News-Port

Im Rahmen des Projektes „Archäologie München“, angesiedelt bei der Archäologischen Staatssammlung, wird Archäologie in der Münchner Innenstadt für alle sichtbar. An 13 markanten Orten werden vom 16. Mai bis 31. Oktober Stelen aufgestellt, die Passantinnen und Passanten auf bedeutende archäologische Fundstellen aufmerksam machen sollen. Auf diese Weise wird die Stadt zum archäologischen Schaufenster.

 

Allein in der Münchner Altstadt fanden bislang über 250 Ausgrabungen statt. Um die Fundobjekte und das damit verbundene Wissen möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern zugänglich zu machen, werden besonders spannende Fundstücke regelmäßig an unterschiedlichen Orten in der Münchner Innenstadt vorgestellt. Erklärtes Ziel: einen Einblick in Alltagsleben, Umwelt und Stadtbild Münchens seit dem Mittelalter zu geben. In den letzten Jahren haben bereits mehrere Geschäfte an den so genannten Pop-up-Ausstellungen teilgenommen.

 

Nach der Wiedereröffnung der Archäologischen Staatssammlung Mitte April 2024 sind nun einige der Objekte in die neue Dauerausstellung integriert worden und können direkt im Museum in der Lerchenfeldstraße bewundert werden. Um ihre Geschichte auch direkt am Auffindungsort sichtbar zu machen, weisen ab Mai zusätzlich Stelen auf die historischen Schmankerl aus der bayerischen Landeshauptstadt bzw. auf längst vergessene Orte hin. Im Fokus stehen dabei Funde von den umfangreichen Ausgrabungen am Marienhof (2011-2018) sowie andere aus dem Altstadtbereich. Dazu zählen unter anderem Gegenstände aus dem Grab der "Ältesten Münchnerin" (13.-12. Jh. v. Chr.) wie Keramikgefäße und Gewandnadeln, gefunden bei Ausgrabungen im Apothekenhof der Residenz. Bis ins 20. Jahrhundert war München von Stadtbächen und Isar-Armen durchzogen – die meisten wurden beim U-Bahn-Bau in den 1960ern trockengelegt bzw. verlaufen heutzutage unterirdisch. Zeuge jener Zeit ist ein am Marienhof gefundener mittelalterlicher Fischkasten (Ende 13. Jh.), in dem die Tiere gehalten wurden. Ein 700 Jahre alter Keramiktopf (spätes 13./frühes 14. Jh.) gibt Aufschluss über Essgewohnheiten seiner Besitzer, die offenbar gerne Mus einkochten. Spektakulär ist auch einer von 15 ausgegrabenen Schächten (Nummer 5) – ein mit Holz verkleideter Brunnenschacht mit rätselhaftem Kuhskelett, nun ebenfalls im „neuen“ Museum zu sehen. Ob das Rätsel gelüftet werden kann, verrät die zugehörige Stele. Die verbauten Stämme sind in jedem Fall gesichert auf das Jahr 1261 zurückzuführen und in Gänze erhalten.


Dass am heutigen Marstallplatz einst einer der frühesten Renaissancegärten nördlich der Alpen stand, weiß in München heute fast niemand mehr. Farbige Keramikfragmente zeugen von einem prächtigen Kachelofen, der dort bis 1600 in einem Pavillon gestanden haben muss und bereits 1994/95 ausgegraben wurde. An der Stelle des heutigen Max-Joseph-Platzes hingegen prägten seit dem 13. Jahrhundert im sog. Franziskanerviertel neben einem Männerkloster auch Nonnen das Stadtbild – bis sie 1802 anlässlich der Säkularisation den Ort aufgeben mussten. 1982 wurden ihre Grüfte beim Bau der Tiefgarage entdeckt, mit Grabbeigaben wie Christusfiguren und Rosenkränzen.


Manche der Geschichten, die sich um die Funde weben, sind durchaus ungewöhnlich. So wurde in der ehemaligen Weinschenke in der Weinstraße 7 neben Getränken in früher Zeit auch Medizin vertrieben, unter anderem Quecksilbersalbe gegen Syphilis – gefunden in einer Holzdose aus dem 16. Jahrhundert.

Mit den aufgestellten Stelen wollen die Mitwirkenden am Projekt für das Thema Archäologie „vor der eigenen Haustüre“ sensibilisieren und Lust darauf machen, Geschichte vor Ort und in der eigenen Stadt zu entdecken – im Alltag und in aller Kürze informierend. Ist die Neugierde einmal geweckt, können Interessierte die angesprochenen Objekte dann vor Ort im Museum bestaunen.

 

Stelen-Orte:
1. Odeonsplatz, Eingang zum Hofgarten: Ein antikes Grabrelief
2. Apothekenhof der Residenz: Die "Älteste Münchnerin"
3. Marstallplatz, Alfons-Goppel-Straße/Ecke Hofgartenstraße: Ehemaliger Lustgarten, der Vorgänger des Hofgartens
4. Residenz, Max-Joseph-Platz/Ecke Residenzstraße: Die Nonnen vom Max-Joseph-Platz, Klöster und Gruft
5. Alter Hof, Innenhof: Die erste Residenz
6. Sparkassenstraße, vor dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege: Der Pfisterbach, ein Münchner Stadtbach
7. Marienhof, Dienerstraße (Höhe Baustelleneinfahrt): Eine wahre Fundgrube, die Ausgrabungen 2011 bis 2018
8. Marienhof, Dienerstraße (Höhe Baustelleneinfahrt): Unzerstörbares Geschirr aus dem ehemaligen Café Deistler sowie ein Mustopf
9. Marienhof, Dienerstraße (Höhe Baustelleneinfahrt): Was macht die Kuh im Schacht? Der "Schacht 5" und seine Funde
10. Weinstraße 7, Seite Filserbräugasse: Quecksilber gegen Syphilis, Medizin aus einer Weinschänke
11. Dienerstraße, Ecke Marienplatz: "Jedem Zecher sein Becher", die ehemalige Ratstrinkstube
12. Neuhauser Straße 14 vor der Bürgersaalkirche: Kapellenstraße, Bürgerhäuser und Jesuitenkolleg
13. St.-Jakobs-Platz am Kloster: Ein Pilgerzentrum im Mittelalter sowie dort ansässige Paternosterer

 

Das Projekt „Archäologie München“, angesiedelt bei der Archäologischen Staatssammlung, existiert seit 2014. Anlass für die Gründung des Forschungsprojektes war u. a. die große Marienhofgrabung im Rahmen des Baus der zweiten Stammstrecke. Finanziell wird es von der Landeshauptstadt München gefördert. Ebenfalls beteiligt sind: Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege; die LMU München: Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie; das Münchner Stadtmuseum; das Stadtarchiv München; die Staatssammlung für Paläoanatomie München; die Untere Denkmalschutzbehörde München und das Büro für Denkmalpflege Regensburg.
Weitere Informationen unter: www.archaeologie-muenchen.de

 

Quelle: Archäologische Staatssammlung

Kommentar verfassen
(Ich bin damit einverstanden, dass mein Beitrag veröffentlicht wird. Mein Name und Text werden mit Datum/Uhrzeit für jeden lesbar. Mehr Infos: Datenschutz)

Kommentare powered by CComment


Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.