Festivals, Medien & TV

Der Berg ruft - und die Kunstwelt schnürt die Wanderschuhe. Vom 14. Juli bis 2. September weckt die sommer.frische.kunst das einst mondäne Bad Gastein mit Kunstmesse, Ausstellungen, Kunst im Freien und Künstler-Residenzen aus dem Dornröschenschlaf.
Sogar Jonathan Meese genoss hier schon die Bergluft. Dieses Jahr sind auf der Messe etwa Thomas Kiesewetter (präsentiert von der Galerie KnustKunz) vertreten und Ulrike Rosenbach (Galerie Gisela Clement). Ausgestellt wird zum Beispiel das Kollektiv DORF um die jungen Überflieger der deutschen Szene, Andi Fischer und Conny Maier. Im Anschluss kann das Publikum jungen Talenten bei der Arbeit über die Schulter gucken, die für vier Wochen in Ateliers im alten Kraftwerk residieren.

 

 

Vor 13 Jahren startete die Hamburger Künstler-Komplizin Andrea von Goetz auf Initiative des Hoteliers Ike Ikrath und der damaligen Kurdirektorin Doris Höhenwarter das Festival. Idee war es, den Leerstand des Ortes kreativ zu füllen und das Image des Radon-Kurortes um den spektakulären Wasserfall aufzubessern. 

Bad Gastein hatte schon Ende des 19. Jhdt. konsequent auf Tourismus gesetzt und hängt seitdem an den Launen des Reiseverhaltens – und der Investoren. Der Ort wurde zur Sommerfrische (darauf bezieht sich der Festivalname) für Kaiser Wilhelm I., Adel und betuchte Großstädter. Prächtige, auf Grund der steilen Hanglage hochaufschiessende Jugendstil-Hotelfassaden prägen seitdem sein Gesicht. Aber inzwischen auch Hotelruinen, die ihre Zimmertapeten nach außen gewendet tragen. Den letzten Boom erlebte es als St. Tropez der Alpen ab den 1960ern. Ab den 1980ern standen immer mehr Hotels leer. Die sommer.frische.kunst lenkte den Medienfokus wieder auf den Ort, gleichzeitig wurden Hotelinvestments (durch niedrige Zinsen) attraktiv. Als Folge erlebt der auf 1.000 Höhenmetern gebaute Ort im Salzburger Land einen erneuten Hype, diesmal als „Berlin der Berge“. Auf der Kaiser-Wilhelm-Promenade flanieren junge Hippster wie direkt aus Berlin-Prenzlauer Berg rüber gebeamt und überall stehen Baukräne, aus alten Hotelruinen wurden urbane Boutiquehotels.

 

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sommer.frische.kunst, 2017. Werk von Gerwald Rockenschaub auf dem Dach des Kraftwerks

 

KulturPort.De sprach mit der künstlerischen Leiterin der sommer.frische.kunst, Andrea von Goetz.

 

Florian Maaß (FM): Andrea von Goetz, wie hat sich die sommer.frische.kunst Gastein entwickelt und was bringt sie Neues 2023?

 

Andrea von Goetz (AvG): Unser Ansatz war: Wir wollten von Anfang an organisch wachsen, statt gleich mit viel Geld künstlich groß zu sein. Es sollte alles Hand und Fuß haben. Unser Auftrag vom Tourismusamt war es, Leerstand zu bespielen.

 

FM: ...und das Image zu verbessern…

 

AvG: Ja, sicher. Wir haben mit einem Residenzprogramm für aufstrebende Künstler im alten Kraftwerk am Wasserfall angefangen. Das war in einem ziemlich desolaten Zustand. Der Tourismusverband und die Gemeinde haben es auf unsere Initiative während der letzten 10 Jahre saniert, letztes Jahr konnten wir es erstmals sogar für eine Invitational Art Fair nutzen und es gibt ein Cafe. Etwa 150 Künstler konnten dort bisher innerhalb des Residenzprogramms jeweils für einige Wochen arbeiten. Über dieses Programm hinaus haben uns wir immer mehr Orte erobert, das war ja auch der Auftrag. Zum Beispiel habe ich Ausstellungen in verschiedenen Räumen an der Kaiser-Wilhelm-Promenade kuratiert. Ich habe mein ganzes Netzwerk im Kunstbetrieb mit eingespannt und die haben ihre Freunde gefragt. Schon bald gelang es uns auch große Namen wie Jonathan Meese oder Jorinde Vogt zu locken. Die Resonanz war schnell da. Auch die Galerien waren schnell dabei. Was mich freut ist, dass auch einige der Residenz-Künstler danach erfolgreich wurden. Zum Beispiel Muhannad Shonu, ein saudischer Künstler, den ich unbedingt dabeihaben wollte, die jetzigen Direktoren vom Hamburger Bahnhof, Till Fellrath und Sam Bardaouil halfen dabei. Muhannad Shonu ist inzwischen groß herausgekommen und hat gerade den saudischen Pavillon bei der Biennale Venedig gemacht.

