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Der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (HAB) ist ein spektakulärer Neuerwerb gelungen:  Für rund 2,8 Millionen Euro hat die HAB das „Album Amicorum“, das „Große Stammbuch“ von Philipp Hainhofer gekauft. In diesem reich illustrierten Album, einer frühen Form des „Freundschaftsbuchs“, haben sich zwischen 1596 und 1647 Kaiser, Könige und Fürsten, Diplomaten und Militärs handschriftlich verewigt. Das 227 Seiten umfassende Werk enthält zahlreiche von teils namhaften Künstlern gestaltete, reich verzierte Schmuckseiten.

 

Finanziert wird der Kauf mit Mitteln der Kulturstiftung der Länder, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der VolkswagenStiftung (im Rahmen des Niedersächsischen Vorab), der Herzog August Bibliothek (Wittchow-Aschoff-Stiftung), der Ernst von Siemens-Kunststiftung, der Stiftung Niedersachsen und der Rudolf-August Oetker-Stiftung. Das Land Niedersachsen finanziert darüber hinaus aus Mitteln des Niedersächsischen Vorab der VolkswagenStiftung ein dreijähriges Forschungsprojekt an der HAB mit 300.000 Euro, das die Entstehung und Geschichte des Stammbuchs und seiner künstlerischen Ausgestaltung untersucht.

 

Lange war es in Privatbesitz und der Öffentlichkeit entzogen - nun kehrt das „Große Stammbuch“ Philipp Hainhofers an den Ort zurück, der nach Meinung der Fachwelt weltweit am besten für die Erforschung und Präsentation geeignet ist: die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel. Es war der HAB von einem privaten Sammler über das Auktionshaus Sotheby`s exklusiv angeboten worden.

 

„Der Erwerb des ‚Großen Stammbuchs‘ Hainhofers ist eine Sensation und ein Glücksfall für den Kulturguterhalt in Deutschland“, sagt Björn Thümler, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur. „Alle Beteiligten haben sich mit voller Kraft dafür eingesetzt, das kunst- und kulturhistorische Kleinod an die HAB nach Wolfenbüttel zu holen, was als erster bereits Herzog August der Jüngere selbst 1648 nach Hainhofers Tod versucht hatte. Die Rückkehr des Album Amicorum nach Deutschland liegt nicht nur im Interesse Niedersachsens, sondern der gesamten Bundesrepublik. Denn damit ist sichergestellt, dass der herausragende Kulturschatz nationalen Ranges auf Dauer für die Allgemeinheit zugänglich sein wird.“

 

Prof. Dr. Peter Burschel, Direktor der Herzog August Bibliothek: „Das ‚Große Stammbuch‘ Philipp Hainhofers ist die wichtigste Erwerbung der Herzog August Bibliothek seit dem Kauf des Evangeliars Heinrichs des Löwen und Mathildes von England: kulturgeschichtlich, kulturanthropologisch – und nicht zuletzt ästhetisch. Das Stammbuch ist mit dem Kauf erstmals umfassend und uneingeschränkt der Forschung zugänglich. Die Einblicke, die es in die frühneuzeitliche politische Kultur des Handels und des Handelns mit Kunst gewährt, suchen ihresgleichen. Die Herzog August Bibliothek stärkt mit dem Kauf ihre Stellung als eine der wichtigsten Forschungsbibliotheken weltweit. Ausstellungen, die das Stammbuch auch einem größeren Publikum zugänglich machen werden, sind bereits in Planung. Ich freue mich sehr über den Kauf – und danke allen, die dazu beigetragen haben.“

 

Kulturstaatsministerin Monika Grütters: „Es ist ein Segen für die Bewahrung und Erforschung des kulturellen Erbes Deutschlands, dass dieses außergewöhnliche Zeugnis der frühen Neuzeit nun aus dem Privatbesitz in die Sammlung der Herzog August Bibliothek wechselt. Das ‚Große Stammbuch Philipp Hainhofers‘ glänzt nicht nur mit seiner unvergleichlichen Bildausstattung. Vielmehr ist es auch ein beeindruckendes historisches Dokument über die Entstehungsgeschichte des Dreißigjährigen Kriegs. Damit es künftig dauerhaft zugänglich ist für Wissenschaft, Forschung und die Öffentlichkeit, hat der Bund diesen Ankauf gern unterstützt.“

 

Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Das ‚Große Stammbuch‘ Philipp Hainhofers zeigt beispielhaft, wofür die Kulturstiftung der Länder einst gegründet wurde: Mit dem Ankauf wird es in den Zusammenhang des Nachlasses Hainhofers eingefügt, erforscht, digitalisiert und so der Wissenschaft und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ich freue mich ganz besonders, dass diese Erwerbung für die Herzog August Bibliothek im niedersächsischen Wolfenbüttel gelungen ist, mit der der ,Gründungsmythos‘ der Kulturstiftung der Länder aufs Engste verbunden ist: Die Erwerbung des Evangeliars Heinrichs des Löwen im August 1983 für Wolfenbüttel hat damals zu der Einsicht geführt, dass es einer Einrichtung bedarf, die in der Lage ist, solche kultur- und kunsthistorisch herausragenden Ankäufe zu koordinieren, umzusetzen und zu fördern.“

 

Dr. Katharina zu Sayn-Wittgenstein, Senior Director, Office Head, Sotheby‘s Hamburg: „Es hat 373 Jahre gebraucht, um das Große Stammbuch von Philipp Hainhofer an eine der besten und historisch bedeutendsten Bibliotheken unserer Zeit zu bringen – die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Sotheby’s war es eine ehrenvolle Aufgabe und ganz besondere Freude, die Wolfenbütteler Bibliothek von Beginn an bei dem Vorhaben zu unterstützen, die illuminierte Handschrift mithilfe des niedersächsischen Ministeriums für Kultur und namhafter Institutionen in ihre Sammlung aufzunehmen.“

 

Von Hainhofers insgesamt vier Stammbüchern ist das sogenannte Große Stammbuch das kunst-und kulturhistorisch bedeutendste. Laut Expertenmeinung überragt es in Ausstattung und politischer Bedeutung alle weiteren 25.000 dokumentierten Stammbücher weltweit. Bis 2006 galt es in der Forschung als verschollen. Zwei weitere Stammbücher Hainhofers befinden sich, neben dem fast vollständigen Nachlass Philipp Hainhofers, bereits in der HAB.

 

Der Augsburger Kunsthändler und Diplomat Philipp Hainhofer war in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts die bedeutendste Vermittlerpersönlichkeit für Kunst sowie politische und kulturelle Informationen nördlich der Alpen. Als „cultural broker“ überschritt er beständig konfessionelle und politische Grenzen. Hainhofer war für seine fürstlichen Auftraggeber nicht nur Lieferant von Luxusgütern (am berühmtesten die sog. „Kunstschränke“, Wunderkammern en miniature), sondern zugleich ‚Agent‘, der seine Korrespondenten, darunter auch Herzog August in Wolfenbüttel, mit Informationen über politische, familiäre und künstlerische Neuheiten versorgte. Wichtig war das Stammbuch für ihn auch als Medium im diplomatischen Austausch. Es verschaffte Hainhofer Zugang zu den bedeutendsten politischen Entscheidungsträgern seiner Zeit, da es zur damaligen Zeit bereits als Sensation galt.

 

Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur

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