Musik
Krieg und innerer Frieden – die Welt des Paul Gerhardt - Teil 2

Am Ende des Dreißigjährigen Krieges gab es ein starkes Aufflammen des Musiklebens und glückliche Umstände in Berlin führten dazu, das Paul Gerhardt einen Musiker fand, der kongenial seinen Gedichten zum Durchbruch als Kirchenmusik verhalf, Johann Crüger (1598-1662).
Es gibt eine erstaunliche Parallele zu dieser erfolgreichen Dichter-Musiker-Gemeinschaft Gerhardt Crüger bei Martin Luther und Johann Walther (1496-1570). 1524 wurde Walter von Martin Luther beauftragt, das Wittenberger Liederbuch ("Geistliches Gesangbüchlein") herauszugeben. 1525 zog Luther ihn für die Ausarbeitung seiner "Deutschen Messe" heran. Johann Walter gilt als „Urkantor“ der evangelischen Kirche. Viele Melodien zu Luther-Liedern sind in Zusammenarbeit mit Johann Walter entstanden. 1643 nun lernte Johann Crüger den berühmten Kirchenliederdichter Paul Gerhardt in Berlin kennen, für den er verschiedene geistliche Lieder vertonte. 1640 gab er das bedeutendste Kirchenliederbuch des 17. Jahrhunderts, „Praxis Pietatis Melica“ („Übung der Frömmigkeit in Gesängen“), heraus. Noch im aktuellen, modernen Evangelischen Gesangbuch finden sich, je nach Ausgabe, mindestens 18 von Johann Crügers Melodien oder Chorsätzen nach Paul Gerhardt Gedichten, darunter „Wie soll ich dich empfangen“ (EG Nr. 11), „Lobet den Herren alle, die ihn ehren“ (Evangelisches Gesangbuch; EG Nr. 447), „Fröhlich soll mein Herze springen“ (EG Nr. 36), und „Schmücke dich, o liebe Seele“ (EG Nr. 218).

Trotz der starken Stellung die Paul Gerhardt im geistlichen Leben Berlins aufbaute und trotz seiner Bekanntheit als Prediger, Dichter und Liedermacher ereilte ihn das Schicksal und er verlor schließlich seinen gut dotierten Posten an der Nikolaikirche. Der brandenburgische Kurfürst Johann Sigismund war 1613 vom lutherischen zum reformierten calvinistischen Bekenntnis übergetreten und erhob diesen zur Hof- und Beamtenreligion. So war auch Gerhardt an den Auseinandersetzungen beteiligt und vertritt vehement den lutherischen Standpunkt. Die starre Haltung der Lutheraner kam der Politik des Kurfürsten nicht gelegen. Er verordnete daher am 16. September 1664 ein Toleranzedikt und forderte die Lutheraner auf, das Edikt mit ihrer Unterschrift anzuerkennen. Alle, die sich weigerten, wurden vom Kurfürsten entlassen. Am 31. Januar 1666 sollte auch Gerhardt seine Unterschrift leisten. Wie viele andere verweigerte er sie und wurde daraufhin als Pfarrer entlassen. Die Berliner Bürger waren mit der Amtsenthebung ihres geliebten Gerhardts nicht einverstanden und forderten in seine Wiedereinsetzung. Der Kurfürst setzte Gerhardt zwar am 12. Januar 1667 wieder in sein Amt ein. Der jedoch verzichtete aus Gewissensgründen darauf. Der Kurfürst verfügte die endgültige Entlassung Gerhardts, der nun ohne Einkommen war.
Bereits 1666 hatte Gerhardt begonnen, kleine Hefte anzulegen, die bis zum Jahr 1667 gedruckt wurden und jeweils 12 Arbeiten enthielten. Diese wurden in den 1667 erschienen „Geistlichen Andachten“ als erste Gesamtausgabe seiner Liedertexte zusammengefasst. Herausgeber war Johann Georg Ebeling (1637-1676), der als neuer Kantor an der Nikolaikirche der Nachfolger Johann Crügers war. Sie enthält 120 Lieder von Gerhardt, darunter 26 Neuerscheinungen.
Gerhardts Gedichte wurden von Komponisten aller Generationen bis in die Neuzeit hinein vertont. Natürlich besonders von Johann Sebastian Bach, der in vielen Kantaten und Oratorien Gerhardt Lieder neu setzte, Heinrich Schuetz, der Gerhardt zwar nie getroffen hat, aber seine Lieder schätzte und übernahm.