 

FM: Wo steht dieses Jahr innerhalb der Entwicklung?

 

AvG: Dieses Jahr ist es das dichteste Programm bisher. Erst kommt die Messe im Kraftwerk und drei große Ausstellungen auf der Promenade, danach beginnt das Residenzprogramm mit acht Künstlern, die drei Wochen im Kraftwerk arbeiten. Alles, was wir uns vor dreizehn Jahren vorgenommen haben, haben wir inzwischen etabliert. Jetzt geht es darum, das Niveau zu halten. Letztes Jahr kam die Messe neu dazu, dafür gab es kein Residenzprogramm. Das kommt aber dieses Jahr zurück.

 

FM: Was bewirkte die Rückkehr?

 

AvG: Inhaltlich mit den Künstlern zu arbeiten ist uns sehr wichtig. Letztes Jahr waren zwar die Teilnehmer der Master Class von Jorinde Voigt, Anselm Reyle und Christian Schwarzwald vier Tage da und haben ihre Werke aufgehängt, sicher eine schöne Erfahrung, aber mir hat das nicht gereicht. Die Künstler brauchen ein bisschen Zeit, um sich einzugewöhnen. Das inhaltliche Arbeiten geschieht dann eher innerhalb zwei, drei Wochen.

 

FM: Wie wichtig sind der Ort und die Berge für das Gelingen? Ist das Naturerlebnis, das unverkrampfte Netzwerken am oder auf dem Berg, ein Ass im Ärmel?

 

AvG: Absolut. Du bist da oben frei, kannst nackt im See baden. Keiner will dir was. Viele kommen in einen Rauschzustand durchs Bergwandern, die gehen jeden Morgen erst mal vier Stunden auf den Berg, andere gehen lieber Angeln, da ergibt sich auch oft eine besondere Gruppendynamik. Unsere Residenzkünstler beschäftigen sich auch viel mit der Geschichte des Ortes, der Tradition mit Krampus, Perchtenläufen und so, gehen ins Museum, sie gehen richtig in die Tiefe. Wir haben einen Ort geschaffen, an dem sich jeder wohl fühlt und jeder sein kann wie er will. Die Idee der Kunstresidenz war, dass viele Künstler am Existenzminimum leben, teilweise mit drei Nebenjobs. Ich wollte sie aus ihrem Alltag rausholen, damit sie ihren Kopf frei bekommen. So wie beim Zauberberg. Und das geschieht auch

 

FM: Woher kommen die Residenzkünstler dieses Jahr?

 

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Nikola Pjevačević: "Tree (dome)", 2022. Foto: Juraj Vuglač

 

AvG: Wir haben uns dieses Jahr vorgenommen unser Blickfeld nach Südosteuropa zu erweitern. Während der Kunstresidenz können die Besucher die Studios etwa von Vanshika Agrawal aus Indien (lebt und arbeitet in Italien) besuchen, die mit Zeichnung, Malerei, Installationen und Performance ein Gleichgewicht zwischen Materiellem und Immateriellem schafft, während Nikola Pjevačević aus Zagreb durch den Einsatz von technologischen Aspekten und handgefertigten Materialien den Raum zwischen Landschaft und Abstraktion erkundet. Zudem wird der italienische Pionier der Urban Art Szene OZMO während der Residenz eine Wandmalerei kreieren. Er spielt mit kulturellen Bezügen, klassischen Motiven und zeitgenössischen Elementen, während er gesellschaftliche Normen hinterfragt. Ich will nicht immer nur die Künstler aus der Käseglocke von Berlin oder Düsseldorf dabeihaben. Sondern eine Plattform für Künstler und Künstlerinnen zu schaffen, die diese sonst auf dem deutschen Markt nicht haben.

