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Nobelpreis für Literatur an Herta Müller.

Herta Müller, so sperrig sich manche ihrer Bücher auch lesen, ist eine große Autorin, die die Ehrung aus Schweden zu recht erhält. Die Ehrlichkeit der Schilderungen ist es, die beeindruckt, die dem Leser die Gräuel und Leiden zeigt, an die viele Menschen nicht mehr denken wollen. An die wir alle aber denken sollten - gerade im 20. Jahr der Erinnerung an den Mauerfall. Die Diktatur der Arbeiter und Bauern hat Folgen bis heute - auch das wollen viele Menschen am liebsten vergessen oder in der Rücksicht verklären. Herta Müllers Bücher, die politische Literatur im besten Sinne sind, können dabei helfen, die Erinnerung in die richtige Richtung zu leiten. Das macht sie so wichtig. Und so unbequem.

Quelle: Ostsee-Zeitung


Man spricht deutsch.

Drei Treffer in den letzten zehn Jahren - da kann sich die deutschsprachige Literatur kaum über mangelnde Gunst der Nobelpreis-Juroren beschweren. Nach dem insgesamt unumstrittenen Günter Grass und der höchst kontrovers bewerteten Elfriede Jelinek dürfte Herta Müller in der Mitte liegen: gewiss keine längst überfällige Kandidatin, aber eben auch alles andere als eine schwedische Verlegenheitslösung.

Zweifellos vereint Müller sprachliche Kraft mit politischem Anspruch, den eine leidvolle Biografie beglaubigt. Und natürlich hat das eindringlich beschworene Trauma eines geknebelten Lebens globale Symbolkraft. Doch obwohl solche Schicksale auch in Afrika, Asien oder Amerika zwischen Buchdeckel gepresst werden, ist das noble Preisgericht wieder einmal in Europa fündig geworden. Nur drei nichteuropäische Sieger in den letzten 15 Jahren - der Rest der Welt sitzt offenbar am Stockholmer Katzentisch. Da sollte man sich vielleicht einmal anschauen, wie generös etwa der japanische Kyoto-Preis an große Geister anderer Erdteile verliehen wird.

Geradezu brüskierend wirkt mittlerweile die Missachtung der hochklassigen amerikanischen Literatur. Gerade einmal zwei Sieger (Isaac Bashevis Singer, Toni Morrison) gestand man den Vereinigten Staaten in den letzten 30 Jahren zu und ignorierte die Giganten der US-Literatur geradezu aufreizend. An John Updike kann man diese Ignoranz nicht mehr gut machen, und Philip Roth könnte wohl noch 30 imposante Alterswerke schreiben, ohne von der Schwedischen Akademie belohnt zu werden.

Letztere scheint ohnehin zwei Aversionen zu hegen: gegen besonders auflagenstarke Stars des Literaturbetriebs, und gegen langjährige Favoriten wie Amos Oz und Assia Djebar. Da kürt man im Zweifelsfall lieber biografisch schillernde, künstlerisch eher mediokre Außenseiter wie Vorjahressieger Le^Clezio. Herta Müller indessen sollte sich auch durch Reich-Ranickis pikiertes Schweigen nicht irritieren lassen: Sie ist eine würdige Siegerin.

Quelle: Kölnische Rundschau


Nobelpreis für Herta Müller - Eine würdige Wahl.

Berühmt ist Herta Müller seit der gestrigen Nobilitierung aus Stockholm, aber gerühmt wird sie schon seit langem, von Kennern: Kaum ein Jahr seit 1984, in dem sie nicht mit einem Literaturpreis ausgezeichnet wurde. So lässt der dritte Nobelpreis für deutschsprachige Autoren binnen zehn Jahren wieder an die Nation der Dichter und Denker glauben; er zeichnet aber auch das unsystematische System unserer Literaturförderung aus, das mit seiner Vielzahl an Preisen offenbar doch das fördert, was gut ist. Einmal mehr ging der Preis also nach Europa, einmal mehr blieben die Amerikaner außen vor. Ein Autor wie Philip Roth, seit Jahren als Kandidat für den Preis gehandelt, wird gut daran tun, die Entscheidung des Nobel-Komitees politisch zu verstehen. Herta Müller selbst ist schließlich eine eminent politische Autorin. Sie machte aus der Erfahrung mit der Ceausescu-Diktatur Terror und Sehnsucht nach Freiheit zum Lebensthema. Und setzt die Reihe solcher Preisträger wie Heinrich Böll und Günter Grass konsequent fort. Nur dass Herta Müllers Werke sprachlich noch kühner, noch virtuoser, noch poetischer ausfallen als die ihrer Vorgänger. Schon deshalb ist sie eine mehr als würdige Preisträgerin.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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