Meinung
Wagner Sehen und Hören

Vier sehr unterschiedliche Aufführungen von Wagners größtem Werk, der Tetralogie „Der Ring des Nibelungen“ sollen nun als Empfehlung folgen.
Die Metropolitan Opera in New York hat eine lange Wagner Tradition. Sie zählt zu den weltweit führenden Opernhäusern. Diese ‚Metropolitan Opera Company’ wurde im Jahre 1880 gegründet und erhielt ein vom Architekten J. Cleaveland Cady
erbautes Opernhaus, das zwischen der 39. und 40. Straße am Broadway lag. Das erste Opernhaus wurde 1967 abgerissen. Heute ist die ‚Met’ im Lincoln Center zuhause.

Seit Beginn der Saison 2006/07 ist Peter Gelb General Manager der „Met“. James Levine ist seit 1974 Musikdirektor und damit der Dirigent, der in der Geschichte des Hauses diesem am längsten vorsteht; von 1986 bis 2004 war er außerdem Artistic Director. Levine hat in den vergangenen 20 Jahren zweimal einen exemplarischen Ring des Nibelungen auf die Bühne gestellt, der auf DVD erhältlich ist: 1990 unter der Regie von Otto Schenk – ich komme auf ihn später beim ‚Parsifal“ noch genauer zu sprechen – und zwischen 2010 und 2012 entstand der wohl derzeit spannendste Ring an der Met unter der Regie von Robert Lepage. Lepage wurde 1957 geboren und ist ein kanadischer Theaterregisseur. Er wirkt auch als Filmregisseur, Schauspieler, Drehbuchautor und Filmproduzent. In den Jahren 2010 bis 2012 führte Lepage Regie bei den Aufführungen sämtlicher vier Teile von Richard Wagners Ring des Nibelungen an der Met.
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Er setzte ein extrem interessantes Konzept um, indem er in allen Teilen des Opernzyklus eine 45 Tonnen schwere, handgefertigte Maschine aus 24 sich gegeneinander bewegenden Aluminiumlamellen auf die Bühne brachte. Der Regisseur war durch eine Islandreise ins Packeis, das ähnliche, sich ständig gegeneinander verschiebende Formen aufweist, auf die Idee dazu gekommen.
Der Ring beschreibt außerdem Szenen aus dem skandinavischen Mythos der ‚Edda“ so schien Lepage diese ‚Packeis Szenerie’ richtig. Mit immer neuen Lichtprojektionen wurde die Maschine in verschiedenen Positionen und Bewegungen zu allen Szenarien der Oper ausgeleuchtet – eine wirklich bahnbrechende Idee, die auf der Bühne eine faszinierende Wirkung hat. Sie wurde zwar auch viel kritisiert, namentlich wegen ihres Kosten-Aufwands – aber was – bitteschön – sind 16 Millionen US Dollar Produktionskosten wenn schon ein grund-idiotischer Kinofilm wie ‚Spiderman’ einen Etat von mindestens 60 Millionen US Dollar verschlingt?
Die Riege der Sänger in dieser Produktion ist auserlesen – viele von ihnen debütierten in ihren Rollen – so der erstaunliche und beeindruckende Wotan, der bereits weltberühmte, walisische Bassist Bryn Terfel (geboren 1965).
Ebenfalls zum ersten Mal als Siegmund zu hören – Jonas Kaufmann, geboren 1969 in München, dessen berühmteste Rolle der Lohengrin ist, den er zunächst in seiner Heimatstadt und dann bei den Bayreuther Festspielen in der Inszenierung von Hans Neuenfels, damals dirigiert von Andris Nelsons sang und dafür als Sänger des Jahres ausgezeichnet wurde.
Erstmals als Brünnhilde in der neuen Ring Inszenierung zu erleben: die amerikanische Sopranistin Deborah Voigt – eine erstaunliche Neuentdeckung für diese Rolle. Sie sang außerdem die Isolde unter Thielemann in Wien.
Und noch ein Newcomer – als Siegfried, Jay Hunter Morris, ein texanischer Tenor mit einer unglaublichen Stimme und einer riesigen Spielfreude, der diesem beachtlichen Ring den Stempel aufdrückte. Hier erlebt man mal einen ‚nicht dämlichen’ Siegfried – sondern einer der Spaß macht!
Hunter-Morris Darstellung des Ring-Superhelden wurde in New York – zu recht – so begeistert gefeiert, das er nun sofort den Siegfried in der Frank Castorf-Inszenierung zum 200. Geburtstag Richard Wagners in Bayreuth in diesem Jahr singen wird.

Der „Met“-Ring konnte leider nur an zwei Abenden, ‚Rheingold’ und ‚Walküre’ von James Levine persönlich dirigiert werden, der krankheitsbedingt die Teile ‚Siegfried’ und ‚Götterdämmerung’ der Leitung des ersten Kapellmeisters der Oper, Fabio Luisi, überlassen musste.
Fabio Luisi, geboren 1959 in Genua wurde bereits 2010 Erster Gastdirigent an der Metropolitan Opera in New York. Für die Saison 2012/13 wurde er als ‚Principal Conductor’ der Met verpflichtet. Er soll nun bis 2013 vollständig für den erkranken James Levine einspringen und eventuell – so Levine nicht zurückkehren kann – seine Stelle als Musikdirektor vorerst übernehmen.

Der Ring dessen DVD-Box eine hervorragende einstündige Dokumentation über seine Entstehung als Bonus bietet, hat wirklich den richtigen Titel „Wagners Dream’– eine traumhafte Inszenierung die weltweit sogar erstmalig in ausgesuchten Kinos gezeigt wurde.

Hier noch etwas zum Met-Ring von 1990, der von Otto Schenk in Szene gesetzt wurde. Auch er ist nach wie vor auf DVD zu haben und wärmstens zu empfehlen.
Dieser Ring ist besonders für Wagner-Einsteiger interessant, weil das erklärte Ziel der damaligen Inszenierung war, die komplexe Geschichte möglichst naturalistisch und werkgetreu auf die Bühne zu bringen.
Schenk und Levine machen ein Märchenspiel der allerersten Güte daraus. Die vielen erstaunlichen Bühnen-Effekte sind mitreißend, die Sänger auch. Levine holte sich damals ebenfalls die erste Riege der Wagner Interpreten nach New York. So erlebt man James Morris als Wotan, den junge Siegfried Jerusalem als Loge und später in ‚Siegfried’ und ‚Götterdämmerung’ als beeindruckenden Helden und die berühmte Altistin Christa Ludwig als Fricka.
Hildegard Behrens spielt die Walküre Brünnhilde – diese Rolle wurde ihr Paradestück auch in den folgenden Jahren – die schwarze Sängerin Jessye Norman mit ihrer gewaltigen Stimme ist als Sieglinde zu erleben.
Mime singt und spielt Hans Zednik, der in dieser Rolle Lorbeeren überall auf der Welt erntete, Ekkehard Wlaschiha ist als seinen Bruder Alberich zu erleben – er wurde auch später viel als böser Zauberer Klingsor im Parsifal eingesetzt.
Schließlich bleibt noch zu erwähnen die enorme Darstellung des Hagen durch Matti Salminen, die Operngeschichte machte und den Bassisten in dieser Partie um die ganze Welt führte. Der Finne spielt außerdem im ‚Rheingold’ und ‚Siegfried’ den Riesen Fafner in dieser wirklich richtungsweisenden Inszenierung.
Also, wer die Wahl hat...

5 Blue Ray Discs Richard Wagner „Der Ring des Nibelungen“ , Metropolitan Opera New York 2012 mit u.a. Bryn Terfel (Wotan), Eric Owens (Alberich), Richard Croft (Loge), Jonas Kaufmann (Siegmund), Eva Maria Westbroek (Sieglinde) Deborah Voigt (Brünnhilde), Jay Hunter Morris (Siegfried), Hagen & Fafner (Hans Peter König), Musikalische Leitung: James Lervine (Rheingold & Walküre), Fabio Luisi (Siegfried & Götterdämmerung).
Zu haben bei Deutsche Grammophon unter der Bestellnummer 00440 073 4771.

7 DVD Richard Wagner „Der Ring des Nibelungen“ , Metropolitan Opera New York 1990 mit u.a. James Morris (Wotan), Ekkehard Wlaschiha (Alberich), Siegfried Jerusalem (Loge & Siegfried)), Christa Ludwig (Fricka) Gary Lakes (Siegmund), Jessye Norman(Sieglinde) Hildegard Behrens (Brünnhilde), Hagen & Fafner (Matti Salminen), Musikalische Leitung: James Lervine.
Zu haben bei Deutsche Grammophon unter der Bestellnummer 073 043-9.

Es gibt einen einschneidenden Schritt zur modernen ‚Ring’-Inszenierung, der sicher viele zu Wagner geführt hat, die vorher kaum Beziehung zu den Musikdramen des Meisters hatten – der Bayreuther ‚Jahrhundert-Ring’, inszeniert von Patrice Chéreau und dirigiert von Pierre Boulez.
Wolfgang Wagner war damals bereit das enorme Risiko einzugehen zum 100jährigen Bestehen der Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth 1976 zwei (fast) kompletten Wagner-Neulingen seine ‚Jubel-Ring’-Inszenierung anvertrauen.
Sie machte schließlich mehr Furore, als jede Aufführung die Bayreuth jemals gesehen hatte, aber sie hat die Sicht auf Wagners Werke komplett neu gestaltet.

Patrice Chéreau geboren 1944, ein französischer Film- und Theaterregisseur, Drehbuchautor und Schauspieler, befasste sich schon früh auch mit der Oper, die erste inszenierte er bereits 1969.
Der Franzose hat sich auch einen Namen als viel gelobter Filmregisseur gemacht. Sein bisher größter Erfolg ist der vielfach ausgezeichnete Film ‚Die Bartholomäusnacht’ aus dem Jahr 1994 mit Isabelle Adjani in der Hauptrolle.
Sein Bayreuther ‚Ring des Nibelungen’ war völlig anders als alles Gewohnte: Zunächst einmal verlange Chéreau von seinen Sängern, das sie engagiert schauspielerten – also wie seine Filmstars lebendig agierten. Er versetze daneben das Spektakel um Götter, Riesen, Zwerge und Helden in eine Art frühkapitalistischen Familienkonzern, in dem Wotan eine Art Firmenpatriarch war, der versuchte seine Welt und sein Erbe zu retten.
Dieses enorme Bühnenkunstwerk wurde prachtvoll unterstrichen durch die ungewöhnlich durchsichtige, schnelle Musikauffassung von Pierre Boulez.
Boulez geboren 1925, französischer Komponist, Dirigent und Musiktheoretiker, wurde zunaechst Gastdirigent des Cleveland Orchestra. 1971–1975 leitete er dann das BBC Symphony Orchestra und 1971–1977 wurde er Nachfolger von Leonard Bernstein beim New York Philharmonic Orchestra. 1966 bereits debütierte er als Wagner-Dirigent mit dem ‚Parsifal’ und späterhin mit ‚Lohengrin’ bei den Bayreuther Festspielen.
Boulez, der sich vorher beständig geweigert hatte Wagner aufzuführen, legte erst mal in Bayreuth einen ‚Parsifal’ vor, wie er noch nie gehört worden war (gibt es auch als CD-Mitschnitt bei Sony aber leider nur antiquarisch) danach dirigierte er ‚Lohengrin’ und entdeckte dazu Rene Kollo (geboren 1937), eigentlich ein bekannter Operetten-Tenor, für das Wagner Theater.
Kollo machte danach eine zweite große Weltkarriere als Wagner Sänger. Nach jahrelangen Erfolgen als Heldentenor vor allem im Wagner-Fach und zahlreichen Einspielungen zog Kollo sich im Jahr 2000 aus dem Ersten Tenorfach zurück.

Boulez dirigierte von 1976 bis 1980 den Ring des Nibelungen in der zunächst umstrittenen Inszenierung von Patrice Chéreau.
Besonders spannend und ein „Star“ der Bayreuther Chéreau-Inszenierung war sicher der ‚Wotan’ des Donald McIntyre, dessen Interpretation des wilden, gebrochenen Gottes eine ganze internationale Generation von Wotan-Darstellern prägte.
Sir Donald McIntyre wurde 1934 in Neuseeland geboren. Er sang alle großen Wagner-Partien: Wotan/Wanderer, Hans Sachs, Holländer, Telramund, Kurwenal. Im Parsifal sang er im Laufe der Jahre alle Bass-Partien von Klingsor über Amfortas bis Gurnemanz.
Sein Debüt in Bayreuth feierte er 1967 als Telramund im ‚Lohengrin’. Doch der Durchbruch zum Weltsar war seine Rolle als Wotan/Wanderer die er von 1976 bis 1980 im legendären Boulez/Chéreau-Ring singen durfte. Als ‚Wotan’ gastierte McIntyre danach unter anderem am Royal Opera House Covent Garden in London und an der Metropolitan Opera in New York. Weitere Stationen seiner Karriere waren die Wiener Staatsoper, die Mailänder Scala, sowie die Opernhäuser von Hamburg, München, Paris und Buenos Aires.
Einen weiteren Star, den dieser neuartige Ring sozusagen über Nacht bekannt machte, war der Heldentenor Peter Hofmann – in der ‚Walküre’ als Siegmund zu erleben – der ebenfalls nach seinem Einsatz bei Chéreau und Boulez ein Wagner-Weltstar wurde – er verstarb leider bereits im Jahr 2010.

Der Chéreau/Boulez-Ring gilt für viele Wagner-Freunde nach wie vor als der Markstein aller Ring Inszenierungen – ich finde ihn auch immer noch beeindruckend aber – nicht mehr so ganz zeitgemäß. Doch der hervorragende DVD-Mitschnitt dieser Inszenierung lohnt sich in jedem Fall – er enthält unter anderem auch eine Bonus-DVD mit einem Werkstattbericht zur Inszenierung die höchst sehenswert ist.

Erst 15 Jahre später inszenierte der Theaterregisseur Harry Kupfer den Ring in Bayreuth neu (1991/92) so lange war der Chéreau/Boulez-Jahrhundert Ring das Maß aller Dinge gewesen.

Ich persönlich bin von der Kupfer Inszenierung, die unter der musikalischen Leitung von Daniel Barenboim stand am meisten angetan. Es wäre mein ‚Wahl-Ring’, wenn ich mir nur einen aussuchen dürfte.
Kupfer versetzt das ganze Geschehen in eine post-technische Kraterlandschaft, die man auf gut Englisch ‚Gothic’ nennen würde – Trümmer und kaputte Welt.
Die Götter sind schon zu Beginn nur ‚Fake’ - ein Schatten ihrer selbst – sie verwalten ein Weltgebäude das nicht mehr zu retten ist. Auch die sogenannten ‚Helden’ verblassen zu bloßen ‚Spielkindern’ in dieser Welt – sie sind am Ende nur Marionetten, eine Sicht die später von dem neuesten Ring, den ich vorstellen möchte, noch doppelt unterstrichen wird – den der Zirkustruppe La Fura dels Baus in Valencia. Der musikalische Leiter des Kupfer-Rings, Daniel Barenboim, bietet die besten Sänger auf, die mittlerweile alle in ihren Rollen alle Weltkarriere gemacht haben.
Günter von Kannen, zum Beispiel, wurde durch den Kupfer-Ring zum ‚Alberich vom Dienst’. Der Sänger, geboren 1940 in Reydt bei Mönchengladbach, machte erste Bühnenerfahrungen in Kaiserslautern, Bonn und Karlsruhe. Mit der Rolle des Alberich in der ‚Ring’-Produktion von Harry Kupfer und Daniel Barenboim gelang ihm 1988 bei den Bayreuther Festspielen der internationale Durchbruch.

