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Der Bertolt-Brecht-Preis 2020 der Stadt Augsburg geht an Sibylle Berg. Der mit 15.000 € dotierte Literaturpreis wird am 18. Februar während des Brechtfestivals (14.-23.2.) und nur wenige Tage nach Bertolt Brechts 122. Geburtstag im Augsburger Rathaus an die Schriftstellerin, Dramatikerin und Kolumnistin überreicht. Die Laudatio hält Dr. Julia Encke, Literaturchefin der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Es ist das zehnte Mal, dass der Literaturpreis verliehen wird. Mit ihm ehrt die Stadt Augsburg Persönlichkeiten, die sich in ihrem literarischen Schaffen kritisch mit der Gegenwart auseinandersetzen. Der Bertolt-Brecht-Preis feiert in diesem Jahr außerdem sein 25-jähriges Bestehen. Bisherige Preisträger*innen sind Franz Xaver Kroetz, Robert Gernhardt, Urs Widmer, Christoph Ransmayr, Dea Loher, Albert Ostermaier, Ingo Schulze, Silke Scheuermann und Nino Haratischwili. 

Treffende Gesellschaftsanalyse, Virtuosität und Popkultur

Sibylle Berg hat seit den 1990er Jahren eine große Zahl an Texten veröffentlich: Romane, Essays, Hörspiele, Kurzprosa sowie mehr als zwei Dutzend Theaterstücke. Ihre messerscharfen Gesellschaftsanalysen treffen den Nerv der Zeit und befinden sich damit in bester brechtscher Tradition. 

»Sibylle Berg ist eine Virtuosin der literarischen Kälte und der Klarheit, eine Meisterin des nüchternen Blickes und der illusionslosen Analyse. „Denn für dieses Leben“, sang einst Bertolt Brecht, „ist der Mensch nicht gut genug“. Literatur dient, davon sind Berg und Brecht überzeugt, nicht dem Trost oder der gefälligen Verschönerung der Welt. Sondern dazu, Bosheit und Not samt deren Ursachen mit brutaler Offenheit zu benennen.« (Auszug aus der Jury-Begründung)

Sibylle Berg hat keine Berührungsängste, genreübergreifend zu arbeiten – auch damit ist sie ganz bei Brecht. Wie kaum eine andere zeitgenössische Literatin verbindet sie gesellschaftskritische Avantgarde und großes literarisches Können mit Popkultur. Das dokumentiert u.a. in beeindruckender Weise der 2019 erschienene Roman »GRM – Brainfuck«, der mit Klarheit, Eindringlichkeit und Empathie aktuelle (und zukünftige) soziale Verwerfungen thematisiert. »Ein Buch wie ein Sprengsatz« schreibt die ZEIT-Autorin Ursula März darüber. Für ihre Überzeugungen tritt die Autorin auch jenseits des literarischen Schaffens und mit zivilgesellschaftlichem Engagement ein, z.B. durch eine Initiative, die sich gegen die Überwachung von Krankenversicherten ausspricht. 

Ihre Texte, mit teils grotesken Figuren aber auch mit einer ordentlichen Prise Humor treffen zielsicher dorthin, wo es wehtut, um zutiefst Menschliches zu offenbaren. Wie verhalten sich Menschen in Gesellschaften? Was treibt sie an? Hinter Bergs Texten – mögen sie manchmal noch so düster und pessimistisch sein – steht eine zutiefst humanistische, von Solidarität und Mitgefühl geprägte Haltung. 

»„Der Mensch ist gar nicht gut, / drum hau ihm auf den Hut“, schrieb Brecht. Sibylle Berg ist eine große Auf-den-Hut-Hauerin der deutschen Gegenwartsliteratur. Sie ist das nicht aus Übermut oder Zynismus. Hinter der leidenschaftlichen Wildheit ihrer Stücke und Romane stehen ein gar nicht so geheimer Humanismus und ein inständiger Wunsch nach Besserung. „Hast du ihm auf den Hut gehaun“, fährt Brecht in seinem Gedicht fort, „dann wird er vielleicht gut.“ Sibylle Berg erspart den Lesern ihrer Romane und Zuschauern ihrer Stücke nichts. Auch nicht die Verantwortung, aus dem zu lernen, was sie da lesen oder sehen.« (Auszug aus der Jury-Begründung)

 

Preisverleihung am 18.2. mit der Band Kreidler und Staatstheater Augsburg


Die Verleihung des Bertolt-Brecht-Preises findet im am Dienstag, 18. Februar 2020, im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses statt. Neben geladenen Gästen kann auch die interessierte Öffentlichkeit teilnehmen. Ein Kontingent an kostenlosen Einlasskarten gibt es in der Bürgerinfo am Rathausplatz. Das Staatstheater Augsburg zeigt im Rahmen der Feier einen Ausschnitt der Inszenierung „Und jetzt: die Welt!“ (Theatertext von Sibylle Berg). Die Düsseldorfer Band Kreidler, die schon mehrfach mit Berg auf der Bühne stand, sorgt für die musikalische Umrahmung. 

Kreidler gibt es seit Anfang der 1990er Jahre. Ihre Musik verbindet elektronische mit akustischen Instrumenten – „Popmusik kontinentaler Prägung, die Bach, Disco, Postpunk, Club und Krautrock in wechselnden Anteilen in eleganter Leichtigkeit einfängt.“
 
(Vollständiges Jury-Statement anbei im Anhang.)

Quelle: Bertolt-Brecht-Preis