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Der brasilianische Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Bruno Barreto wird mit einer Retrospektive geehrt. Dem amerikanischen Regie-Duo Scott McGehee und David Siegel ist das Tribute gewidmet.
Retrospektive Bruno Barreto
Mit 10 realisierte er seinen ersten Kurzfilm, mit 17 gab er sein Regiedebüt („Tati, The Girl“) und schon vier Jahre später gelang dem enthusiastischen Filmemacher im Alter von nur 21 Jahren der internationale Durchbruch mit der viel umjubelten Komödie „Dona Flor And Her Two Husbands“. Bis heute gilt die fröhlich-frivole Geschichte über die Fantasien der jungen Flora als erfolgreichster Film Brasiliens, der über 12 Millionen Zuschauer ins Kino lockte und 1979 für den Golden Globe als bester ausländischer Film nominiert wurde. 1988 siedelte Bruno Barreto dann in die USA über und arbeitete mit Größen wie Robert Duvall, Andy Garcia, Kevin Spacey, Dennis Hopper oder Gwyneth Paltrow. Hier entstand 1996 u.a. das sinnlich-leidenschaftliche Drama „Carried Away“: Dennis Hopper glänzt darin als alternder, pflichtbewusster Dorfschullehrer, der sich in eine gefährliche Liaison mit einer verführerischen Schülerin stürzt. Auch Amy Irving überzeugt als Hoppers Gegenpart, mit der Bruno Barreto von 1996 bis 2005 verheiratet war. Die beiden realisierten mehrere Filme gemeinsam (u.a. spielte sie auch in „Bossa Nova“ und „A Shadow Of Force“ mit). In „Romeo and Juliet Get Married", Barretos ersten Film, den er wieder in Brasilien dreht, wirft er einen humorvoll-heiteren Blick auf die Absurditäten fanatischer Fußballfans, der sowohl Fußballbegeisterte als auch Fußballverweigerer zum Lachen bringt. Immer wieder zieht es den Regisseur zurück in seine Heimatstadt Rio de Janeiro, „deren ganze Schönheit sich einem erst erschließt, wenn man verliebt ist“, wie er in einem Interview erklärte. Und so widmete er dieser Stadt mit der sommerleichten Komödie „Bossa Nova“ einen „wunderschönen Liebesbrief“: Musikalisch untermalt von Tom Jobims mitreißenden Bossa Nova-Klängen kreuzen sich die Wege der neun Protagonisten, die sich in einem Geflecht leidenschaftlicher Liebschaften verirren. Auch den spannungsgeladenen Polit-Thriller „Four Days in September“ realisierte der heute 54-Jährige in Brasilien, der 1998 als bester nichtenglischsprachiger Film für den Oscar nominiert wurde. In seinem aktuell aufwühlenden sozialkritischen Film „Last Stop 174“ lernen wir Rio von einer anderen Seite kennen: Armut, Drogen und Gewalt prägen das Bild der Slums, in denen verwahrloste Kids ums nackte Überleben kämpfen. Dieses bewegende Drama wurde als brasilianischer Beitrag für den Oscar vorgeschlagen. Das Drehbuch stammt von Bráulio Mantovani („City of God“). Bruno Barreto wird vom 16. bis 20. September zu Gast in Oldenburg sein und die oben erwähnten Filme persönlich vorstellen.

Tribute Scott McGehee und David Siegel
Seit über 15 Jahren realisiert das amerikanische Regieduo schon gemeinsam Filme, die tiefe Einblicke in die Abgründe menschlicher Seelen gewähren. Charakteristisch für ihre Zusammenarbeit sind die unterschiedlichen Blickwinkel beider Regisseure, die ihre Geschichten stets um existenzialistische Fragen zwischen Wahrheit und Schicksal kreisen lassen. Denn bekanntlich hat jede Medaille immer zwei Seiten. Und um die geht es auch in ihrem aktuellen Drama „Uncertainty“: Ein junges Paar, ihre unerwartete Schwangerschaft, die klassische Frage: Bekommen sie das Baby, oder verwirklichen sie erst ihre eigenen Pläne? Er wirft eine Münze und zwei Geschichten nehmen ihren Lauf, deren Parallelität und Gegensätzlichkeit einen ebenso überraschenden wie klugen Verlauf nehmen. Angefangen hat die Karriere dieses ungewöhnlichen Regie-Gespanns in Kalifornien: Nach Abschluss seines Architektur-Studiums in Berkeley studierte David Siegel Fotografie und Malerei. Scott McGehee hingegen studierte zunächst Englisch, entdeckte dann aber seine Leidenschaft für Filme und schloss sein Studium der Filmtheorie und japanischen Filmgeschichte ab. Nach ersten gemeinsamen Kurzfilmen gab das provokative Regie-Duo 1994 mit „Suture“ sein Spielfilm-Debüt. Fesselnd ist die Geschichte dieses psychologischen schwarz-weiß Thrillers, der zwei ungleiche Brüder am Grab des Vaters aufeinander treffen lässt und gefährliche Identitätskrisen auslöst. Der atemberaubende Neo Noir-Film wurde in Cannes gefeiert und beim International Film Festival Sitges für die Beste Regie ausgezeichnet. Ihr zweiter Langfilm „The Deep End - Trügerische Stille“ feierte 2001 Premiere auf dem Sundance Festival. Tilda Swinton brilliert in diesem eindringlich-intelligenten Thriller als kühle und verletzliche Mutter, die für ihre Familie nahezu alles tun würde. Worte besitzen bekanntlich eine ungeheure Macht – sie können verletzend sein, Wahrheiten zutage fördern und selbst zwischen den Zeilen Botschaften übermitteln. In „Bee Season“ (deutscher Titel „Die Buchstabenprinzessin“) führt das Jonglieren mit Buchstaben zu einer schwerwiegenden Familienkrise: Als der streng religiöse Saul das Talent seiner elfjährigen Tochter erkennt, kapselt er sich mehr und mehr vom Rest der Familie ab. Sein Ziel, nationale Buchstabier-Wettbewerbe zu gewinnen, nimmt obsessive Formen an… In den Hauptrollen überzeugen Juliette Binoche und Richard Gere.
Scott McGehee und David Siegel werden während des Festivals zu Gast in Oldenburg sein, um ihre Filme einem interessierten Publikum vorzustellen.