Von Kannen blieb danach als ‚Alberich’ in Bayreuth von 1988 bis 2001.

Neben Bayreuth und Zürich verpflichteten ihn für diese Partie auch die DeutscheOper Berlin, die Hamburgische Staatsoper, die Nederlandse Opera Amsterdam, das Teatro Liceu Barcelona, Covent Garden in London.

Den Wotan singt bei Kupfer/Barenboim ein Experte für Alte Musik des Barock. Seine ungewöhnlich weiche und einfühlsame Stimme passt zu einem eher gebrochenen, nachdenklichen Wotanbild der Inszenierung. Sir John Rowland Tomlinson geboren 1946 in England spielte unter anderem den ‚Herkules’ aus Georg Friedrich Händels gleichnamigen Werk. 1992 sang er den Wotan/Wanderer im Ring, geleitet von Daniel Barenboim. 1997 wurde John Tomlinson der Orden des Commander of the British Empire verliehen, 2005 wurde er zum Ritter geschlagen.
Schließlich noch der ‚Mime und Loge vom Dienst’, der in der Doppelrolle ‚Loge’ (im ‚Rheingold’) und ‚Mime’ (in ‚Siegfried’) Weltkarriere machte - Graham Clark.
Der englische Sägner wurde 1941 in Lancashire geboren und sang Wagner an allen großen Bühnen so dem Royal Opera House Covent Garden, der English National Opera, beim Glyndebourne Festival und an fast allen Opernhäusern Europas und Amerikas. Er gastierte beispielsweise 15 Spielzeiten an der Metropolitan Opera und sagenhafte 16 Spielzeiten in Bayreuth in diesen Rollen.
Die Kupfer Inszenierung des Ring wurde von Bayreuth aus nach Berlin in die Staatsoper Unter den Linden übernommen und wurde auch dort ein Riesenerfolg.
Ebenso in Barcelona – ein Mitschnitt davon aus dem Grand Teatre del Liceu von 2003/4 ist in der von uns vorgestellten „Wagner Edition“ unten zu finden.
Der Harry Kupfer-Ring ist wohl die bedeutendste Inszenierung diesers Wagner-Spektakels geworden wegen ihrer enormen neuen theatralischen Wirkung und ihrer gleichzeitigen konsequenten Werktreue.

7 DVD Richard Wagner „Der Ring des Nibelungen“ und eine Bonus DVD, Bayreuther Festspiele 1976 der Patrice Chéreau-Inszenierung mit u.a. Donald McIntyre (Wotan), Hermann Becht (Alberich), Heinz Zednik (Loge & Mime), Hanna Schwarz (Fricka) Peter Hofmann (Siegmund), Jeannine Altmeyer(Sieglinde), Gwyneth Jones (Brünnhilde), Manfred Jung (Siegfried), Hagen und Fafner (Fritz Huebner), Musikalische Leitung: Pierre Boulez .
Zu haben bei Deutsche Grammophon unter der Bestellnummer 00440 073 4057.

7 DVD Richard Wagner „Der Ring des Nibelungen“, Bayreuther Festspiele 1991/92 der Harry Kupfer-Inszenierung mit u.a. John Tomlinson (Wotan), Guenter von Kannen (Alberich), Graham Clark (Loge & Mime)), Linda Finnie (Fricka), Poul Elming (Siegmund), Nadine Secunde (Sieglinde)Anne Evans (Brünnhilde), Siegfried Jerusalem (Siegfried), Hagen & Fafner (Philip Kang), Musikalische Leitung: Daniel Barenboim.
Zu haben bei Warner Classics unter der Bestellnummer R2 330556.

Die jüngsten Nachrichten aus Bayreuth zur Jubeljahr-Saison 2013 verzeichnen eine nette Fußnote: „Am Freitag, den 28. Juni ereignete sich Großes in der Münchener Innenstadt: in einem Freiluftspektakel traten Wagner und Verdi gegeneinander an und die Zuschauer konnten sich entscheiden, wem sie ihre Unterstützung zukommen lassen wollten.
Zwei riesenhafte Puppen verkörpern die Komponisten, die unterstützt wurden durch eine Armada von Blaskapellen, Musikern des Bayerischen Staatsorchesters und natürlich den zahlreichen Besuchern.
Diese mussten, um anzuzeigen, welche Partei sie ergreifen wollten, in blau (Richard Wagner) und rot (Guiseppe Verdi) gekleidet erscheinen. Erdacht wurde das Spektakel von der katalanischen Theatergruppe La Fura del Baus und dem Münchner Komponisten Moritz Eggert.“
Warum Verdi neben Wagner wird man sich fragen – auch der Italiener feiert in diesem Jahr 200. Geburtstag, er wurde wie Wagner 1813 geboren.

