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Geschichten verkaufen, das kann Hollywood. Mit Kathryn Bigelows Sieg über "Avatar" triumphiert David über Goliath, Kritikerliebling über Blockbuster, die unterfinanzierte Außenseiterproduktion über den teuersten Film aller Zeiten.

Der Geniestreich in der Academy-Dramaturgie bleibt aber: Bigelow hat mit dem "Avatar"-Regisseur James Cameron ihren Ex-Mann ausgestochen. Dass zum ersten Mal eine Frau den Regie-Oscar bekommt, lässt sich nun wunderbar privat erzählen: als Homestory und Rosenkrieg.

Bei dem Überfluss maßgeschneiderter Interpretationsangebote könnte man fast vergessen: Eigentlich geht es nicht um Cameron und Bigelow, sondern um Hollywood und die Frauen. Und aus dieser Perspektive sieht die Academy alt aus. Wer 82 Jahre braucht, um weibliche Regieleistungen zu entdecken, hat von der Filmgeschichte genauso viel verpasst wie vom Wandel des Zeitgeistes. Aber kaum erwacht die Traumfabrik aus ihrem Machismo, ist sie schon auf der Höhe der Zeit. Mit längst vergessenen Debatten über "weibliches Erzählen" hält sie sich nicht auf. Der erste Frauen-Oscar geht an einen Kriegsfilm, das Männergenre schlechthin. Bigelow ist - sehr erfreulich - für ihre Professionalität ausgezeichnet worden, nicht für eine wie auch immer verstandene Weiblichkeit. Das macht die späte Gleichstellungsgeste authentisch.

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung