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Das 17. Filmfest Hamburg lädt Filmfreunde und Filmschaffende ins junge Kino der Türkei ein. Die acht Autorenfilmer stammen aus verschiedenen Städten und Landstrichen der Türkei und erzählen intensive, explosive Geschichten aus der türkischen und kurdischen Lebenswelt. Filmfestleiter Albert Wiederspiel ist beeindruckt "von der cineastischen Poesie der Geschichten sowie von dem Mut und Selbstbewusstsein der Filmemacher und Filmemacherinnen.

Den Filmen ist eine auf Ruhe und Langsamkeit vertrauende Bildsprache gemein mit langen Einstellungen und einer intensiven Symbolik. Sie repräsentieren die Vielfalt und hohe Qualität des jungen türkischen Cinemas."

In der Filmreihe, die aus fünf Spielfilm- und einer Dokumentarfilm-Deutschland-Premieren besteht, ist der in Ankara geborene, mittlerweile in Berlin lebende, kurdischstämmige Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Miraz Bezar (*1971) mit seinem Spielfilmdebüt "Before My Eyes" ("Min dit", 2009) vertreten. Das intensive, jedoch mit leichter Hand inszenierte Drama bezieht sich auf einen Konflikt aus den 90ern und erzählt aus der Perspektive eines jungen Geschwisterpaares vom Überlebenskampf in einem südostanatolischen Dorf nach dem brutalen Mord an ihren Eltern. Ko-Produzenten der Bezar Spielfilmproduktion sind Fatih Akin und Klaus Maeck. Eine weitere couragierte Vertreterin des kurdischen Films ist die an der Grenze zu Armenien in der osttürkischen Provinz Kars geborene, am Schwarzen Meer aufgewachsene und in Istanbul studierte Architektin, Journalistin und Regisseurin Yesmin Usaoglu (*1960).

Nach "Waiting for the Clouds" (2004) und "Journey to the Sun" (1999) stellt Usaoglu ihr in San Sebastián ausgezeichnetes Familiendrama "Pandora's Box" ("Pandoranin kutusu", 2008) vor. Darin spielt die 90-jährige Französin Tsilla Chelton eine an Alzheimer erkrankte alte Frau, die von ihren erwachsenen, in Istanbul lebenden Kindern in ihrem Heimatdorf am Schwarzen Meer gesucht wird - eine unmittelbare, sensible, tragisch-komische und zugleich universale Drei-Generationen-Geschichte. In "10 to 11" ("11'e 10 kala", 2009) lässt Pelin Esmer (*1972) zwei Männer unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Lebensgewohnheiten und Lebensumstände in einem von Erdbeben bedrohten Appartementhaus in Istanbul aufeinanderprallen und beide in gegensätzliche, neue Lebenswelten stolpern.

Die in Istanbul geborene und studierte Soziologin und Autorenfilmerin schrieb nach ihren international prämierten Dokumentarfilmen "The Collector" (2002) und "The Play" (2005) ihren ersten Spielfilm in Paris - auf Einladung des Cannes Film Festivals.

Das junge Regie-Duo Mehmet Bahadir Er (*1982) und Maryna Gorbach (*1981) ist mit dem Film-Noir-Genre-Vertreter und Spielfilmerstling "Black Dogs Barking" ("Kara köpekler havlarken", 2008) zu Gast. Der dynamische, exzellent dramatisierte Thriller, der zwei Anti-Helden aus einem armen Randbezirk von Istanbul bei ihrem Streben nach Glück, Arbeit und Anerkennung in lebensbedrohliche Konflikte mit der lokalen Mafia bringt, hatte in Seattle auf dem International Film Festival 2009 Weltpremiere.

Der in Kocaeli geborene Mehmet Bahadir Er ist Student vom "Department of Cinema and TV" an der Mimar Sinan Fine Arts University und Mitglied der "Karakirmizi" Filmgruppe. Die Ukrainerin Maryna Gorbach hat bis 2006 an der Universität für Theater, Film und Fernsehen Kiew studiert und mit ihrem Kurzfilm "The Jar" (2004) verschiedene internationale Festivalpreise gewonnen. "Milk" ("Süt", 2008) von Semih Kaplanoglu (*1963) zeichnet anhand eines Mutter-Sohn-Konflikts eine sensible Momentaufnahme der Türkei im Prozess der Annäherung an Europa. Der in Izmir geborene Kaplanoglu gewann bereits mit seinem Spielfilm-Regiedebüt "Away From Home" (2001) mehrere Preise. "Milk" ist mit den Filmen "Egg" und dem geplanten Projekt "Honey" Teil der Triologie "Yusuf's Trilogy", benannt nach der in allen Filmen auftretenden Hauptfigur Yusuf. Der Film war 2008 für den Goldenen Löwen nominiert und erhielt den FIPRESCI Prize der internationalen Filmkritik auf dem Istanbul International Film Festival 2009.

Der hochemotionale Dokumentarfilm "On the Way to School" ("Iki Dil Bir Bavul", 2009) von Orhan Eskiköy (*1980) und Özgür Dogan (*1977) zeigt, wie der junge, türkische Lehramtsanwärter Emre, von der Regierung an eine kurdische Dorfschule verschickt, zu einem Fremden in seinem eigenen Land wird. Das junge Regieteam Eskiköy / Dogan studierte gemeinsam an der Universität Ankara. Nach drei kurzen Dokumentationen ist "On the Way to School" ihr erster abendfüllender Dokumentarfilm.

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