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Am Samstag, dem 11. November 2017 verleiht das Jüdische Museum Berlin zum 16. Mal den »Preis für Verständigung und Toleranz«. Die Auszeichnung wird in diesem Jahr an Joe Kaeser, Vorsitzender des Vorstands der Siemens AG, und Joachim Gauck, Bundespräsident a.D., verliehen.

Die Laudatoren sind Bundesaußenminister Sigmar Gabriel für Joe Kaeser und Sir Christopher Clark, Historiker und Regius Professor of History an der University of Cambridge, für Joachim Gauck. Peter Schäfer, Direktor des Jüdischen Museums Berlin, wird die Preise überreichen.

Der »Preis für Verständigung und Toleranz«
Mit dem »Preis für Verständigung und Toleranz« werden seit 2002 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Kultur und Politik ausgezeichnet, die sich auf herausragende Weise um Verständigung und Toleranz verdient gemacht haben. Der Preis wird traditionell im Rahmen des Jubiläums-Dinners gemeinsam von der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Stiftung Jüdisches Museum Berlin und dem Museum verliehen. 

Preisträger 2017: Joe Kaeser
Geboren wurde Joe Kaeser 1957 in Arnbruck. Nach dem Abitur studierte er in Regensburg Betriebswirtschaft. Seine Karriere begann der Niederbayer 1980 bei Siemens im Bereich Bauelemente und Halbleiter in Regensburg. Später ging er für den Technologiekonzern nach Malaysia und längere Zeit in die USA. 1999 wechselte Kaeser aus dem Silicon Valley in die Konzernzentrale nach München und übernahm dort verschiedene Funktionen – über Strategie-Chef bis zum Finanzvorstand. Seit 2013 ist Kaeser Vorstandsvorsitzender des Unternehmens mit seinen 370.000 Mitarbeitern weltweit. Ganz im Sinne des Firmengründers Werner von Siemens ist Kaeser davon überzeugt, dass ein Unternehmer verantwortlich handeln und nachhaltig zum Wohlergehen und Fortschritt der Gesellschaft beitragen muss. Er spricht dabei von »business to society«. Auch deshalb fördert er die am Gemeinwohl orientierten Aktivitäten von Siemens. So hat Siemens im Geschäftsjahr 2016 insgesamt 23 Millionen Euro für Bildung, Wissenschaft, Soziales und Kultur gespendet. Darüber hinaus bildet das Unternehmen weltweit junge Menschen aus, die fit gemacht werden für das digitale Zeitalter.

Die Jury würdigt in ihrer Begründung für die Verleihung des »Preises für Verständigung und Toleranz« an Joe Kaeser »sein Engagement zur Förderung von Toleranz, Respekt und Vielfalt bei Siemens; Werte, für die er auch in seinem privaten Umfeld einsteht. Diese Glaubwürdigkeit ist für ihn ein hohes Gut.« Persönlich unterstütze er gemeinnützige Projekte mit Jugendlichen und mache sich besonders für die soziale Integration in strukturschwachen Gebieten stark. 

Dem Jüdischen Museum Berlin ist Kaeser seit vielen Jahren eng verbunden. Als Vertreter einer Generation von Deutschen, die Weltkrieg und Holocaust nur aus Geschichtsbüchern und Erzählungen von Zeitzeugen kennen, ist er überzeugt davon, dass seiner und den nachfolgenden Generationen eine besondere Verantwortung dafür zukommt, aus dem Bewusstsein für die Geschichte heraus die Zukunft zu gestalten und sich für die Idee einer friedlichen und freiheitlichen Gesellschaft einzusetzen. Die Siemens AG ist als Unternehmen Mitglied im Freundeskreis des Museums und fördert seit 2012 im Rahmen der Akademieprogramme das Jüdisch-Islamische Forum. 

Preisträger 2017: Joachim Gauck
Joachim Gauck kam 1940 in Rostock zur Welt und studierte dort nach dem Abitur Theologie. Von 1965 bis 1990 stand er im Dienst der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und arbeitete viele Jahre als Pastor. Als Mitinitiator des kirchlichen und öffentlichen Widerstands gegen die SED-Diktatur gründete er zusammen mit anderen 1989 das »Neue Forum«, wurde in Rostock dessen Sprecher und lud zu den wöchentlichen Friedensgebeten, aus denen die Demonstrationen hervorgingen, die zur friedlichen Revolution in der DDR führten. 

Nach den ersten freien Wahlen zog Gauck im März 1990 als Abgeordneter für das Bündnis 90, in dem sich das Neue Forum mit anderen Bürgerbewegungen zusammengeschlossen hatte, in die Volkskammer der DDR ein. Zum 3. Oktober 1990, dem Tag der deutschen Wiedervereinigung, berief Bundespräsident Richard von Weizsäcker ihn als Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes. Als Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR leitete Gauck von 1991 bis 2000 die Behörde, die bis heute dafür zuständig ist, die Dokumente aus dem Erbe der Stasi zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Von 2001 bis 2004 war Gauck Mitglied des Verwaltungsrates der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Von 2003 bis 2012 war er Bundesvorsitzender, seit 2017 Ehrenvorsitzender des Vereins »Gegen Vergessen – Für Demokratie«, der sich für die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der SED-Diktatur engagiert. 

Am 18. März 2012 wählte die Bundesversammlung ihn zum elften Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Seine Amtszeit endete am 18. März 2017.

»Die Freiheit der Erwachsenen heißt Verantwortung« – unter dieser Leitlinie ermutigt Joachim Gauck die in Deutschland lebenden Menschen, ihr Leben aktiv als Bürger zu gestalten. Als W. Michael Blumenthal 2015 mit dem »Preis für Verständigung und Toleranz« geehrt wurde, hielt der Bundespräsident die Laudatio. Am Tag zuvor hatte eine Serie von Terroranschlägen Paris erschüttert. »Verständigung und Toleranz – an Tagen wie dem heutigen spüren wir es, wie kostbar diese Werte sind. Und wie wichtig es ist, sie mit Entschlossenheit zu verteidigen – gegen die Feinde der Freiheit und gegen Extremisten aller Art«, sagte Gauck damals in seiner Rede. 

Zu ihrer Entscheidung, ihn 2017 mit dem Preis für Verständigung und Toleranz auszuzeichnen, schrieb ihm die Jury: »Ihr ganzes öffentliches Wirken steht unter dieser Prämisse. In Anbetracht der weltpolitischen Lage, ist es umso wichtiger, dass es Menschen wie Ihnen gelingt, jeden Einzelnen von uns zu ermutigen, Verantwortung für ein friedliches und weltoffenes Europa zu übernehmen. Dass eine gemeinsame Zukunft durch jeden Einzelnen von uns gestaltet werden muss, dafür sind Sie Beispiel und Vorbild zugleich.« 

Quelle: Jüdisches Museum Berlin