Theater - Tanz
pegasus-preis-2012

Ein Stuhl, rot-golden wie für die Zuschauer, hängt knapp über dem Bühnenboden, rechts und links an der Lehne trägt der goldenen Schwingen.
Pegasus kurz vor der Landung im Allee-Theater an der Max-Brauer-Allee. Ein hübsch verfremdetes Zitat der rot-goldenen, verheißungsvollen Stühlesammlung im Zuschauerraum.

Bald ist das vollbesetzte Haus freudiger Erwartung, die theaterleitende Familie Deeken sowieso. Denn der Pegasus-Preis, seit 1999 von ExxonMobil jährlich verliehen an ein Hamburger Privattheater, besteht ja nicht nur aus einer hübschen goldglänzenden Statue des geflügelten Rosses, sondern auch aus ganz profanen, aber nicht weniger beflügelnden 35.000 Euro, mit denen das Gewinner-Theater eine der kommenden Inszenierungen noch sehens- und hörenswerter machen kann.

Gelandet ist der Preis schon einmal an der Max-Brauer-Allee im Jahr 2000, damals aber für das ebenfalls hier ansässige Kindertheater. Die Kammeroper mit ihren wunderbaren Taschenausgaben großer Opern, mit ihren liebevoll gepflegten Wiederentdeckungen vergessener Werke, mit ihren überraschenden Inszenierungen und dem wunderbaren Gefühl, mittendrin zu sitzen – das alles war damals gerade vier Jahre alt, und Uwe Deeken wie seine Frau Barbara Hass sagten, wenn man sie nach den Erfolgsaussichten von Hamburgs zweitem Opernhaus fragte: „Wir müssen verrückt sein.“

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Sie sind es – im besten Sinne. Sie haben uns größenwahnsinnige Projekte beschert, Händels „Alcina“, Offenbachs „Schöne Helena“, einen verblüffenden „Freischütz“, Mozarts „Figaro“, „Cosí“ und „Don Giovanni“, einen „Eugen Onegin“ oder eine „Geier-Wally“, sie haben auf kleinstem Raum Deutschlands kleinste Drehbühne installiert, die von unten händisch bewegt wurde, haben das Orchester versenkbar postiert (was auch bei der Preisverleihung Erstaunen hervorrief). Sie holen Sänger zwischen Konzertexamen und den ersten Engagements, und haben ein Sechs-Mann-Frau-Orchester, das die fantastischen Arrangements seiner Leiter so spielt, als würde keine einzige Note fehlen. Opernzauber pur unterm barockisierenden Bühnenrahmen. Das Foyer ist nur einen Vorhang entfernt, das Opernmenü ebenfalls, das einen Abend hier vollends zum Genuss werden lässt.

Preisverleihung – das klingt immer vor allem nach langen Reden. Sie waren diesmal erfreulich übersichtlich – in Zahl und Länge. „Wir müssen verrückt sein“ – das war ein Wort, das auch für Monika Nellissen, Kultur-Journalistin, Jury-Mitglied und Laudatorin des Abends, eine Steilvorlage war, um die Verdienste der kleinen Musikbühne aufzuzählen. Zuvor hatten Kultursenatorin Barbara Kisseler (ihre Behörde fördert die Kammeroper seit wenigen Jahren erst mit 108.000 Euro pro Jahr) und Exxon Mobil-Vorstandsmitglied Manfred G. Bullinger das von der neunköpfigen Jury ausgewählte Privattheater mit wohlwollenden Worten gewürdigt, was den fast überschwenglichen Dank von Hausherr Uwe Deeken hervorrief.

Vor allem aber durfte das Allee-Theater zeigen, dass Musik und Fantasie hier keine Grenzen kennen. Man spielte unter der Leitung von Fabian Dobler die Ouvertüren von König Theodor in Venedig“ und der Heinrich-Marschner-Oper „Der Vampyr“, gesungen wurden Arien aus „Alcina“, aus „Orlando furioso“, „Bellérophon“ (dem kühnen Reiter des Pegasus) und aus dem „Bajazzo“ von Leoncavallo, der nächsten Produktion (Premiere am 31. Oktober). Daneben wurde über Pegasus gelesen, was die Dichtkunst und die mythologischen Lexika hergaben. Das geflügelte Pferd soll mit seinen Hufen die Quelle geschlagen haben, aus der alle Dichter Weisheit trinken. Das Finale kam als großes Ensemblestück aus „König Theodor in Venedig“. Der Rest war verdiente Feier.

Und schließlich wurde auch verraten, in welche Oper das Preisgeld fließen wird: in eine Oper von Simon Mayr (1763 bis 1845), die den deutschen Titel tragen wird „Lauter Verrückte“. Kennen Sie nicht? Dann aber nix wie hin in die Hamburger Kammeroper!


Header: v.l.n.r. Barbara Hass, Uwe Deeken, Manfred G. Bullinger, Barbara Kisseler.
Fotonachweis: Copyright ExxonMobil Central Europe Holding GmbH
Fotos: Sören Wittkuhn