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Das erste Hundert ist voll. Aber „Lebbe geht weiter“, das wusste schon Fußballtrainer Dragoslav Stepanovic und das gilt natürlich auch für die Jazz-thing-Next-Generation-Reihe.

Dass er die Nummer 101 in der Reihe ist, hat unser Protagonist, der Posaunist Clemens Gottwald, auch schon bedacht: „Ich hatte schon die Idee, irgendwas mit Dalmatinern zu machen, aber irgendwie ist mir nichts Rechtes eingefallen.“

 

Gottwald und sein Quartett Prisma – mit der entscheidenden Erweiterung um Gitarristin Christina Zurhausen – spielen sieben Kompositionen des Posaunisten (das raffinierte „Live is Shorter Than You Think“ gleich zweimal), eröffnet wird das Album von dem musikgewordenen Wutanfall „Camel Crossing“. „Aufgebracht stand ich 2017 allein in meiner kleinen Wohnung“, erinnert Gottwald sich, „und donnerte das Eingangsmotiv in meine Posaune. Der Rest der Melodie floss danach einfach aus mir heraus. Die Band steuerte ihren Beitrag dazu bei, diesen chaotischen Song zu ordnen.“ Keine Kleinigkeit für den Bassisten Conrad Noll - er ist ein alter Duopartner des Posaunisten -, den Pianisten Simon Below - den Gottwald während seines Studiums in Köln kennengelernt hat - und die Schlagzeugerin Mareike Wiening.

 

Gleichzeitig ist Christina Zurhausen hier – und auf drei weiteren Songs – zu Gast, die Gottwald aus einem ganz bestimmten Grund hinzu gebeten hat. „Sie kommt nicht in erster Linie vom Jazz, sondern vom Grunge“, erläutert der Bandleader. „Für mich passte das, denn ich wollte keine typische Jazzgitarre, sondern jemanden, der rockiger unterwegs ist.“ Das ist eine große Untertreibung für den scharfkantigen und brettharten Sound der Gitarristin, die jederzeit in der Lage ist, einen Song elektrisch aufzuladen und in Richtung avantgardistischer Garagen-Rock zu entführen.

 

Clemens Gottwald Prisma COVERAuch ein Songtitel wie „Niggli’s Rest“ gibt Rätsel auf, denn jeder weiß, dass der Schweizer Schlagzeuger „alive and kicking“ ist. „‚Niggli’s Rest‘ ist einer Katze gewidmet, die meine Mutter nach Lucas Niggli getauft hat“, erklärt Gottwald. „Diese Katze ist gestorben. Ihren Weg, ihren Kampf möchte dieser Song beschreiben, denn am Ende umarmt uns der Tod als letzter Liebhaber.“ Hier ist das Quartett ohne Zurhausen zu hören, der Song entstand ganz spontan, „ohne viel darüber nachzudenken“.

 

Hinter „Topolino“ verbirgt sich ebenfalls eine Geschichte. „Ein lustiger und schwermütiger Song“, findet sein Schöpfer. „Stell’ Dir vor, Du fährst mit einem alten Fiat Topolino über die Alpen und auf dem Weg nach unten versagen die Bremsen. Viel Glück!“

 

Clemens Gottwald kommt vom Land und hat zunächst Blasmusik gespielt, bevor sein erster Posaunenlehrer, der klassischer Musiker war, aber auch in Big Bands gespielt hat, ihm den Jazz nahegebracht hat. Ein wichtiger Einfluss war aber auch Gottwalds älterer Bruder. „Mein Bruder war der erste in unsere Familie, der Internet hatte“, erinnert der Posaunist sich. „Das war noch zu einer Zeit, wo man morgens ein Video aufgerufen hat und wenn man mittags nach Hause kam, lief das dann. Ich kannte zu der Zeit nur Big-Band-Jazz, aber mein Bruder hat mir immer wieder auch andere Sachen vorgespielt. Oftmals war das Musik, bei der ich dachte: Was zur Hölle ist das? Und das lässt einen dann nicht mehr los.“ Prägende Einflüsse reichten bei Gottwald von Kid Ory bis Albert Mangelsdorff und der universelle Anspruch, den er an sein Instrument richtet, wird am ehesten noch von einem Musiker wie Ray Anderson verkörpert. Obwohl noch jung an Jahren, unterrichtet der Posaunist mittlerweile eine Posaunen-Klasse an der Würzburger Musikhochschule, wohin er von Köln aus, wo er heimisch geworden ist, pendelt.


Clemens Gottwald: Prisma – Jazz Thing Next Generation Vol. 101

Clemens Gottwald: trombone) | Simon Below: piano | Conrad Noll: bass | Mareike Wiening: drums | Christina Zurhausen: guitar

Label: Double Moon Records / Challange Records International

EAN: 0608917143720

VÖ: 26.01.20245

Weitere Informationen (Clemens Gottwald Music)

 

Tracklist:

01. Camel Crossing 05:33

02. Orange Skyè 07:18

03. Niggli's Rest 06:23

04. Live Is Shorter Than You Think 05:54

05. Evolve 04:26

06. Moving Through 05:36

07. Topolino 06:42

08. Live Is Shorter Than You Think (alternate take) 05:50

Total: 47:48 Min.

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