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Fragen nach der Zukunft der Demokratie sind unter dem Eindruck gesellschaftlicher Umbrüche und der Neuausrichtung politischer Bündnisse allgegenwärtig. Die Erinnerung an die erste verfassungsgebende Nationalversammlung in Weimar vor 100 Jahren bietet daher Gelegenheit, den Stellenwert der Weimarer Verfassung für das spätere Grundgesetz und die weitreichende internationale Rezeption zu würdigen.

Sie dient bis heute als Ausgangspunkt für andere europäische und außereuropäische Verfassungen. Unter der Fragestellung „Wie stabil ist unsere liberale Grundordnung? Internationale Perspektiven zur Zukunft demokratischer Verfassungen“ diskutierten am 2. Februar auf Einladung des Deutschen Nationaltheaters Weimars, des Goethe-Instituts und der Dramaturgischen Gesellschaft Pablo Holmes (Brasilien), Fernando Vallespin Oña (Spanien) und Ece Göztepe Çelebi (Türkei) in Weimar. Die eröffnende Rede hielt Norbert Lammert, Bundestagspräsident a.D.
 
Norbert Lammert, Bundestagspräsident a.D., ging in seiner Eröffnungsrede darauf ein, dass es lohne, „sich mit Blick auf das Grundgesetz und die heute scheinbar stabileren, gesicherteren demokratischen Verhältnisse anzusehen, warum die erste deutsche Demokratie gescheitert ist. Oft wird gesagt, sie sei eine Demokratie ohne Demokraten gewesen. Das ist zu pauschal. Richtig ist: Sie war eine Republik mit zu wenig engagierten Demokraten.“
 
Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts, hob die internationale Rezeption hervor: „Die Weimarer Verfassung hat weit über Deutschland hinaus Einfluss und Wirkungskraft entfaltet. So ist das Spannungsverhältnis zwischen staatlichen Sicherheitsanforderungen und individuellen Persönlichkeits- und Freiheitsrechten weiterhin und gerade heute von hoher aktueller Brisanz. Hierzulande, aber auch insbesondere dort, wo das Gut geschützter Öffentlichkeit nicht selbstverständlich ist, ist das Goethe-Institut als Dialog- und Diskurspartner gefragt. Wir bringen im Deutschen Nationaltheater in Weimar - also dort, wo vor 100 Jahren zum ersten Mal die verfassungsgebende Nationalversammlung zusammentrat - Stimmen aus der Türkei, Spanien, Brasilien und Deutschland zusammen und leisten mit unserer Expertise aus dem Ausland einen wichtigen Beitrag zur Reflexion und zum Diskurs über die Zukunft der Demokratie auch in Deutschland.“
 
In einer internationalen Gesprächsrunde diskutierten anschließend Pablo Holmes, Professor für Verfassungstheorie an der Universität Brasília, Fernando Vallespín Oña, Professor für Politikwissenschaft an der Autonomen Universität in Madrid, und Ece Göztepe Çelebi, Professorin für Verfassungsrecht an der juristischen Fakultät der Bilkent-Universität in Ankara, über die Zukunft der Demokratie im Kontext weltweiter Umbrüche: Pablo Holmes sprach über Perspektiven der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in seiner Region angesichts der zunehmenden gesellschaftlichen Polarisierungen und populistischen Radikalisierung. Ece Göztepe Çelebi ging auf Formen der Erosion von Demokratie ein. Eines ihrer Forschungsfelder ist das Ausnahmerecht – auch nach dem Verständnis von Carl Schmitt. Die jüngsten Verfassungsänderungen zugunsten des Präsidialsystems haben die Gewaltenteilung in der Türkei deutlich eingeschränkt und damit das Verhältnis zur EU einmal mehr in Frage gestellt. Fernando Vallespín Oña erörterte, was uns von der Weimarer Zwischenkriegszeit in unserer europäischen Gegenwart trennt und was wir mit ihr gemeinsam haben. Das war auch in den Augen des Moderators Martin Sabrow, Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam, der allgemeine Fluchtpunkt der Diskussion, die von den Chancen und Risiken von Weimar-Vergleich und Weimar-Analogie ausging und im Weiteren um die Schutzkraft von demokratischen Verfassungen in Zeiten der Demokratiekrise kreiste.
 
Hasko Weber, Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters, betonte die Dringlichkeit der Auseinandersetzung: „Die Fragen nach den ursprünglichen Wurzeln unserer demokratischen Kultur gehören für mich zu den wichtigsten Fragen unserer Gegenwart. Sowohl im europäischen als auch im globalen Kontext bedarf es richtungsweisender Verständigung zum Fortbestand und zur Entwicklung demokratischer Gesellschaften. Unser gemeinsames Symposium schafft in diesem Sinne den Rahmen für Austausch und Reflexion. Das finde ich sehr spannend!“
 
Die Kooperationsveranstaltung des Goethe-Instituts, der Dramaturgischen Gesellschaft und des Deutschen Nationaltheaters ist Teil der „Woche der Demokratie“, die vom 1. bis 10. Februar 2019 mit zahlreichen Veranstaltungen im Deutschen Nationaltheater stattfindet. 
 
Quelle: Goethe-Institut

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