Die verrückte Theatergruppe ‚La Fura del Baus’ hat den wohl bemerkenswertesten Ring inszeniert, der zur Zeit auf DVD zu haben ist.
Die Truppe und Maestro Zubin Metha stellten diesen Ring 2007 im neuerbauten futuristischen Operhaus von Valencia ‚Palau de les Arts Reina Sofia’ auf die Bühne. Zubin Mehta wurde 1936 in Bombay in Indien geboren. Mehta war von 1962 bis 1978 Musikdirektor des Los Angeles Philharmonic Orchestra. 1969 wurde er außerdem musikalischer Berater des Israel Philharmonic Orchestra, wo man ihn 1977 zum Chefdirigenten und 1981 zum Music Director auf Lebenszeit ernannte. Als Operndirigent arbeitete Zubin Mehta in Montréal, an der Metropolitan Opera in New York, an der Wiener Staatsoper, an der Bayerischen Staatsoper, am Londoner Royal Opera House Covent Garden, an der Mailänder Scala und den Opernhäusern von Montréal, Chicago, Berlin (Deutsche Oper) und Florenz sowie bei den Salzburger Festspielen.
Der ‚Ring von Valencia’ ist in seiner Art in der Tat wohl einmalig. Das Ganze wurde als ein Riesenspektakel aufgezogen – moderne Video- und Lichteffekte, die Götter werden auf sich bewegenden Wagen hin und hergeschoben – es wird ein dreidimensionales Bühnenerlebnis erreicht mit Film-Einspielungen und plastischen 3D-Szenerien.
Das Ganze mutet etwas an wie ein großer Welt-Zirkus und ist ungeheuer unterhaltsam. Wer gerne mal alles ‚Schwerblütige“, das oft mit Wagner (fälschlicherweise) verbunden wird, vergessen möchte – hier ist der Ring für das 21. Jahrhundert.

La Fura suchte sich ein ganz modernes Thema für diesen Ring: Dargestellt sollte wird, wie der Mensch mit Technologie die Natur vernichtet. Die tausend tollen Einfälle, mit denen diese zirzensische Theatergruppe den Ring zum spannenden visuellen Erlebnis machen, sind kaum aufzuzählen – die Rheintöchter, zum Beispiel, kommen in riesigen Aquarien auf die Bühne und müssten wahrhaftig tauchen und schwimmen – toll anzusehen!
La Fura sind echte Straßen-Akrobaten die ihre direkten und verrückten Einfälle in diese Oper einbauen und so ein ganz neues Wagner-Erlebnis ermöglichen.
Die Sänger sind erfahrene Wagner Interpreten wie Matti Salminen als Hunding und Hagen, Peter Seiffert als Siegmund oder Lance Ryan als Siegfried und auch neue Darsteller wie der finnische Bass-Bariton Juha Uusitalo als Wotan oder Franz-Josef Kapellmann als Alberich und Jennifer Wilson als Brünnhilde.
Der Fura-Ring aus Valencia hat sicher den größten Spaßfaktor der hier vorgestellten Inszenierungen.

4 Blue Ray Disc Richard Wagner „Der Ring des Nibelungen“, mit La Fura dels Baus aus Valencia 2003 mit u.a. Juha Uusitalo (Wotan), Franz-Josef Kapellmann (Alberich), John Daszak(Loge), Anna Larsson (Fricka), Peter Seiffert (Siegmund), Petra Maria Schnitzer (Sieglinde) Jennifer Wilson (Brünnhilde), Lance Ryan (Siegfried), Gerhard Siegel (Mime) Matti Salminen (Hunding & Hagen). Es spielt das Orchestra del la Communitat Valenciana, Musikalische Leitung: Zubin Mehta.
Zu haben bei Unitel Classica - keine Bestellnummer angegeben .

Das letzte Werk Richard Wagners, der ‚Parsifal“ war immer eine Oper von besonderer Bedeutung. Er ist eine Art Liebeserklärung an Religion und Mystik ohne sie wirklich zu nennen und seine transzendentale und berückende Musik fragt nach einer besonderen Inszenierung.
Ich liebe die von Otto Schenk an der Met von 1992 unter James Levine. Viele mögen sie eher kitschig nennen, weil Schenk und Levine sich zum Ziel setzten Wagners Gedankenwelt wort- und szenen-getreu – das heißt in diesem Fall naturalistisch – umzusetzen. Ich kann das nur mal gut finden.
Wer den tieferen Sinn des ‚Parsifal’ verstehen möchte, dem sei sicherlich diese einmalige Inszenierung empfohlen.

Otto Schenk wurde 1930 in Wien geboren und ist Schauspieler, Kabarettist, Regisseur und Intendant. Erk spielte und inszenierte an den bedeutendsten Schauspiel- und Opernhäusern der Welt, darunter am Wiener Burgtheater, den Münchner Kammerspielen, der Wiener Staatsoper, der New Yorker Metropolitan Opera, der Mailänder Scala und dem Royal Opera House in Covent Garden, London.

Weitere Operninszenierungen erarbeitete er für die Deutsche Oper Berlin, die Bayerische Staatsoper oder die Hamburgische Staatsoper. Für seine ausdrucksstarken Wagner-Interpretationen erhielt er im Jahr 2009 den „Anton-Seidl-Preis“ (Anton-Seidl-Award) der „Wagner-Society of New York“.

James Levine dirigiert diesen ‚Parsifal’ mit ungeheurem Einfühlungsvermögen und eine erste Garde von Sängern steht auf der Bühne – unter anderem das ‚Traumpaar Bayreuths’, Waltraud Meier als Kundry und Siegfried Jerusalem in der Titelpartie
Daneben Kurt Moll als eindrucksvoller, weiser Gurnemanz – wohl selten ist diese Rolle mit so viel ehrlicher Kraft und Überzeugung dargestellt worden.
Kurt Moll wurde 1938 geboren und sang alle führenden Basspartien in Wagners Opern. Bei den Bayreuther Festspielen debütierte er 1967. Am 31. Juli 2006 verabschiedete sich Kurt Moll in der Rolle des Nachtwächters in Richard Wagners Die Meistersinger von Nürnberg bei den Münchner Opernfestspielen von der Opernbühne. Zuvor hatte er bekannt gegeben, dass er sich aus gesundheitlichen Gründen von der Opernbühne zurückziehen müsse.