 

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Vanshika Agrawal

 

FM: Wie würden Sie den Stellenwert der sommer.frische.kunst einstufen? Läuft sie noch so etwas unter dem Radar, verglichen mit den großen Festivals?

 

AvG: Wir sind schon ein etabliertes Festival geworden. Sonst stände das Land Salzburg und der Tourismusverband auch nicht so hinter uns. Das Medieninteresse ist groß, von Handelsblatt bis Zeit und in Österreich sowieso. Ein junger Residenz-Künstler kann nicht mehr am Tag der Ausstellungseröffnung sagen „sorry, mir ist noch nichts eingefallen“, weil wir nicht mehr unter dem Radar durchlaufen. Es wimmelt von Galeristen. Auch die großen Galerien haben von Anfang an gerne mit uns gearbeitet, sogar Johann König interessiert sich für uns. Wir können uns natürlich nicht mit der Documenta vergleichen, da wollen wir auch nicht hin. Aber wir können und wollen uns auch nicht mit der Documenta messen.  

 

FM: Welche Höhepunkte bietet die sommer.frische.kunst 23?

 

AvG: Letztes Jahr haben wir endlich nach vier Jahren Vorbereitung das Holzapfel-Projekt realisiert (Anm. d. Red.; „Harfen“ eine Fachwerkinstallation des Berliner Künstlers Olaf Holzapfel auf der Nassfeld-Alm oberhalb Sportgastein, kuratiert von Andrea von Goetz), die steht auch dieses Jahr noch. Neuer Höhepunkt dieses Jahr ist eine illustrierte Kunst-Wanderkarte des bekannten Buchillustrators Sebastian Meschenmoser (Anm. d. Red.: Nach Residenz 2011 und Ausstellung 2015 seine dritte Partizipation). Da sind alle aktuell 14 Kunststationen im Ort drauf verzeichnet. Die Idee ist, dass man, das man sich an den Stationen Stempel abholt und wenn man alle 14 abgewandert hat, bekommt man ein kleines Giveaway, eine silberne Nadel oder so. Die Tour kann man gut in zwei Tagen machen. Damit verbinden wir noch mal die Themen Berge, Wandern und Kunst und wollen auch Gastein-Besucher erreichen, die nicht wegen uns kommen. Durch die sozialen Netzwerke werden Kunstschauen auch immer „demokratischer“, Wir lockern unser Programm auf mit Entertainment und bekannten Namen wie Lars Eidinger oder dem „Jedermann“ Philipp Hochmair.

 

FM: Warum dauerte die Umsetzung der Fachwerkinstallation von Holzapfel so lange?

 

AvG: Zum einen ist Olaf Holzapfel sehr begehrt, jetzt ist er gerade auf der Bundesgartenschau, aber er stellte auch schon auf der Documenta 14 aus. Und dann mussten wir das ganze Holz auf den Berg hochbringen. Wir haben nur lokale Werkstätten beschäftigt, das war mir wichtig. Die Installation steht im Dialog mit der Natur und Tradition. Harpfen, die der Installation „Harfen“ ähneln, verwendeten die Bergbauern traditionell zum Heutrocknen.

 

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Olaf Holzapfel: "Harfen", 2022/23. Foto: Florian Kolmer

 

FM: Bad Gastein beeindruckt mit seiner spektakulären Fassade. Erliegen die Residenz-Künstler bei ihrer Arbeit vor Ort dem schönen Schein?

 

AvG: Oh nein, ich finde die Fassade ja noch nicht mal schön. Und es gibt so viele Themen im Ort…

 

FM: Immer mehr Flachländer und viel Geld zieht es in die Berge, die Alpen drohen zu einem großen Freizeitpark zu werden, traditionelle Lebenswelten gehen verloren. Da stellt sich die Frage „wem gehören die Berge?“

 

AvG: Total...

 

FM: Stellt die sommer.frische.kunst diese Frage, nehmen Sie die aktuellen Reizpunkte bei der sommer.frische.kunst auf?

