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Les Passions de l'Ame: Variety – The Art of Variation

Johann Heinrich Schmelzer (1623-1680), Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704) und Johann Joseph Fux (um 1660-1741) gehören nicht zu den österreichischen Komponisten, die jeder kennt, noch ist vielen bekannt, welch begnadete Musiker sie im Allgemeinen waren.
Jeweils zwanzig Jahre trennen die drei Musiker im Alter – und selbst ein solch relativ kurzer Abstand kann im Zusammenspiel zeigen, wie rasant sich Kompositionstechniken entwickelten. Die Kunst der Variation (The Art of Variation) fokussiert ein neues Album des im schweizerischen Bern ansässigen Ensembles „Les Passion de l’Ame“.


Es ist die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg, Europa scheint dennoch unversöhnlich, die religiöse Teilung ist vollzogen, jedoch kompositorisch wird egal ob katholisch oder protestantisch fleißig komponiert – und dies mit den gleichen, reichen, erfinderischen und variantenreichen Mitteln. Grundlage sind oft kurze Melodien und Passagen, die immer wieder soweit verändert werden, dass sie zu großen, klangvollen und barocken Stücken werden. Als ob in einer Schachtel verborgen nur eine Handvoll Material wäre, schafften es die drei hier vorgestellten Tonkünstler ein vielseitiges Repertoire zu kreieren. Dieses musste jedoch auch entsprechend virtuos umgesetzt, sprich gespielt werden. Alle drei Komponisten sind auch virtuose Instrumentalisten gewesen.

Les Passions de l'Ame: Variety – The Art of Variation COVER„Variety – The Art of Variation“ ist somit die Beschäftigung mit einer historischen Musikkultur, die man nur dann umfassend verstehen kann, wenn man sich mit ihr intensiv beschäftigt. Die Lust auf diese Beschäftigung macht „Les Passion de l’Ame“ schon von Anbeginn an und hält es bis zur Nummer 21 durch. Auch weil die historischen Instrumente der Interpreten so plastisch klingen.
Die tief empfundene Religiosität kommt dabei ebenso zum Ausdruck wie die Lebensfreude und Leichtigkeit eines Tanzes. Tempovariabel, sinnlich und besinnlich dringen Bibers Werke an unsere Ohren. Von ihm ist der Großteil der Kompositionen, die auf dem Album zu finden sind.

Bibers Werke (bis auf zwei, alle) sind kluge, raffinierte, teilweise zeitlose und oft handwerklich herausfordernde Stücke. Seine scheinbar unermüdliche Experimentierfreude zieht sich als roter Faden durch die Auswahl und beim Hören kommt unweigerlich die Frage auf, wie es möglich ist, so viele Variationen aus einer begrenzten Auswahl von Tönen zu erzeugen. Violine und musikalischer Inhalt gehen bei Biber eine Einheit ein. Durch das Umstimmen der Geige wird dem oftmals entsprochen. Das musste in seiner Zeit immens revolutionär gewesen sein.

Johann Heinrich Schmelzers Sonata in g-Moll, „Sonatae unarum fidium“ (1664) ist von einer solch wunderbaren erzählerischen Grazie, das man versteht, warum dessen Werke einen solchen Einfluss auf Sonaten und Suiten in Mitteleuropa hatte. Deutlich hörbar ist der venezianische Einfluss der ostinaten Motivik dieser Violinsonate. Von den sechs Sätzen ist auf dem Album die Dritte zu hören. Die Verschiebung der Melodiestimme zum Bass und die Taktwechsel sind meisterlich.

Johann Joseph Fux bekleidete als Hofkapellmeister am Habsburger Hof in Wien einen der angesehensten musikalischen Posten Europas. Warum er derart in Vergessenheit geraten konnte ist kaum zu beantworten. Seine Komposition „Rondeau à 7” für Violino Piccolo, Fagott, Violine, Viola in C-Dur ist akzentuiert, kontrastreich, leichtfüßig und von ästhetischen Reichtum.


Les Passions de l'Ame: Variety – The Art of Variation.

Works for Violin by Biber, Fux & Schmelzer
Meret Lüthi | Sabine Stoffer | Anja-Regine Graewel | Bernadette Verhagen | Alexandre Foster | Love Persson | Ieva Saliete | Julian Behr | Gabriele Gombi | Margit Übellacker | Peter Kuhnsch
Label: deutsche harmonia mundi / Sony Music
CD, Booklet
EAN: 886447419571
Weitere Informationen zu Les Passions de l’Ame

YouTube-Video:
- Harmonia artificioso-ariosa, Partia V in G Minor, C 66: II. Aria – Adagio
- Harmonia artificioso-ariosa, Partia V in G Minor, C 66: III. Balletto. Presto (Bonus Track: jazzed version)


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Abbildungsnachweis:
Headerfoto: © Alexander Ess
CD-Cover

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