Franz Mazura singt in dieser Inszenierung den Zauberer Klingsor, es wurde eine Lebensrolle für diesen Sänger und schließlich erlebt man Bernd Weikl als Amfortas – diese Leidens-Darstellung wird wohl kaum jemals besser auf die Bühne gebracht werden können. Der Schlussakt dieser Aufführung ‚Karfreitagszauber’ wurde regelrecht legendär – er ist auch auf YouTube zu bewundern. Ein wirkliches überzeugendes Wagner-Fest.

2 DVD Richard Wagner „Parsifal“, Metropolitan Opera New York, 1992 mit u.a. Siegfried Jerusalem (Parsifal), Waltraud Meier (Kundry), Kurt Moll (Gurnemanz), Bernd Weikl (Amfortas), Franz Mazura (Klingsor), Metropolitan Opera & Chorus, Musikalische Leitung: James Levine.
Zu haben bei Unitel/Deutsche Grammophon unter der Bestellnummer 440 073 032-9.

Wer gerne den ganzen Wagner auf einen Schlag für die persönlichen Opernfestspiele zuhause besitzen, und für das Ganze außerdem wesentlich unter 100 Euro bezahlen möchte, dem sei unsere nächste Empfehlung nahegelegt die ‚Wagner-Edition’ auf 25 DVD.
Diese Sammlung aller bekannten Wagner-Opern in verschiedenen Inszenierungen bietet Aufführungen nationaler und internationaler Opernhäuser jenseits von Bayreuth, die in den letzten 10 Jahren entstanden sind. Das hat seine Vor- und Nachteile. Denn mittlerweile haben sich so viele der Inszenierungen der Wagner Opern völlig von der ursprünglichen Szenerie und Geschichte entfernt, das sie kaum noch in ihrer von Wagner gedachten Form und Dramaturgie wiederzuerkennen sind.
Man inszeniert Wagner eben heute gerne mal völlig modern um und neu, in Regiefassungen, die mit dem Ursprung oft nur noch mühsam etwas zu tun haben.
Trotzdem kann das auch sehr aufregend sein. Namentlich und besonders wegen der neuen und oft jungen Sängergarde, die Wagner für sich entdecken.
Dennoch ist diese Sammlung nicht für diejenigen zu empfehlen, die sich mit den Opern Wagners und werkgetreuen Inszenierungen überhaupt nicht auskennen.
Diese Box bietet eben nicht den „originären“ Wagner, sondern teils wilde spekulative Interpretationen davon. Das ist nichts für den Wagner-Einsteiger.

Hier ein kurzer Abriss was auf den 25 DVD dieser Box zu finden ist – ich habe bis auf ‚Tristan’ und ‚Die Meistersinger’ schon alles angesehen. Wirklich und wahrhaftig sehr, sehr spannend aber eben auch ganz, ganz anders...

"Der fliegende Holländer", Live Aufnahme der De Nederlandse Opera vom Februar 2010. Chor der Niederländischen Oper, Niederländisches Philharmonie Orchester. Musikalische Leitung: Harmut Hänchen. Mit u.a.: Robert Lloyd (Dalland), Juha Uusitalo (Der Holländer) Catherine Naglestad (Senta), Marco Jentzsch (Erik)

Dass ziemlich abwegige Ideen auch mal enden können zeigt diese Inszenierung aus dem Niederländischen Opernhaus in Amsterdam. Der Regisseur hat die Szenerie kurzerhand auf einen modernen Crusier versetzt. Das Ganze spielt an einer Glaswand mit Türen die zum Deck führen und wird dazu zu einem oft klaustrophobischen Erlebnis einer stürmischen Seefahrt. Die Reise auf dem „Alb“-Traumschiff ist spannend sogar manchmal wie ein Action-Spektakel inszeniert – mit vielen brillanten Ideen und gutem Schauspiel statt bombastischen Bauten.
So leitet der wirklich kohlrabenschwarze, düstere Hollaender (Juha Usitalo) eine moderne ‚Sea-Gang’ von schwarzen ‚Hoodies’, die mit Drogen spielen und die Schiffsgäste terrorisieren. Auch der Schluss ist weit von dem, was Wagner einst vorschrieb – der eifersüchtige Jaeger Erik erlöst das Traumpaar Holländer und Senta mit zwei gezielten Schüssen aus seiner Büchse. Ich habe viel Spaß beim Ansehen dieses völlig neuen Holländers gehabt. Musikalisch bleibt diese Aufführung leider im Mittelmaß stecken– hier zählt eher die neue Handlung. Wirklich toll ist allerdings die Darstellung der Titelfigur durch den finnischen Bassisten Juha Usitalo.

