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Ihr Film DER WEISSE SCHATZ UND DIE SALZARBEITER VON CAQUENA (D 2011) eröffnet das Festival am 17. April im Odeon Kino. Damit startet das IFFF Dortmund | Köln in seine diesjährige Ausgabe mit einem bildstarken Dokumentarfilm, der sich kritisch mit einem aktuellen Thema auseinandersetzt - der Ausbeutung natürlicher Ressourcen zur Sicherstellung des technischen Fortschritts: In der größten Salzwüste der Erde bauen die Nachfahren der Aymara-Indianer in 3.670 Metern Höhe Salz ab. Unter der rauen, weißen Oberfläche des Salzsees werden die größten Lithiumvorkommen der Welt vermutet, der Stoff, der für Handys, Laptops und in großen Mengen für die Batterien der zukünftigen Elektroautos benötigt wird. Eva Katharina Bühler erzählt in präzise komponierten Bildern vom Alltag der Bewohner am Ufer des Sees und von der drohenden Zerstörung ihrer Existenz und Traditionen.

Filmauswahl Panorama - die ganze Welt des Films
Im Panorama präsentiert das IFFF Dortmund | Köln Beispiele aktuellen weiblichen Filmschaffens aus aller Welt. Aus über 600 Einreichungen hat das Kuratorenteam rund 40 Arbeiten zusammengestellt, die vom kurzen Videoclip über engagierte Dokumentarfilme bis hin zu großen Spielfilmproduktionen reichen. Hier werden Filme vorgestellt, deren Bildsprache eine eigenständige Erzählebene bietet, auch dem Experiment wird viel Platz eingeräumt. Bei aller Themen- und Formenvielfalt widmen sich die Regisseurinnen in diesem Jahr wieder verstärkt Frauenfiguren. Die Krise im Großen spiegelt sich in ganz privaten, emotionalen Herausforderungen und Abgründen. Themen wie Einsamkeit, Perspektivlosigkeit und Gewalt spielen eine große Rolle.
THE OFF HOURS (USA 2011) von Megan Griffiths ist ein umgekehrtes Road Movie, das sich nicht auf diejenigen konzentriert, die vorbeiziehen, sondern auf jene, die bleiben. In der ruhelosen Welt der Nachtschicht besteht das Leben der Kellnerin Francine aus beiläufigen Begegnungen und flüchtigen Bekanntschaften. Was sie wirklich will, scheint außer Reichweite geraten zu sein. Erst aus der Freundschaft zu einem neuen Stammgast – ein ehemaliger Banker, der jetzt Lastwagen fährt – schöpft sie neue Hoffnung. Noch eindeutiger am Rande der Gesellschaft steht eine zweite FRANCINE (USA/Kanada 2012), die im gleichnamigen Spielfilm vom Regie-Duo Melanie Shatzky und Brian M. Cassidy von der Oscarpreisträgerin Melissa Leo grandios verkörpert wird. Mit einfachen psychologischen Erklärungen muss man in diesem Porträt über eine Frau, die einsam ihre Kreise zieht und immer kurz vorm Abgrund steht – Gott sei Dank – nicht rechnen.
Um eine Außenseiterin kreist der neue Film von Urszula Antoniak, die 2009 mit ihrem Debüt NOTHING PERSONAL begeisterte. CODE BLUE (NL/PL 2011) ist ein provozierendes, knallhartes Drama. Es erzählt von der Krankenschwester Marian (Bien de Moor), die sich aufopferungsvoll um ihre Patienten kümmert und für manche gar zum Todesengel wird. Die Begegnung mit ihrem Nachbarn (Lars Eidinger) verspricht nur im ersten Moment eine Befreiung aus der selbst gewählten Isolation.

Leichter, aber nicht weniger konsequent kommt UFO IN HER EYES (D 2010) daher. Mit der Politsatire ist der bekannten Regisseurin Xiaolu Guo, die zu den wichtigsten ProtagonistInnen der jüngeren chinesischen Künstlergeneration gehört, ein vielschichtiges Porträt der aktuellen chinesischen Gesellschaft gelungen. In symbolhaften, surreal anmutenden Bildern erzählt sie von der wirtschaftlichen und sozialen Transformation eines kleinen Bauerndorfes.

