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Mitte April verleihen die Jurys des 31. Filmfest Dresden (9. bis 14. April 2019) erneut die begehrten „Goldenen Reiter“ und Sonderpreise an die besten nationalen und internationalen Kurzfilme. Im Wettbewerb stehen in diesem Jahr 76 Produktionen aus 38 Ländern, die von der 10-köpfigen Sichtungskommission aus insgesamt über 2.200 eingereichten Filmen ausgewählt wurden. Neben gewohnt vielen Animationsfilmen (35) sind auffallend viele hybride Werke, die sich zwischen Fiktion, dokumentarischer und experimenteller Form bewegen, zu sehen. Das Filmfest Dresden vergibt mit elf „Goldenen Reitern” und drei Sonderpreisen Auszeichnungen im Gesamtwert von über 67.000 Euro und zählt damit zu den höchstdotierten Kurzfilmfestivals Europas.


31. Filmfest Dresden (9. bis 14. April 2019)


Nationaler Wettbewerb: Selbstbestimmte Frauen, sprachlose Männer & alte Bekannte

 
Im Nationalen Wettbewerb präsentieren 29 Beiträge in 5 Programmen ein Kaleidoskop des aktuellen, nationalen Kurzfilmschaffens und bestechen durch formale und inhaltliche Grenzüberschreitungen. Mit 12 Kurzfilmen ist der Anteil an freien Produktionen erfreulich hoch, darunter etwa die Deutschlandpremiere SEALAND von Till Giermann aus Dresden.

„Thematisch stehen bei den 16 Spiel- und 13 Animationsfilmen nach wie vor Flucht und Transformation im Vordergrund,“ beschreibt Sichtungsmitglied Christian Hempel die Tendenzen. „Vor allem eine sehr starke freie Szene begibt sich auf die Suche nach neuen Motiven und Ausdrucksformen, fokussiert die Themen Orientierungslosigkeit, Vereinsamung und Verlust. Das Gegenwärtige erfährt eine Schärfung: die Selbstbestimmung der Frau, die Sprachlosigkeit des Mannes, die Hürden des Erwachsenwerdens und Eskapismus in utopische Wasserwelten oder dystopische Hinterlande.“

In ARE YOU LISTENING, MOTHER? von Tuna Kaptan (Deutschland / Türkei, 2018) setzt sich eine kurdische Mutter konsequent über die Grenze hinweg, die ihr eine elektronische Fußfessel setzen soll. Eine sprachlose Männerfigur findet sich in Hannes Schillings DER PROBAND (2018): Zu stolz, um den Traum vom Eigenheim aufzugeben, bringt sich der arbeitslose Domenique aus Geldnot in Lebensgefahr. Hannes Schilling war bereits 2018 mit NACH DEM FEST in Dresden, für den er auch für den Deutschen Kurzfilmpreis nominiert wurde.
 
Weiterhin präsentiert das Filmfest Dresden auch in diesem Jahr eine Reihe von Festival-Alumni mit ihren neuen Produktionen: Dennis Todorovic (2004 mit AMOR FATI) zeigt in seinem Musikvideo TUTORIAL wie Schauspielerinnen die Kunst der Fake-Tränen beherrschen. Sonja Rohleder, 2014 für DAME MIT HUND mit dem DEFA-Förderpreis ausgezeichnet und 2017 die Schöpferin des Festivaltrailers, ist in diesem Jahr mit ihrer 2D-Animation QUIET vertreten.
 
Auch zwei ehemalige Mitglieder der Jugendjury im Nationalen Wettbewerb sind im Programm vertreten: Steve Bache mit seinem Kurzspielfilm DER KÄPT’N und Rebecca Meining, die in Eileen Byrnes WAS BLEIBT die Kamera führte.
 

Internationaler Wettbewerb: Grenzgänger*innen, Horror & Big Names

 
Im Internationalen Wettbewerb laufen in 7 Programmen 47 Filme aus 37 Ländern, darunter die Spitzenreiter Frankreich (8 (Ko-)Produktionen) und Großbritannien (5), aber auch Guinea-Bissau, Mosambik, Katar und Myanmar. Neben den 22 Animationsfilmen kommen viele Werke, die sich zwischen Fiktion, dokumentarischer und experimenteller Form bewegen und bewusst das Verständnis des narrativen Erzählens hinterfragen, auf die große Leinwand.
 
„Unser Programm lässt in Bezug auf die Bedeutung des aktuellen Kurzfilmschaffens keine Wünsche offen,“ fasst Sichtungsmitglied Danny Mellenthin die Auswahl zusammen. „Von Grenzgänger*innen zu Geschichten, die das Leben schreibt, ist uns eine stilvoll arrangierte Mixtur aus seltsamen und seltenen (Ein-)Blicken in die ein oder andere Welt gelungen, irgendwo zwischen nah und fern, zwischen gestern, heute und morgen.“

Eine Traditionsgrenze überschreitet etwa die Protagonistin in Abinash Bikram Shahs TATTINI (2018, Myanmar, Nepal), die mit ihrem ganzen Dorf bricht, weil sie auf ihr Erbe besteht, obwohl es ihr als Frau nicht zusteht. Mit allen möglichen Formen von Sexualität werden die Zuschauer*innen in der knallbunten, russischen Animation LAVO (2017) von Sasha Svirsky konfrontiert. In AZUL VAZANTE (2018, Brasilien) beschäftigt sich Regisseurin Julia Alquéres mit Geschlechterrollen und Transsexualität auf einem Grat zwischen Fiktion und Dokumentarischen. Mit formal-ästhetischen Grenzenüberschreitungen spielen auch die Hybriden ONDES NOIRS von Ismaël Joffroy Chandoutis (2017, Frankreich) und THE HYMNS OF MUSCOVY (2018, Russland) von Dimitri Venkov.
 
Zwei Filme setzen sich kreativ mit dem Horror-Genre auseinander: THE BOOGEYWOMAN (USA, 2018) von Erica Scoggins, der beim 31. Filmfest Dresden seine Weltpremiere feiern wird und REAL GODS REQUIRE BLOOD von Moin Hussain (Großbritannien, 2018).
 
Auch im Internationalen Wettbewerb trifft das Publikum auf alte Bekannte und große Namen: Michael Frei, der 2014 für PLUG & PLAY mit einem „Goldenen Reiter” ausgezeichnet wurde, präsentiert seinen brandneuen Film KIDS (2019), der bei der diesjährigen Berlinale uraufgeführt wird. Eine weitere Rückkehrerin ist Aggie Pak Yee Lee , die im letzten Jahr mit MUTEUM im Internationalen Wettbewerb zu Gast war und in diesem Jahr mit ihrer Animation FIVE STEPS TO THE RIGHT (2017, Estland) vertreten ist.

Der Thailänder Apichatpong Weerasethakul gilt nicht zuletzt seit seiner Palme d’Or-Auszeichnung in Cannes (2010, UNCLE BOONMEE ERINNERT SICH AN SEINE FRÜHEREN LEBEN) als international anerkannter Ausnahmeregisseur und Künstler. In Dresden wird sein Kurzfilm BLUE (2018, Frankreich) zu sehen sein. Mit ACCIDENCE(2018) des Kanadiers Guy Maddin läuft das weitere Werk eines renommierten Filmemachers und Künstlers im internationalen Wettbewerbsprogramm des 31. Filmfest Dresden. Auf einen Oscar-Kandidaten können sich die Zuschauer*innen bei der Vorführung von Jeremy Comtes FAUVE (2018, Kanada) freuen.

Quelle: NOISE Film PR