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Die SPD-Fraktion hat eine 'Große Anfrage' zur Situation der Jazzmusik in Hamburg an die Hamburgische Bürgerschaft am 21.01.10 eingereicht:
"In Hamburg geht es neben der Förderung einzelner Leuchtturmprojekte in erster Linie darum, möglichst positive Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur zu schaffen. Die soziale Absicherung für Kultur- und Medienschaffende muss verbessert, das geistige Eigentum geschützt und angemessen vergütet und die Bedingungen für bürgerschaftliches Engagement und ehrenamtliche Arbeit gestärkt werden. Jazz und improvisierte Musik spielen bei diesem Engagement eine wichtige Rolle. Macht man eine aktuelle Bestands-aufnahme des deutschen Musikmarktes, so erreicht die Musikrichtung Jazz nur einen Marktanteil von circa 1,9 Prozent. Dennoch ist Jazz in all seinen Ausrichtungen eine essenzielle Zutat in dem musikalischen Spektrum einer Musikmetropole wie Hamburg.

Noch vor 15 Jahren war Hamburg für eine innovative und kreative Jazzszene nicht sonderlich bekannt, die Szene bewegte sich vorwiegend im Bereich Mainstream und Oldtime-Jazz. Seit fünf bis zehn Jahren lässt sich jedoch beobachten, dass die Szene im Aufbruch begriffen ist und es viele neue, moderne, experimentierfreudige Entwicklungen gibt. Dieser musikalische Aufbruch findet allerdings trotz schwieriger Rahmenbedingungen statt.

Schätzungen von Fachleuten beziffern die Zahl der Jazzveranstaltungen in Hamburg auf 1.200 pro Jahr. Die Hamburger Jazzszene hat zwar einige Räume für Konzerte, jedoch wird fast immer auf Eintritt gespielt. Das heißt, die Musikerinnen und Musiker bekommen circa 70 Prozent der Eintrittsein-nahmen und da kommen auch bei gutem Besuch kaum mehr als 40 Euro am Abend pro Musiker zusammen. Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) setzt auf Bewährtes und Bekanntes, die Hamburger Jazzszene wird von ihm weitgehend ignoriert. Viele Jazzmusikerinnen und -musiker haben Hamburg daher verlassen oder sind außerhalb Hamburgs bekannter. Dazu kommt, dass das, was für andere Bereiche populärer Musik gilt, für Jazzmusik ganz besonders zutrifft: Die Hürden für Jazzmusikerinnen und -musiker sind sehr hoch, wenn sie ihre Musik zum Beruf machen wollen. Eine hohe Qualität von künstlerischer Leistung allein reicht kaum aus, um dieses auch professionell betrei-ben zu können. Verschiedene grundlegende Probleme erschweren die Möglichkeit, von Jazzmusik leben zu können, einzelne Bedingungen haben sich in den letzten Jahren sogar verschlechtert.
So wichtig Förderung ist: Komponisten und Musiker können nicht allein von Preisen und Stipendien leben. Sie müssen mit ihrer Arbeit auch ihre Existenz bestreiten können. Gerade die Kleinen und Kreativen in der Branche haben oft keine Informationen über kulturrelevante europäische Förderfonds und andere Förderprogramme. Deswegen ist es wichtig, durch Kommunikation
und Kooperation zwischen Kulturschaffenden und den Kulturverantwortlichen die vorhandenen Kräfte und Ressourcen zu bündeln und zu vernetzen.
Blickt man jedoch nach Skandinavien, so stellt man fest, dass die dortige Jazzszene eine einzigartige Förderung erfährt, bis hin zu der Tatsache, dass skandinavische Jazzmusiker regelrecht „exportiert“ und so auf eine internationale Karriere vorbereitet werden. Da hat Hamburg noch eine Menge Nachholbedarf.
In allen Belangen optimal stellt sich die Situation in Norwegen dar, wo von schulischer und außerschulischer Bildung über die Förderung der Musikerinnen und Musiker durch die vielfältige Schaffung von Auftrittsmöglichkeiten alle wichtigen Faktoren bedacht wurden. Die staatlich finanzierten „Rikskonsertene“ unterstützen darüber hinaus Auslandstourneen und finanzieren CD-Veröffentlichungen. Das Ergebnis: Norwegische Musikerinnen und Musiker sind auf fast allen bedeutenden internationalen Festivals zu Gast und stellen nicht selten die künstlerisch herausragenden Beiträge."

Vor diesem Hintergrund ist ein Katalog von 62 Fragen an den Senat gestellt worden.
Quelle: Drucksache 19/5141, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg.