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Die Aufarbeitung der kolonialen Geschichte und ihrer Folgen gehört zu den zentralen erinnerungspolitischen Aufgaben. Seit Ende der 1990er Jahre haben verschiedene zivilgesellschaftliche Gruppen, unter ihnen insbesondere die Black Communities und People of Color (BPoC), mit hohem Engagement und großer Kreativität das Thema in die öffentliche Aufmerksamkeit gebracht. Als erste deutsche Metropole hat sich Hamburg 2014 schließlich zur Aufarbeitung dieses schwierigen Erbes entschieden. Nun hat am Freitag, 26. Februar, der Beirat zur Dekolonisierung Hamburgs beim Runden Tisch Koloniales Erbe ein Eckpunktepapier für ein dekolonisierendes Erinnerungskonzept vorgestellt.

 

Seit dem Senatsbeschluss von 2014 ist in Hamburg viel in Bewegung gekommen. An der Universität Hamburg wurde die Forschungsstelle „Hamburgs (post)koloniales Erbe / Hamburg und die frühe Globalisierung“ eingerichtet. Die Hamburger Museen und Theater haben sich verstärkt des Themas angenommen. Mit dem Runden Tisch Koloniales Erbe hat die Behörde für Kultur und Medien 2017 einen breit angelegten zivilgesellschaftlichen Beteiligungsprozess gestartet. Um den für den Prozess notwendigen Perspektivwechsel zu gewährleisten, hat der Senator für Kultur und Medien 2019 den Beirat zur Dekolonisierung Hamburgs berufen. Der Beirat ist interdisziplinär und intersektional mit engagierten Expertinnen aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Kultur, Bildung, Kunst, Medien, Soziales, Wirtschaft und Verwaltung besetzt, die mehrheitlich einen migrantisch-diasporischen Hintergrund aus den Schwarzen und PoC-Communities haben. Sie bringen aus den ehemals kolonisierten Ländern ihre eigenen Perspektiven ein.

 

Dekolonisierung betrifft jedoch nicht nur den Wissenschafts- und Kulturbereich, sondern die gesamte Stadtgesellschaft. Deshalb nennt das nun vorgelegte Eckpunktepapier, das an die Beratungen des Runden Tisches anknüpft, neben den Themen- und Aufgabenfeldern von Wissenschaft und Forschung, Museen und Gedenkstätten, Theater, Literatur, Bildende Kunst, öffentliche Erinnerungsorte und Straßennamen auch die Bereiche Kita, Schule und Bildung, internationale Kooperationen und Städtepartnerschaften, Wirtschaft und Umwelt, Gesundheitswesen sowie Fragen des strukturellen Rassismus.

 

Das Papier bildet die Grundlage für den weiteren Prozess der Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit. Die Behörde für Kultur und Medien wird nun im Dialog mit den Interessengruppen und den betroffenen Behörden und Institutionen konkrete Schritte auf den Weg bringen. Dazu gehört unter anderem der Umgang mit kolonial belasteten Straßennamen und anderen Spuren kolonialer Vergangenheit im Stadtraum, der laufende Aufklärungsprozess an den Museen über Sammlungsgut aus kolonialen Unrechtskontexten und die verstärkte Zusammenarbeit und der Austausch mit Bund, Ländern und Kommunen zu dem Thema.

 

Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Ich danke dem Beirat zur Dekolonisierung Hamburgs für die Ausarbeitung des vorgelegten Eckpunktepapiers. Das breite Themenspektrum zeigt, wie die Folgen des Kolonialismus mit allen Bereichen unseres heutigen Lebens verwoben sind. Ich habe die Hamburger Behörden eingeladen, zusammen mit dem Beirat dieses Papier zu einem stadtweiten Erinnerungskonzept auszuarbeiten, in dessen Rahmen wir gemeinsam die Aufgabenfelder weiter ausarbeiten und konkrete Maßnahmen zur schrittweisen Umsetzung definieren wollen. Ziel ist es, dass wir uns in allen betroffenen Bereichen unserer Verantwortung stellen und endlich unsere koloniale Vergangenheit ehrlich und umfassend aufarbeiten.“

 

Kodjo Valentin Gläser und Jonas Prinzleve für den Beirat zur Dekolonisierung Hamburgs: „Der Kolonialismus war ein Unrechtssystem von Herrschafts- und Gewaltverhältnissen, von Versklavung, Vertreibung und Krieg bis hin zum Völkermord. Hamburg war als Hafenstadt über Jahrhunderte eine der einflussreichsten Kolonialmetropolen Europas. Daher steht die Hansestadt heute in besonderer Verantwortung, ihre koloniale Geschichte selbstkritisch aufzuarbeiten. Mit der Entwicklung des dekolonisierenden Erinnerungskonzepts erkennt Hamburg seine Rolle und historische Verantwortung als Handelsmetropole im Zeitalter des deutschen, dänischen und europäischen Kolonialismus und Imperialismus an. Ziel des Konzepts ist zum einen, die gesamte Hamburger Stadtgesellschaft – Zivilgesellschaft, Institutionen, Verwaltung – in die Auseinandersetzung mit der Geschichte und den Folgen des Kolonialismus einzubinden. Zum anderen sollen in dem Erinnerungskonzept die bis heute nachwirkenden Folgen des Kolonialismus in Hamburg und in den ehemaligen deutschen und dänischen Kolonien berücksichtigt werden.“

 

Quelle: Behörde für Kultur und Medien Hamburg

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