Die beiden CD Aufnahmen des Ensembles „Movimento“, die unten empfohlen sind, enthalten eine Vielzahl von unterschiedlichen Sätzen und Bearbeitungen von Musikern verschiedener Epochen von Gerhardt Gedichten.

Die Bewegung und das Vermächtnis
Zeuch ein zu deinen Toren,
sei meines Herzens Gast,
der du, da ich geboren,
mich neu geboren hast,
o hochgeliebter Geist
des Vaters und des Sohnes,
mit beiden gleichen Thrones,
mit beiden gleich gepreist.

Du bist ein Geist der Freuden,
willst unser Trauern nicht,
erleuchtest uns im Leiden
mit deines Trostes Licht.
Ach ja, wie manches Mal
hast du mit süßen Worten
mir aufgetan die Pforten
zum goldnen Freudensaal.

Du bist ein Geist der Liebe,
ein Freund der Freundlichkeit,
willst nicht, daß uns betrübe
Zorn, Zank, Haß, Neid und Streit.
Der Feindschaft Feind du bist,
willst, daß durch Liebesklammern
sich wieder tu zusammen,
was voller Zwietracht ist.

Dieses Gedicht/Lied von Paul Gerhardt stammt von 1653 und ist als Pfingstchoral des EG Nr. 133 bekannt.

Galerie - Bitte Bild klicken
Am 5. September 1668 war der Pfarrer von Lübben (Spreewald) gestorben. Der Rat der Stadt suchte einen geeigneten Nachfolger und entschied sich für Paul Gerhardt. Am 29. Oktober 1668 erhielt er die Berufung in das Amt des Archidiakons an der damaligen Nikolaikirche. In Lübben leistete Gerhardt die geistlich-seelsorgerische und die organisatorische Arbeit zur Zufriedenheit der Kirchengemeinde. Er lebte bis zu seinem Tod im 70. Lebensjahr am 27. Mai 1676 in bescheidenen Verhältnissen. Er wurde am 7. Juni 1676 im Chorraum nahe dem Altar seiner letzten Wirkungsstätte beigesetzt.

Paul Gerhardts Sicht des Lebens, der Welt und des Himmels sind Vorboten zweier philosophischer Strömungen, die Kunst und Musik ausgehend vom Frühbarock bis in die Klassik inspirieren sollten.
Die eine Richtung ist der sogenannte „Pietismus“ (von lateinisch „Pieta“ „Frömmigkeit“ und „Innerlichkeit“). Der Pietismus ist nach der Reformation die wichtigste Reformbewegung im kontinentaleuropäischen Protestantismus. Der Pietismus entsprang einem Gefühl der vermeintlich mangelhaften Frömmigkeit, also einer unzureichenden christlichen Lebensführung und dem Drang zur Verifizierbarkeit des persönlichen Glaubens. Theologisch reagiert er auf die Spannung und das Trauma des Dreißigjährigen Krieges durch eine Neuorientierung auf die Bibel und die christlichen Traditionen.
Die Armut und Wiederaufbauleistung nach dem Westfälischen Frieden 1648 und in den nachfolgenden Notzeiten entsprach der lutherischen Auffassung von Fleiß im Alltagsleben, während die wiederaufkommende Vergnügungslust in weiten Bevölkerungskreisen und im Adel ihr widersprach. Aus diesem Spannungsfeld heraus erschienen Erbauungsschriften wie zum Beispiel die von Paul Gerhardt, Andreas Gryphius späterhin auch von Matthias Claudius (1740-1815), dem „Wandsbeker Boten“, deren Verfasser als typische Vertreter des Pietismus gelten.