Das Panorama ist ein Ort, wo der besondere Dokumentarfilm seine verdiente Beachtung erfährt. Auch 2012 wartet das Festival in diesem Genre mit vielen herausragenden Momenten auf. Die Geschichten sind wieder weltumspannend, von Deutschland geht es nach Europa und in die entlegensten Winkel der Erde.
Die Kölner Filmemacherin Britta Wandaogo hat die Begegnungen mit ihrem Bruder Dirk über Jahre mit der Kamera festgehalten. NICHTS FÜR DIE EWIGKEIT (D 2011) ist die Geschichte einer Geschwisterliebe, die ihre Höhen und Tiefen hatte und durch Dirks Drogenabhängigkeit auf eine harte Probe gestellt wurde. In THE NYMPHS OF HINDU KUSH (GR 2011) entführt uns die griechische Regisseurin Anneta Papathanasiou in die weitgehend unbekannte Welt der Kalasha. Zwischen muslimischer Mehrheitsgesellschaft und den Herausforderungen der Moderne versucht die kleine Volksgruppe ihre ureigene Kultur und Religion zu bewahren. Als der Grieche Athanassios Lerounis von der NGO „Greek Volunteers“ von den Taliban kidnappt wird, bemühen sich die Kalasha mit vollem Einsatz um seine Freilassung.
Mythos oder Wirklichkeit? Das ist nur eine der Fragen, die L'HYPOTHÈSE DE MOKÉLÉ MBEMBÉ (F 2011) stellt. Marie Voignier begleitet den französischen Zoologen Michel Ballot auf einer außergewöhnlichen Expedition: Der französische Zoologe ist seit Jahren auf der Suche nach einem Wassertier, das im Dschungel Südkameruns existieren soll. Es geht in diesem dokumentarischen Essay um die Konfrontation zweier unterschiedlicher Kulturen und Wissenssysteme, aber auch um die Vermutung, dass der Empirismus des Westens doch Grenzen kennt? Für ihren Film EL LUGAR MÁS PEQUENO (MEX 2011) kehrte die salvadorianische Regisseurin und Fotografin Tatiana Huezo Sánchez in das Dorf ihrer Großmutter zurück – Cinquera: von den Spuren des jahrelangen Bürgerkriegs zwischen Guerilla und Militärregime gezeichnet. Sánchez ist eine leise, berührende Beobachtung gelungen, in der nicht nur die Schrecken der Vergangenheit, sondern auch der Lebens- und Aufbauwille der Überlebenden spürbar wird.

Die Globalisierung krallt sich auch die Kleinen: für eine mittelständische Dessous-Fabrik im französischen Orléans brechen harte Zeiten an, denn die Übernahme durch einen anderen Konzern steht vor der Tür. Die Angestellten sind hin- und hergerissen: sollen sie trotz aller Unsicherheiten versuchen, eine Kooperative zu gründen? Mariana Oteros ENTRE NOS MAINS (F 2010) ist ein Lehrstück in Sachen Solidarität und Arbeitskampf, der mit Humor und einem wundervoll musikalischen Ende überrascht.
Was bedeutet es, die Heimat zu verlieren und irgendwo anders ankommen zu müssen? In ihrer sehr persönlichen Auseinandersetzung mit der eigenen Flucht von Teheran nach Europa THE DAY I DISAPPEARED (IR 2011) gelingt es der Iranerin Atousa Bandeh Ghiasabadi auf beeindruckende Weise, ein Gefühl für das Fremdsein wie auch für den Prozess der Entfremdung zu vermitteln. Ihr Zugang ist assoziativ und poetisch: Sie zeichnet die Etappen der gefährlichen Reise nach, die sie als Kind unternommen hat, lässt Kindheitserinnerungen wiederaufleben und durchbricht den dokumentarischen Realismus immer wieder mit metaphorischen Verweisen und performativen Elementen.

Kurzfilmprogramme: Neben einem Programm mit polnischen Kurzfilmen zeigt das Frauenfilmfestival experimentelle Kurzfilme, die mit Tanz- und Performance-Elementen neue Bildräume kreieren. Hier finden eigentümliche Verwandlungen statt – Omas Wohnung wird zur Bühne für eine skurrile Studie über Seezungen (LA SOLE, ENTRE L'EAU ET LE SABLE) –, kleine Rollenspiele stellen die Welt des Fußballs auf den Kopf (NOGOMET) und Körper-Raum-Beziehungen erfahren völlig neue Möglichkeiten (WAS NICHT IN DIE SUPPE KOMMT, KOMMT INS KLO), um nur einige Filme zu nennen.
Die Lange Nacht der kurzen Filme ist eines der beliebtesten Programme des Frauenfilmfestivals. Formal gewohnt abwechslungsreich werden einen ganzen Abend lang Animationen, Musikfilme, Spiel-, Dokumentar- und Experimentalfilme gezeigt. Bei Bier und Chips darf gelacht, geweint und gestaunt werden. 143 WAGNISSE, IN FREE FALL, DAS TRANSLATOR, THE CHILD, nEKROPOLIS, LUCKY SEVEN, HOW TO PICK BERRIES und vieles mehr. Von kleinen Mutproben über den Sturzflug des Finanzsystems, einer plötzlichen Mutterschaft, Stadtbildern zwischen Konstruktion und Dekonstruktion bis hin zu amüsanten Übersetzungsquerelen und dem Wahnsinn der Globalisierung in den Weiten der finnischen Provinz – die Lange Filmnacht hat einiges zu bieten. Außerdem sorgen die Kolleginnen vom Frauenfilmfestival FEM Cine in Santiago de Chile für eine Überraschung: sie bringen den Gewinner ihrer diesjährigen Ausgabe mit nach Köln.

Quelle: IFFF - Internationales Frauenfilmfestival Dortmund|Köln

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