News-Port
Die Misere und der Mangel an Räumen für Künstler ist ein Problem aller großen Metroplen in Deutschland. In Hamburg steht das Gängeviertel dafür, in Berlin gleich mehrere Quartiere und die "Kunstprozession" sowie in München die Praterinsel.


Flatz wird im November für seine Kunst ins Gefängnis gehen - seine Künstlerfreunde und Sympathisanten verabschieden ihn mit einer Überraschungsparty die am Freitag, 30.10. um 19 Uhr bei ihm im Praterinsel-Innenhof statt findet. Dabei wird die seit längerem leerstehende Praterinsel - u.a. Künstlerateliers und Ausstellungsflächen künstlerisch und musikalisch besetzt, um sie zumindest vorübergehen vom Nicht-Ort zum Ort zu machen. Ein paar hundert Münchner Künstler tun sich dafür zusammen. Dazu sind Medienvertreter, heimische Künstler und Sympathisanten eingeladen.
Freitag, den 30. Oktober ab 19 Uhr im Innenhof der Praterinsel bei Flatz

Programm u.a.:
- Die Express Brass Band begleitet einen Trauermarsch für die Münchner Off-Kunstszene.
- Licht- und Videoinstallationen, sowie ein Videotheaterstück zur Situation der Münchner Künstler.

Eine entsprechende künstlerische Aktion wird zwei Wochen später auch in Berlin (Karneval der Galerien, von dortigen Kunstschaffenden getragen) stattfinden.

Der Aufruf der Münchner Künstler lautet:

WIR SIND MÜNCHEN…

° und besetzen die Praterinsel für einen Abend wieder künstlerisch

° und fordern damit die Stadt auf , nicht tatenlos zuzuschauen, wie die von ihr festgeschriebene „kulturelle Nutzung“ der Praterinsel von Privatinvestoren weiter ausgehöhlt wird. So steht unter anderem das sogenannte Künstlerhaus auf der Praterinsel, in dem einst Dutzende Münchner Künstler Ateliers unterhielten, seit drei Jahren leer. 2006 wurden die Künstler unter dem Vorwand einer „Renovierung“ entmietet, seitdem dient das Haus den neuen Eigentümern offensichtlich als reines Spekulationsobjekt.

° weil wir verhindern möchten, dass dieser Ort zu einem Nichtort verkommt, die Praterinsel zur „PRADA“ Insel wird als kulturfreie Verlängerung der Maximilianstraße.

° weil die Praterinsel allen Münchner Bürgern etwa im Rahmen einer Nutzung als städtische Kommunikationsplattform mit sozialem und kulturellem Hintergrund offen stehen sollte. Dieser schöne und zentrale Ort in München darf nicht einer privaten und geschlossenen Gesellschaft vorbehalten werden.

° weil München eine sehr schöne Museumsinsel hat, die sich kosmopolitisch sehen lassen kann, die Stadt aber ihren eigenen Künstler kaum einen erschwinglichen Platz zum Arbeiten, Ausstellen, Kommunizieren bietet.

° damit die Insel im Rahmen einer Luxussanierung nicht in Zukunft ein anonymer Ort für einkommensstarke Bevölkerungsgruppen wird, sich hier wiederholt, was gerade auch in anderen zentralen Vierteln Münchens passiert: Die Verdrängung einer heterogenen Bevölkerung an die Ränder – und die Umwandlung des Stadtzentrums zu toten Rendite-Objekten, die bestenfalls als kommerzielle Projektionsfläche dienen.

° und erinnern daran, dass sich die Bedingungen für Künstler in München zunehmend verschlechtern, von Künstlern bespielte Orte (u.a. die Domagkateliers, die Praterinsel, die Blumenstraßen-Ateliers, und selbst die White Box ist gefährdet) verschwinden, immer weniger Raum für die Kunstproduktion und das Kreativsein bleibt, da das materielle Überleben in München den Künstlern einen Großteil ihrer Energie abverlangt.

° möchten auf der Praterinsel deshalb einen Umtrunk zur Wiederbelebung gefährdeter Kunst-Orte abhalten, um die Lücke wenigstens für einen Moment (mit Kunst und Musik) zu füllen.

Quelle: "Wir sind München"