"Tannhäuser", Inszenierung der Royal Danish Opera in Kopenhagen. Royal Danish Opera Chorus und Orchester, Musikalische Leitung: Friedemann Layer. Mit u.a.: Stig Andersen (Tannhäuser), Tina Kiberg (Elisabeth), Susanne Resmark (Venus), Tommi Hakala (Wolfram von Eschenbach)
Auch mit dem ‚Tannhäuser’ hat man sich an der Oper in Kopenhagen vollkommen neue Gedanken gemacht. Man versetzt das Ritterdrama nicht nur ins 19. Jahrhundert in ein dänisches Herrenhaus sondern man stellt das Drama Tannhäusers als inneren Konflikt eines Dichters mit sich selbst dar. Elisabeth ist dabei die Ehefrau des Dichters (sogar mit Sohn in einer stummen Rolle, denn er kommt bei Wagner ja nicht vor). Venus ist sozusagen die ‚Muse der Versuchung’ der Tannhäuser zunächst erliegt, um dann zurück im bürgerlichen Leben am Busen der Gemahlin dennoch zu scheitern. Am Schluss erlöst werden seine Werke, die er vorher teils über die Wände des ganzen Hauses schreibt (Narrenhände und so weiter...) zu Bestsellern, er selbst zum leider toten Star. Statt des erblühten Hirtenstabes des Papstes erhält Tannhäuser ein monumentales Ehrengrab mit goldenem Lorbeerkranz.
Ich finde, wenn man sich an die Inszenierungs-Idee erst mal gewöhnt hat, ist sie schlüssig. Der innere Konflikt des Künstlers zwischen Leidenschaft und Askese war eines der Hauptthemen Wagners. Man vergewaltigt also die Idee der Oper nicht, mit dem neuen Szenarium, sondern setzt sie nur anders um. Ich fand das sehr interessant.
Musikalisch ist die Aufführung erstaunlich gut – nur die Venus hat manchmal Intonationsschwierigkeiten.
"Lohengrin“, Aufnahme aus dem Festspielhaus Baden-Baden von 2006, Inszenierung: Nikolaus Lehnhoff. Diese Aufnahme habe ich bereits besprochen.

"Tristan und Isolde", Livemitschnitt, Glyndebourne vom August 2007. London Philharmonic Orchestra, Glyndebourne Chorus. Musikalische Leitung: Jiri Belohlavek
Mit u.a.: Nina Stemme (Isolde), Robert Gambill (Tristan), René Pape (König Marke),
Bo Skuvhus (Kurwenal), Katarina Karnéus (Brangäne).

"Die Meistersinger von Nürnberg" Livemitschnitt, Glyndebourne vom Mai 2011. London Philharmonic Orchestra, Glyndebourne Chorus. Musikalische Leitung: Pieter Schömann. Mit u.a.: Gerald Finley (Hans Sachs), Marco Jentzsch (Walther von Stolzing), Johannes Martin Kränzle (Sixtus Beckmesser), Anna Gabler (Eva)

Ich habe leider die beiden Aufnahmen vom ‚Tristan’ und den ‚Meistersingern’ aus Glyndenbourne noch nicht angesehen – sie wurden aber von der Kritik hochgelobt und ich bin sehr gespannt darauf. Das Wagner Jahr ist ja noch lang.
Sicher ist jetzt schon, das Nina Stemme - neben natürlich Waltraud Meier - die zur Zeit wohl beste Isolde weltweit ist. Auch Gerhard Finely, er singt den Sachs in den ‚Meistersingern’, gehört zu den großen Stimmen Englands, man darf also einiges erwarten.

"Der Ring des Nibelungen", Aufnahme: aus dem Gran Teatre del Liceu, Barcelona 2004, Regie: Harry Kupfer. Orquestra Sinfonica del Gran Teatre del Liceu. Musikalische Leitung: Bertrand de Billy Mit u.a.: Falk Struckmann (Wotan), Graham Clark (Loge & Mime), Günter von Kannen (Alberich), Lioba Braun (Fricka), Matthias Hölle (Fafner), Richard Berkeley-Steele (Siegmund), - Linda Watson (Sieglinde), Deborah Polaski (Brünnhilde), John Treleaven (Siegfried), Matti Salminen (Hagen), Andrea Bönig (Erda).

Diese Live-Aufzeichnung aus dem Grand Teatre del Liceu in Barcelona, wo die Produktion über zwei Spielzeiten in Folge (2003 und 2004) mit großem Erfolg aufgeführt wurde, dokumentiert Harry Kupfers glanzvolle neue Inszenierung, die für die Deutsche Staatsoper Berlin entstand. Nachdem Kupfer 1988 in Bayreuth einen denkwürdigen ‚Ring’-Zyklus zur Diskussion gestellt hatte (siehe Besprechung oben), schuf er einige Jahre später eine glanzvolle Neuinszenierung für die Deutsche Staatsoper Berlin. Diese Produktion, die zwei Spielzeiten hintereinander (2003 und 2004) am Gran Teatre del Liceau in Barcelona zur Aufführung kam, wird durch vorliegende, DVD-Edition eindrucksvoll dokumentiert.
Ich bin dabei besonders von Falk Struckmann als ‚Wotan’ in dieser Aufführung begeistert. Er singt in der Tat die ganze Partie – kein, wie oft üblich bei gesanglich schwierigen Stellen, rezitativischer Sprechgesang – und er ist enorm dramatisch. Ich habe selten einen so beeindruckenden, psychologisch vielschichtigen Wotan erlebt.
Man beachte dazu die Abschiedsszene zwischen Wotan und Brünnhilde in der ,Walküre’ und die ‚Erda-Szene’ am Beginn des dritten Aktes ‚Siegfried’ – das ist ganz großes Musiktheater!
Der einzige Kritikpunkt an dieser Aufführung ist die oft schlampige, nicht geprobte Stabführung des Orchesters durch Bertrand de Billy. Der Dirigent gehört leider nun mal nicht zur ersten Garde der Wagner Interpreten und wenn häufiger ganze Bläser Leitmotive unsauber und schief kommen ist das nicht so gut.