 

AvG: Das müssten sie ja eher die Künstler fragen. Aber Gastein hat nicht das Problem wie Kitzbühel, das da nur noch reiche Deutsche sind. Ich denke, hier im Ort ist man sogar ganz froh, dass jetzt ein Paar Investoren kommen, auch deutsche. Bad Gastein war auch immer schon der städtische Teil des Gasteinertals, die Sommerfrische für Berliner und Wiener. Daran knüpfen wir ja an. Aber ich glaube schon, dass etwa die Arbeit von Olaf Holzapfel ein Aufhänger für eine derartige Diskussion ist. Da geht es um man die Frage, was vom Menschen gemacht ist am Berg und wie es mit der Natur korrespondiert. Und es ist auch spannend, dass über die Holzapfel-Arbeit, die, ganz aus Holz und in traditionellem Fachwerk, nur drei Jahre auf dem Berg steht, mehr diskutiert wird als über eine knallrote Bergbahn für 100 Millionen, die in den Felsen rein gebaut wird. Wir achten für uns darauf, alles naturkonform zu machen. Auch das Kraftwerk haben wir möglichst nachhaltig restauriert, mit natürlichem Verputz etwa. Und künftig soll mit Termalwasser geheizt werden.

 

FM: Ist das Festival lokal eingebunden oder auf den Ort draufgesetzt als Unterhaltung für urbane Gäste?

 

AvG: Nein, draufgesetzt sind wir nicht, die Initiative ja kam aus dem Ort, ich bin als einzige Deutsche dabei, wir sind jetzt auch schon seit 13 Jahren da und haben ein verrottetes Gebäude aus dem Dornröschenschlaf geweckt.. Außerdem arbeiten wir nur mit lokalen Handwerkern. Die Holzbauer kommen aus Dorfgastein, der Metallbauer kommt aus dem Tal und auch in unserem Kunstverein sind viele Gasteiner. Ich bin künftig auch noch viel mehr vor Ort statt in Hamburg, da meine Kinder mit der Schule dort fertig sind. Ich möchte mehr mit Bildung machen, mit den Schulen im Tal etwa. Das Kraftwerk wird jetzt beheizt, dann können wir ganzjährig da ausstellen. Da möchte ich viel mit einheimischen Künstlern machen. Ike und ich möchten in einer Salzburger Tageszeitung die Leser auffordern, uns eigene Kunstwerke zu bringen. Zwei junge Kuratoren hängen dann alles auf.

 

FM: Die Außenseiterkunst war auf der Biennale Venedig auch schon (2013) Teil der Hauptausstellung...

 

AvG: Es kommt immer drauf an. Ich bin ja selber eine Außenseiterin als studierte Soziologin und mir sind trotzdem fast alle Türen geöffnet worden im Kunstbetrieb, weil ich für die Kunst brenne und lebe. Man sollte nicht so streng sein und das ist der Markt auch nicht mehr, denn es schaffen auch Künstler, die nicht an der Akademie waren, in den Museen ausgestellt zu werden. Conny Maier ist gerade einer der Stars im deutschen Kunstbetrieb und sie hat nicht studiert. Aber Qualität ist schon wichtig. Ich halte nicht viel von diesen selbst ernannten Internet-Künstlern.

 

FM: Wie geschieht die Auswahl der Künstler?

 

AvG: Die Residenz-Künstler wählt ein sechsköpfiger Beirat aus, da sitzt etwa eine Kulturredakteurin des ORF und zwei Galeristen. Die Künstler auf der Messe wählen die sechs beteiligten Galerien aus, denen rede ich nicht rein. Die Ausstellungen kuratiere ich.

 

FM: Nimmt die Tourismusverwaltung Einfluss auf das Programm und die Auswahl der Künstler?

 

AvG: Nein, gar nicht. Die freuen sich, wenn was los ist.

 

FM: Welche Trends nehmen Sie im Kunstbetrieb wahr und vielleicht auch beim Programm auf?

 

AvG: Digitale Kunstwerke und Künstliche Intelligenz, also NFT und Chat GPT, sind starke Trends, die wir dieses Jahr noch nicht aufnehmen. Wir haben dieses Jahr aber zwei Künstler-Kollektive dabei, zum einen Dorf, also Dennis Buck, Michael Günther und die beiden aktuellen Superstars Andi Fischer und Conny Maier, deren Konzept passt super zu uns (Anm. d. Red.: Dorf hinterfragt, ob Kunst immer aus den großen Städten kommen muss), die haben sich sogar bei uns um die Teilnahme beworben und zum anderen Pegasus, die sind mir bei der Art Cologne aufgefallen, da war ich mit Ike Ikrath, der bei allem eingebunden ist. Die interagieren viel mit dem Publikum, da müssen wir vorsichtig sein, weil auf der Promenade auch Touristen vorbeilaufen, die nicht wegen uns da sind. Da dürfen wir nicht auf einem hohen Ross sitzen und sagen, „Euer Problem, wenn Ihr die Kunst nicht versteht“. Ich arbeite im Auftrag des Tourismus, die Tourismusverwaltung finanziert uns. Deswegen ist mir die Kunst-Landkarte auch wichtig, um Brücken zu schlagen.

