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Kopf-Hörer 14: Atmosphärische Musik, die Stimmungen nachspürt und Gefühle greifbar macht |
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Geschrieben von: Hans-Juergen Fink - Mittwoch, den 03. Mai 2017 um 10:28 Uhr |
Kopf-Hörer 14: Atmosphärische Musik, die Stimmungen nachspürt und Gefühle greifbar macht
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![]() Christiane Kargs „Parfum“ mit französischen Orchesterliedern, Alexander Krichel mit Ravels „Miroirs“, Mendelssohns Klaviertrios 1 & 2 in einer großartigen Interpretation des Trios Fischer, Müller-Schott, Gilad. Eine Reise durch die Aggregatzustände der Liebe mit Sabine Devieilhe, und Chopin-Werke für Klavier und Orchester mit Jan Lisiecki. ![]() Christiane Karg: Parfum Mit den Bamberger Symphonikern unter David Akham. CD Berlin Classics 0300832BC. YouTube-Video: Christiane Karg - Parfum (Trailer) ![]() Ist beim „Tombeau“ jeder Satz einem im Krieg gefallenen Freund gewidmet, so holen die „Miroirs“ kleine Bilder vors innere Auge des Zuhörers. Nachtfalter, traurige Vögel oder das Tal der Glocken – von Ravel so exakt gezeichnet, dass sich die Bilderwelten ganz plastisch öffnen. Dunkel raunende Gedichte sind die Grundlage für die drei musikalischen Fantasiestücke von „Gaspard de la nuit“ – sie erzählen von Ondine, der unglücklichen Meerjungfrau, von einem Galgen und den Gehenkten, und von Scarbo, einem skurrilen Zwerg. Alexander Krichel, 2013 als Nachwuchskünstler des Jahres mit dem ECHO Klassik ausgezeichnet, zeichnet das mit den 1001 Nuancen eines Anschlags, der sich nie selbst genügt, sondern immer, selbst bei den wildesten Schwierigkeiten, den Ausdruck, die exakte emotionale Aufladung jedes einzelnen Tons findet. Er hat dafür, so erzählte er dem NDR, „die Orchesterversionen der Klavierstücke studiert, die Ravel selbst instrumentiert hatte, um genauer zu verstehen, wie der Komponist sich den Klang wünschte.“ Miroirs – Ravel Piano Works Alexander Krichel, Klavier. CD Sony Classics 8898 5377 642 YouTube-Video: Alexander Krichel spielt Ravel ![]() Die Unmittelbarkeit des Spiels und des genauen, immer aber organischen Zusammenspiels wird unterstützt von der Pentatone-Aufnahmetechnik. Bei Wiedergabe als SACD sitzt man ganz dicht dran an den Instrumenten, hört die Individualität jedes der drei Musiker und der instrumentspezifischen Klangerzeugung in großer Klarheit und Transparenz und in einer unerhörten dynamischen Breite. Das packt und vermittelt ein Erlebnis, das wohl nur noch getoppt würde, wenn man es selbst spielen könnte. Erfrischende, verzaubernde Leidenschaft und Freude an der Musik – mehr geht nicht! Mendelssohn-Bartholdy: Piano-Trios Nos. 1 & 2 Julia Fischer (Violine), Daniel Müller-Schott (Cello), Jonathan Gilad (Piano) SACD Pentatone PTC 5186 609 ![]() Kossenko hat dieses Projekt losgetreten, indem er aus Werken des Bach-Zeitgenossen Jean-Philippe Rameau eine kleine neue Oper kompilierte, die einer von Amor getriebenen jungen Frau nachspürt. Ob das nun klappt oder nicht – es ist ein wunderbarer Vorwand, in Rameaus Oeuvre Rosinen zu picken und in den Instrumentalstücken die Kunst des Komponisten, viele Stimmen prononciert gegeneinander antreten zu lassen, komplex verflochtene Dissonanzen und Vorhalte auszukosten, große Tableaus und intime Szenen auszumalen und den Emotionen der fiktiven Hauptfigur allen Raum zu geben. Dazu passt prächtig der koloratursichere Sopran Sabine Devieilhe, mit sparsamem Vibrato in ihrer fast instrumental klar geführten Stimme, hell und frisch, zupackend. Drama und Schmerz, Sehnsucht und Liebe erheben sich über dem Orchester, und doch singt sie, als sei ihre Stimme nur ein weiteres, ein besonderes unter den Orchesterinstrumenten. Die Rosinen stammen aus Rameaus erster Oper von 1733, „Hippolyte et Aricie“, ein besonders hartnäckiger Ohrwurm ist das „Forêts paisibles“ aus „Les Indes galantes“, und neben „Platée“ und „Castor et Pollux“ aus etlichen anderen Opern. Viele Entdeckungen und einige Erstaufnahmen – aber auch die berühmte „Air de la Folie“ aus „Platée“, in der die Sängerin zwischen Singen und Lachen nahtlos wechselt, ein hinreißendes Kabinettstückchen. Wir verneigen uns vor dem Erfindungsreichtum des Komponisten und verstehen, warum ihn der französische König Ludwig XV. adelte und zum Kabinettkomponisten erhob. Man sollte viel mehr Rameau hören. „Forêts paisibles“ zum Beispiel... Rameau: Le grand theatre de l’amour Sabine Devieilhe, Sopran, und Les Ambassadeurs unter Alexis Kossenko CD Erato 0825 6463 72843. YouTube-Video: RAMEAU Air de la Folie / Sabine Devieilhe & Les Ambassadeurs, dir Alexis Kossenko ![]() Lisiecki, 22, spielt das alles hochvirtuos, dabei unaufgeregt, fein ziseliert und höchst elegant. Exakt passend dazu die dezenten Orchesterparts, die das NDR Elbphilharmonie Orchester unter Urbanski beiträgt und die sicher niemand vermisst, wenn die Werke mal vom Solopiano gespielt werden. Apropos Elbphilharmonie: auch wenn die auf Fotos im Booklet auftaucht – aufgenommen wurde die CD vor ihrer Eröffnung, im Rolf-Liebermann-Studio des NDR. Was sie nicht weniger anhörbar macht. Chopin: Works for Piano & Orchestra Jan Lisiecki, NDR Elbphilharmonie Orchester, Leitung. Krzyszof Urbánski CD Deutsche Grammophon 479 8824 YouTube-Video: Jan Lisiecki - Chopin: Works for Piano & Orchestra (Trailer) Abbildungsnachweis: CD-Cover |
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