"Parsifal", Live-Mitschnitt aus dem Festspielhaus Baden-Baden von 2004. Festspielchor Baden-Baden, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin. Musikalische Leitung: Kent Nagano. Mit u.a.: Christopher Ventris (Parsifal), Waltraud Meier (Kundry), Matti Salminen (Gurnemanz), Thomas Hampson (Amfortas).

Zu diesem Parsifal habe ich ein gespaltenes Verhältnis. Die Inszenierung von Nikolaus Lehnhoff ist düster – das passt irgendwie. Das Ganze spielt in einer sterbenden artifiziellen Ritterwelt – erinnert ein bisschen an die Fernsehserie ‚Game of Thrones’ – die eigentlich auch der Gral und der tumbste Tor nicht mehr retten kann. Mitleid kommt zu spät. So weit so richtig. Alleine die Idee den sterbenden Titurel als Goldene Totenmaske in Rüstung aus dem Boden kommen zu lassen, halte ich für großartig. Doch leider ist Christopher Ventris die komplett falsche Besetzung für die Titelrolle. Er rennt im Rasta-Look ziemlich planlos durch die Staffage und die Stimme trägt es auch irgendwie nicht. Daneben wie immer großartig Waltraud Meier als Kundry und Matti Salminen als Gurnemanz.
Thomas Hampson ist wieder so ein Fall – er ist ein guter Barocksänger, hat viel mit Nikolaus Harnoncourt gearbeitet und ist ein vielbeschäftigter ‚Jesus’ in den Bachpassionen gewesen.
Vielleicht ist man in Baden-Baden deshalb auf die Idee gekommen ihm den Amfortas, im Parsifal auch eine Art Jesus-Adaption, anzuvertrauen. Keine wirklich gute Idee. Für Wagner braucht man ein anderes Stimm-Volumen als für Bach, da hilft alles nichts.
Ganz ohne Zweifel enorm ist erneut die Stabführung bei diesem ‚Parsifal’ von Kent Nagano. Hamburg darf sich schon mal freuen – Nagano wird ab 2015 künstlerischer und musikalischer Leiter der Hamburgischen Staatsoper.
Der Japaner-Amerikaner ist meiner Ansicht nach einer der meist unterschätzten internationalen Dirigenten überhaupt – oft segelt er leider im Windschatten seines hochgepriesenen Landsmannes am Pult, Seiji Ozawa – völlig zu Unrecht wie auch diese Aufnahme beweist. Ich habe von Nagano bisher nur Gutes gehört und gesehen. Er hat einen intellektuellen durchgeistigten und sehr präzisen Aufführungsstil, der bei Wagner sehr gut passt – nicht sehr emotional aber sehr durchsichtig. Ich mag das.
Noch einige etwas kritische Schlussbemerkungen zu dieser Wagner-Inszenierungs-Sammlung: Man freut sich natürlich am (niedrigen) Preis dieser Edition. Sie lohnt sich in der Anschaffung jedem Fall. Schade ist jedoch das dünne Büchlein was dazu geliefert wird. Es enthält zwar alle Angaben zur den Interpreten und auch jeweils einen Abriss des Geschehens mit schönen bunten Bildern. Aber kein Stück Libretto. Und das ist nicht so nett. Ein Glück das man die Untertitel der DVD benutzen kann, um den Text zu verstehen. Auch fehlen ein paar Angaben zur Inszenierung der Operndramen und ihren Zielen. Aber man ist zufrieden – man kann eben nicht alles haben zu diesem Preis.

25 DVD Richard Wagner „Wagner Edition“ , mit Gesamtaufnahmen und Live-Inszenierungen aus den Niederlanden, Dänemark, England und Deutschland von ‚Der Fliegende Hollaender’, ‚Tannhäuser’, ‚Lohengrin’, ‚Tristan und Isolde’, ‚Die Meistersinger von Nürnberg’, ‚Der Ring des Nibelungen’, ‚Parsifal’.
Zu haben bei Opus Arte unter der Bestellnummer OA 1095B D.
Wagner zu erleben, heißt Wagner erst mal zu sehen – wer dann das tiefere, intimere musikalische Erlebnis sucht, der kann zu den CD-Aufnahmen greifen, die wir jetzt empfehlen wollen. Sie machen Wagner im Ohr und in der Phantasie zum Erlebnis.


Ihr Herby Neubacher


Herby Neubacher stammt aus Wuppertal und wurde in Salzburg zum Musikliebhaber: Mit sieben Jahren hat er als Sopranist im Salzburger Dom Bach-Kantaten aufgeführt. Nach einem Kunststudium arbeitere er 20 Jahre in der Musikindustrie. Heute ist er als Journalist und PR-Experte tätig. Seit 2012 schreibt er regelmäßig für Kultur-Port.De über Alte Musik, Barock bis zur Romantik. Er lebt und arbeitet in Vietnam.

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Fotonachweis:
Header: Zeitgenössische Fotografie Richard Wagner
Galerie: DVD-Cover der besprochenen Aufführungen