunkene Georges nach Hause kommt, die im Auto vor seinem Haus wartende Kollegin Marguerites erst anpöbelt, weil sie seinen Parkplatz blockiert und dann durchs Autofenster wild mit ihr zu schmusen beginnt.

Wie weit das geht, bleibt unklar. Doch als die Kollegin bald darauf erhitzt an der Tür klingelt und um ein Glas Wasser bittet, sieht sie so aus, als sei’s passiert und wäre okay gewesen. Inzwischen torkelt Georges zwischen den drei Frauen umher und spricht irgendwelche bitteren Worte. Eigentlich schimpft und meckert er überhaupt sehr viel. Und hier kommt deutlich zutage, was den Film so seltsam macht: was bringt eigentlich die drei Frauen dazu, ihn zu umringen?
Die Kollegin ist attraktiv, die Ehefrau ausgesprochen hübsch, Marguerite apart und reizvoll, trotz sehr gewöhnungsbedürftigem, fusseligem rotem Haarflusch.

Und Georges? Wäre er charmant – oder witzig – oder geistreich! Wäre er wenigstens rührend oder liebenswert! War nicht von Altersweisheit die Rede? Wäre er ein berühmter Mann, etwa ein großer Regisseur wie Alain Resnais oder ein erfolgreicher Autor wie Christian Gailly! Dann könnte man’s eher verstehen, solche Männer werden ja oft umschwärmt, auch, wenn es ihnen an persönlicher Liebenswürdigkeit mangelt. Georges indessen ist einfach ein grummeliger alter Rentner, unsortiert emotional und meistens beleidigt. Warum also tun die drei so, als wäre er der letzte Mann auf Erden?

Nachdem Marguerite mit Georges, den ein geplatzter Hosenreißverschluss nicht wenig beeinträchtigt und mit der armen Suzanne auf dem Rücksitz in die Ewigkeit geflogen ist und man glaubt, das war’s nun, kommt noch eine letzte Szene: die kleine Tochter der Kollegin liegt im Bett und fragt: „Aber wenn ich eine Katze bin – bekomme ich dann auch Leckerlis?“
In diesem Moment warf der Zuschauer neben mir den Kopf zurück und stieß ein brüllendes Gelächter aus. Er lachte noch auf der Treppe, neben mir, als wir das Kino verließen.
Ich hörte sein nicht endendes Kichern in der dunklen Winternacht verklingen und ich sah ihm mit einem gewissen Neid hinterher.
Er hatte den Film offenbar verstanden.


VORSICHT SEHNSUCHT
Ein Film von Alain Resnais
104 Min. Frankreich 2009
Deutsche Fassung und OmU
mit Sabine Azéma, André Dussollier, Anne Consigny, Emmanuelle Devos, Matthieu Amalric und Michel Vuillermoz
www.lesherbesfolles-lefilm.com

Bundesstart: 08. April 2010

Copyright Fotos: Schwarz-Weiss Filmverleih OHG

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