„Vanitas“, die Vergänglichkeit, oder wie Luther es nannte „Eitelkeit“ der Welt, wurde ein weiteres, zweites mit dem Pietismus eng verknüpftes philosophisches Motiv in Literatur, Kunst, Theater und Musik des Barockzeitalters. Man sollte die Vergänglichkeit aber nicht negativ oder gar depressiv verstehen. Es repräsentierte eher eine wissende Grundhaltung zur Relativität des Lebens – eine „edle“ Traurigkeit, Melancholie und Gelassenheit. Gerhardt nannte das in einem seiner Liedzeilen „In Traurigkeit mein Lachen...“.
Schönheit und Verfall werden miteinander verbunden. Im deutschen Sprachgebiet fällt die Aufmerksamkeit der Vanitas insbsondere auf die Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges.
Vanitas-Motive in der bildenden Kunst zeigen, dass der Mensch keine Gewalt über das Leben hat. Am auffälligsten sind Bilder des Vergangenen und des Vergehenden wie Schädel oder Sanduhr. Auch Texte oder Musik machen das Vergangene und Vergehende zum Thema.
Mit dem Aufstreben der „Vanitas“ seit der Renaissance wird ein Konflikt zwischen Mittelalter und Moderne – der Zwiespalt zwischen menschlicher Demut und menschlichem Selbstbewusstsein – in das intellektuelle Bewusstsein gehoben. Dieser Konflikt erreicht einen künstlerischen Höhepunkt in der Zeit des Barocks.

Pietismus und die gerade erläuterte Idee des Vanitas prägen die Zeiten um Paul Gerhardt und bis hinein ins 19. und sogar das 20.Jahrhundert (siehe beispielsweise den Liederzyklus von Franz Schubert „ Die Winterreise“ 1827 oder Mahlers „Kindertotenlieder“ 1904).
Auch aktuell wird vieles von dem wieder aufgenommen. Der Gedanke der Endlichkeit der Ressourcen, der Machtlosigkeit des menschlichen Lebens, der Wunsch um die Erhaltung der Schöpfung haben den „Vanitas“-Gedanken neu aufflammen lassen. Liest man heutzutage Paul Gerhardts Gedichte, lauscht man seinen Liedern so klingen sie – trotz oder gerade wegen der aufregenden Sprache und ihrer ungebrochenen Kraft – modern und aktuell.

Wer ist uns Paul Gerhardt heute?
Vielleicht jemand, den man mit Herz und Sinn neu entdecken sollte, weil er uns viel zu sagen hat, über das Leben und was unsere Seele endlich wahrhaft selig macht.

Paul Gerhardt und seine Welt zum Anhören und Nachlesen
Ach, ich bin viel zu wenig,
Zu rühmen seinen Ruhm!
Der Herr allein ist König,
Ich eine welke Blum.
Jedoch weil ich gehöre
Gen Zion in sein Zelt,
Ist’s billig, daß ich mehre
Sein Lob vor aller Welt!

1667 veröffentlichte Paul Gerhardt "Du meine Seele, singe," basierend auf Psalm 146. Dies ist die letzte Strophe und eine Art „Credo“ des Dichters...
In Traurigkeit mein Lachen
Voller Freud ohne Zeit
Musik um Paul Gerhardt
1 CD Movimento
Edition Chrismon ISBN 3-938 704 10-1
Edition Chrismon ISBN 3-938 704 11-X

