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Prädikat besonders wertvoll:
La Nana - Die Perle
Filmstart: 17.06.10 Drama; Spielfilm. Mexiko; Chile 2009

Das 41jährige Dienstmädchen Raquel hängt nach 23 Jahren Haushaltsarbeit bei einer chilenischen Oberschichtsfamilie an den
Kindern. Und doch fristet sie ein Dasein in Einsamkeit, ohne Freunde und weit weg von ihrer eigenen Familie. Nachdem sie aus Angst um ihre Position zwei zusätzliche Haushaltshilfen erbarmungslos vergrault, schafft es die dritte mit viel Humor, die verhärmte Raquel aus der Reserve zu locken und ihr neue Perspektiven zu geben. Dem jungen chilenischen Regisseur Sebastián Silva gelang mit der Wahl der Hauptdarstellerin Catalina Saavedras ein Glücksgriff - ihr Gesicht und die sparsame Mimik erzählen eine ebenso realistische wie berührende Story von Klassenunterschieden, Abhängigkeiten und sozialer Verantwortung. Der authentische Stil der bewegten Handkamera führt zudem dicht in das zeitweise beinahe klaustrophobisch enge Leben im Familienhaushalt. LA NANA mischt in intensiver Form den distanzierten Blick auf eine noch von feudalen Strukturen geprägte Gesellschaft mit der warmherzigen und spannenden Entwicklungsgeschichte einer komplexen Hauptfigur.

Prädikat wertvoll:
Gordos - Die Gewichtigen
Filmstart: 01.07.10 Spielfilm; Tragikomödie. Spanien 2009

"Wir sind alle nur Menschen." Ausgangspunkt dieser opulenten spanischen Tragikomödie sind vier grundverschiedene Teilnehmer einer Therapiegruppe für Übergewichtige inklusive ihres exhibitionistischen Ernährungstherapeuten. Schnell wird klar, dass die Kapitel der Abnehmlektionen (1. Wahrheit, 2. Aktion, 3. Ausdauer, 4. Triumph) sich gar nicht auf den Gewichtsverlust beziehen, sondern auf den beschwerlichen und rastlosen Weg zur Selbsterkenntnis. In feinster Erzähltechnik des melodramatischen Kinos à la Pedro Almodóvar fügt Jungregisseur Daniel Sánchez Arévalo die vielschichtigen Schicksale,
Themen und Bedeutungsebenen zu einem vertrackten Beziehungsgeflecht aus Frust, Liebe, Untreue, Vergebung, verzerrtem Selbstverständnis und individuellen Wünschen zusammen. Optisch schöpft er dabei aus den Vollen, weiß mit seinen Darstellern zu überzeugen und hat alle Erzählstränge fest in der Hand. Dieses ironisch-leichte Kinoerlebnis ist ein herrliches Feuer der Gefühlslagen, begleitet von Lachen, Ernst, Tränen und kleinen Glücksmomenten.

Des Teufels Kinder
Animationsfilm. Deutschland 2009

Filmkunst der entgrenzten Exzesse: Die provokativ-feministische Animationsfilmerin, Dichterin, Performancekünstlerin und Professorin Mariola Brillowska widmet sich in ihrer Arbeit DES TEUFLES KINDER dem Konzept Familie und führt hierzu unterschiedliche literarische Texten zusammen. Als "Zukunftspräsidentin des Vereinigten Universums" nimmt Brillowska den mutigen Zuschauer mit auf eine bizarre Reise von Lodsz in Polen nach Russland und Norwegen. Sie präsentiert ihm Geschichten von früh erwachender Sexualität, Gewalt und ambivalenten Formen der Lust. Erneut verteidigt die Filmemacherin ihren eigenwilligen Stil mit harten Geschützen: schreiend grelle Farben, irritierende Mischwesen aus Alien, Mensch und Tier sowie ein Überfluss an Informationen auf der Bild- und Tonebene. Grenzen zwischen Tabu, Wirklichkeit und Wunschfantasien verschwimmen in diesem Kosmos der Extreme ebenso unkontrollierbar, wie Traumsymbole mit Insignien der (NS-)Macht und des Satanismus zu einer brutal direkten Bildsprache voller Bezüge verschmelzen. Ein getriebenes und lautes Wahrnehmungsexperiment einer unangepassten Künstlerin.

Kurzfilm des Monats:
vorher/nachher

Prädikat besonders wertvoll:
Drama; Kurzfilm. Deutschland 2010

Jedes Kind weiß, dass man nicht mit Fremden mitgehen soll. Und doch gibt es die Situation der spontanen Sympathie, auf die sich auch die sportliche Maren ohne Bedenken einlässt. Allerdings wird der nette Flirt für sie schlagartig zur einschneidenden Erfahrung.
Konsequent beleuchtet Filmemacherin Sonja Marie Krajewski das Erlebnis der sexuellen Gewalt aus der Opferperspektive und lässt den Zuschauer durch einen gut gewählten Off-Kommentar an den vielschichtigen Gedanken der jungen Frau, ihren Selbstvorwürfen und der Ohnmacht, teilhaben. Realistische Momente, offensive Bilder und eine subtile Erzählweise konkretisieren diesen Blick auf das Innenleben der Protagonistin, das auf gründlichen Recherchen basiert.
Die Darsteller Florian Lukas und Pauline Knof stellen sich mutig und mit eindrucksvoller Überzeugungskraft diesen schweren Rollen und verhelfen dem Kurzfilm zu einer Authentizität, die unter die Haut geht.

Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung

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