 

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Pegasus: Frantic. Foto: Künstlerkollektiv Pegasus

 

FM: Die alte Frage für die Arbeit mit Pinsel und Stift: Abstrakt oder figürlich, wohin schlägt das Pendel gerade?

 

AvG: Der Markt ist im Moment an beidem interessiert. Das Figürliche etwa mit Graphic Novel-Einflüssen oder childish, wie bei Andi Fischer, da hat das Narratives immer einen hohen Stellenwert. Es ist natürlich auch leichter zugänglich. Andererseits kommt etwa mit Jenny Brosinsky gerade eine krass abstrakte Malerei auf. Abstrakte Kunst muss man sich als Kunstfreund erarbeiten. Ich habe gerade in Bad Gastein die Ausstellung More Than Minimal kuratiert, mit minimalistischen, abstrakten Kunstwerken von Jorinde Voigt, Danni Pantel, Gerwald Rockenschaub, Henrik Eiben und Michael Laube in Gastein kuratiert und ich mag diese Richtung auch gerade sehr- was aber nicht die sommer.frische.kunst beeinflusst.

 

FM: Besonders ist, dass Hoteliers so involviert sind, Ike Ikrath begründete das Festival und Sie betreiben auch ein Gästehaus im Ort.

 

AvG: Ja, das ist sicher außergewöhnlich. Ich bezeichne mich aber nicht als Hotelier, sondern als Touristikerin. Es ist dann eben auch mal so, dass Ike und ich monatelang an der Festivalvorbereitung arbeiten, dann fällt genau zur Eröffnung im Miramonte ein Rezeptionist aus und Ike sitzt selber am Tresen, anstatt dabei zu sein und die Lorbeeren zu ernten. Die Zeiten sind unkalkulierbarer geworden im Gastgewerbe. Toll, dass auch die neuen Hotels dabei sind, als Mitglied im Kunstverein, indem sie Künstler und Journalisten aufnehmen oder als Ort für Veranstaltungen.

 

FM: Die Gastein-Besucher sehen inzwischen eher nach Berlin-Friedrichshain oder Hamburger Schanzenviertel aus- ist Bad Gastein auch wegen der sommer.frische hipp?

 

AvG: Ich denke schon, dass die auch wegen uns kommen und der breiten Medienberichterstattung zur sommer.frische.kunst. Es kommen sogar schon die Kinder der ersten Hippster. Aber wir sind für alle offen, wir wollen niemanden ausschließen, in die Galerien kommen auch Kurgäste mit Wanderstock. An den beiden Hauptwochen des Festivals trifft sich dann doch so der Kunstzirkus.

 

FM: Überall stehen Baukräne. Sie kennen das übliche Drehbuch: Ein vernachlässigter Ort mit Leerstand, den nutzt die Kunst, dann kommen die Hippster und Medien, schließlich die Investoren und schnell ist der Zauber verflogen. Wird es in Gastein auch so ablaufen?

 

AvG: Im Moment ist der Boom natürlich krass, da ist viel Geld reingekommen. Aber ich bin nicht sicher, ob das jetzt der Durchbruch ist. Gastein erlebte immer wieder Höhen und Tiefen. Um das zu beantworten, müssen wir noch mal mindestens zehn Jahre abwarten… Ob ich dann noch das Festival mache, weiß ich nicht, aber ich bleibe gerne noch Vorsitzende im Kunstverein. Noch gibt es ja auch viel Leerstand. Etwa mein Lieblingsgebäude, das brutalistische Kongresszentrum: I love it! Das wäre der perfekte Ort für eine Sommerakademie für Design, Architektur und zeitgenössische Kunst, das ist ein Traum von mir.


sommer.frische.kunst

Zu sehen vom 14. Juli bis 2. September 2023

in Bad Gastein/Österreich: Kraftwerk, Sportgastein, Kaiser-Wilhelm-Promenade

Geöffnet: Mi.-So.: 14:00 -18:00 Uhr

Weitere Informationen (Art Bad Gastein)

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