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„Die drei Protagonisten des heutigen Tages haben mit ihrem künstlerischen Potential Grenzüberschreitung geradezu zum Programm gemacht und unsere Spiel- und Denkräume ungemein erweitert“, mit diesen Worten eröffnete Klaus Dieter-Lehmann den Festakt im Weimarer Stadtschloss. Dem Goethe-Institut gehe es bei seiner Arbeit nicht darum „Theater made in Germany“ in die Welt zu exportieren, sondern Begegnungen der Künstlerinnen und Künstler und gegenseitiges Kennenlernen zu ermöglichen. Mit ihrem Schaffen hätten die diesjährigen Preisträger der Goethe-Medaille dazu einen entscheidenden Beitrag geleistet und „jeweils auf einzigartige Weise und mit neugierigem Geist Kulturaustausch auf höchstem Niveau betrieben“, so Lehmann weiter.
Die Verleihung fand am 28. August um 11 Uhr im Stadtschloss Weimar statt in Anwesenheit von Claudia Roth, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, dem Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Thüringen Christoph Matschie und dem Oberbürgermeister der Stadt Weimar Stefan Wolf.

Für ihr Wirken als besondere Mittlerin zwischen den europäischen Theaterszenen erhält Krystyna Meissner die Goethe-Medaille. Meissner wurde 1933 in Polen geboren, wo sie heute den Spitznamen „Iron Lady of Polish Theatre” trägt. Sie blickt auf eine langjährige Karriere zurück, während der sie Ensembles und Festivals leitete und als Regisseurin für Oper, Theater und Fernsehen tätig war. Als Initiatorin und Leiterin der internationalen Festivals „Kontakt“ und „Dialog-Wrocław“ schuf Meissner Drehscheiben für Theaterschaffende und Produktionen aus ganz Europa. Viele deutsche Regisseure und Choreografen verdanken Meissner ihr erstes Gastspiel in Polen, darunter Thomas Ostermeier, Christoph Marthaler, Sasha Waltz, Jossi Wieler, Stefan Pucher und Peter Stein. Auch das Goethe-Institut blickt auf eine lange Zusammenarbeit mit der Intendantin zurück, die seit Meissners Zeit als Leiterin des Festivals „Kontakt” besteht. Bis heute ist Meissner als Regisseurin aktiv und wirkt bei verschiedenen deutsch-polnischen Projekten mit. In ihrer Laudatio brachte die Dramaturgin und Journalistin Renate Klett Meissners Bedeutung für die Bühnen in Europa in einem Satz auf den Punkt: „Die Ausländer bewundern das polnische Theater, die Polen das internationale, und beide zusammen Krystyna Meissner für ihren Mut und ihr Geschick.“

„Mit Robert Wilson würdigen wir eine international angesehene Persönlichkeit, die uns mit ihren Arbeiten neue Lesarten deutscher Kultur ermöglicht hat“, begründete die Auswahlkommission der Goethe-Medaille die Nominierung des amerikanischen Regisseurs. Robert Wilson wurde 1941 in Waco, Texas, geboren, studierte Betriebswirtschaft, Architektur und Bühnenbild und prägt seit den Sechzigerjahren die Bühnen der Welt mit seinen außergewöhnlichen Inszenierungen, die stets eine Kombination aus Tanz, Bewegung, Licht, Bildhauerei, Musik und Text sind. Schon früh hat Robert Wilson auch in Deutschland gearbeitet, viele seiner Werke wurden hier erstmals aufgeführt und gaben dem deutschen Theater wichtige Impulse. Wilson entdeckte Stücke deutscher Autoren, darunter Heiner Müller und Tankred Dorst, auf ganz eigene Weise neu und überführte Stücke und Stoffe von Büchner, Brecht und Strauss ins internationale, zeitgenössische Theater. Dadurch wurde Robert Wilson zu einem der Protagonisten des deutsch-amerikanischen Kulturaustauschs der letzten Jahrzehnte. Heute lebt Robert Wilson als künstlerischer Leiter des von ihm gegründeten Watermill Centers in New York. In seiner Laudatio auf Robert Wilson, zog Thomas Oberender, Intendant der Berliner Festspiele, den Vergleich zwischen Wilson und Goethe: „Beide haben über ihren Kulturkreis hinaus gewirkt und dessen Grenzen durchlässiger gemacht, waren Agenten des Austauschs, Übersetzer in der einen oder anderen Weise.“
Gerard Mortier wird die Goethe-Medaille posthum verliehen. Das Goethe-Institut ehrt den im März verstorbenen Intendanten als einen der wichtigsten europäischen Kulturprotagonisten und mutigen Erneuerer des Musiktheaters. Immer wieder habe er auf zentralen Positionen auch die deutsche Opern- und Kulturszene geprägt, so Lehmann. Dazu gehörten Stationen des 1943 in Gent geborenen studierten Juristen und Kommunikationswissenschaftlers als Intendant und Künstlerischer Leiter der Salzburger Festspiele und der Ruhrtriennale. Stets war es ihm dabei ein Anliegen, vor allem auch ein junges Publikum für die Oper zu begeistern. Die Entscheidung, Gerard Mortier die Goethe-Medaille zu verleihen, fiel vor seinem Tod, die Nachricht darüber soll er noch mit großer Freude aufgenommen haben. Sein langjähriger Weggefährte Silvain Cambreling hat die Auszeichnung nun für ihn entgegengenommen. Cambreling ist derzeit der Generalmusikdirektor der Oper Stuttgart und Principal Conductor des Yomiuri Nippon Symphony Orchestra Tokyo. In ihrer Laudatio auf Gerard Mortier charakterisierte Nike Wagner, die Leiterin des Beethovenfests Bonn, seine Arbeit als visionär, ihn selbst als Weltenbürger. „Die Furchtlosigkeit, mit der Mortier agierte, nur aus dem Impetus des Kunstmenschen heraus, des Künstlerintendanten, war so eindrucksvoll wie spektakulär“, so Wagner.

Gemeinsam mit dem Kunstfest Weimar veranstaltet das Goethe-Institut am Tag der Verleihung ein Gespräch mit Krystyna Meissner, Robert Wilson und Sylvain Cambreling. Die Diskussion zum Thema „Faszination deutsches Theater“ moderiert Christina von Braun, Kulturwissenschaftlerin und Vize-Präsidentin des Goethe-Instituts.
Die Goethe-Medaille wurde 1954 vom Vorstand des Goethe-Instituts gestiftet und 1975 von der Bundesrepublik Deutschland als offizieller Orden anerkannt. Von 1992 bis 2008 wurde sie jährlich anlässlich des Todestags Goethes in Weimar verliehen. 2009 fand die Verleihung erstmals am 28. August, dem Geburtstag Goethes, statt.
Seit der ersten Verleihung 1955 sind insgesamt 335 Persönlichkeiten aus 62 Ländern geehrt worden. Zu den Preisträgern gehören unter anderen Adonis, Daniel Barenboim, Pierre Bourdieu, David Cornwell alias John le Carré, Sir Ernst Gombrich, Lars Gustafsson, Agnés Heller, György Ligeti, Ariane Mnouchkine, Sir Karl Raimund Popper, Jorge Semprún, Billy Wilder oder Helen Wolff.
Die Verleihung wird in enger Partnerschaft mit der Klassik Stiftung Weimar und der Stadt Weimar veranstaltet. Das Gespräch mit den Preisträgern ist eine Kooperation mit dem Kunstfest Weimar.

Quelle: Goethe-Institut Zentrale

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