Diese zwei CDs, die ursprünglich zum 500. Todestag Paul Gerhardts 2007 angeregt und aufgenommen wurden, bieten ein fast vollständiges, hervorragendes musikalisches Zeugnis der Lieder des Dichters und der Musik seiner Zeit.
Alle berühmten Gerhardt-Lieder sind darauf zu finden. Das Ensemble um die Sopranistin Nele Gramss, solo auf der CD „In Traurigkeit mein Lachen“, - auf der CD „Voller Freud’ ohne Zeit“ zusammen mit Monika Mauch (Sopran), Sibylle Kamphues (Alt), Hermann Oswald (Tenor) und Harry van der Kamp (Bass), spielen auf Originalinstrumenten oder solchen in originalen Nachbauten.
Die beiden wirklich vorzüglich musizierten Aufnahmen schlagen einen Bogen von Kompositionen mit Paul Gerhardt Texten von seinen Zeitgenossen Johann Georg Ebeling (1637-1676) und Johann Crüger (1598 – 1662) über Heinrich Schuetz (1585 – 1672) zum Hochbarock mit Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) und Dietrich Buxtehude (1637 – 1707) bis hin zur Spätromantik zu Max Reger (1873 – 1916) und Walter Hensel, einem postmodernen Komponisten (1887 – 1956).
Sehr verdienstvoll dabei ist das nicht nur Gerhardts Lieder erklingen, sondern auch Unterhaltungsmusik der Zeit, Intraden und Galliarden und verschiedenste Satzformen gewählt wurden, vom einfachen Strophen-Lied über das mehrstimmige Madrigal bis hin zum Auszug aus der Bachkantate BWV 92 die dem Gerhardt Lied „Ich hab’ in Gottes Herz und Sinn“ eine Vielfalt an musikalischen Formen und Sprachen angeboten wird.

Geh aus, mein Herz, und suche Freud
Die Lieder Paul Gerhardts.
Motetten, Kantaten, Instrumentalmusik seiner Zeit
1 CD Susato Ensemble
Klangräume Musikproduktion, Nr. 070-55264723

Hier ist nun die echte „Pop-Platte“ zum Thema Paul Gerhardt richtig zum Mitsingen und Swingen. Das Susato Ensemble, benannt nach dem in Antwerpen lebenden Musiker und Verleger Tielman Susato (1510 – 1570) spezialisierte sich auf die Musik der Epoche von 1430 bis zum Beginn des Generalbass-Zeitalters um 1600.
Das Susato Ensemble wurde 1979 in der DDR gegründet und war eines der bekanntesten Gruppen der Originalklang Musik. Mittlerweile leben die Mitglieder des Ensembles überall in Deutschland und initiierten – wie beispielsweise der Blockflötist und Leiter des Ensembles Hans-Martin Meckel - sogar Festivals Alter Musik, wie das renommierte alljährliche Treffen der Originalklang Szene in Berlin.
Diese CD dieses Ensembles bietet eine farbenprächtige Palette des Musiklebens um Paul Gerhardt und bezieht Unterhaltungsmusik des Hamburg-Briten William Brade (1560 – 1630) und relativ unbekannten Komponisten der Zeit wie Johann Staden (1581 – 1634) mit ein.
Die Aufnahme bewegt sich relativ strikt im 17.Jahrhundert und man kann sich daher ein gutes (Klang-) Bild verschaffen, wie Musik zur Zeit von Paul Gerhardt aufgeführt wurde. Natürlich kommen alle seine berühmten Lieder in verschiedenen Musikformen vor – ein echte Spaß diese Platte und man wird sie einfach aus Vergnügen immer wieder hören wollen.
Noch eine letzte Bemerkung - ebenfalls besonders gelungen ist das wirklich informative Textbuch zu dieser CD. Man lernt alles über Gerhardt und seine Zeit.

Paul Gerhardt
Die schönsten Choräle
1 CD Bach Chor Siegen, Leitung: Ulrich Stötzel
Gerth Medien CD 939 337

Mancher mag seinen Paul Gerhardt als Kirchen-Choral hören – auch was Schönes. Eine besonders zu empfehlende Aufnahme ist vom Bach Chor Siegen zu haben. Hier wird ein modernes Instrumentarium nebst einer Kirchenorgel zur Begleitung eingesetzt. Der Chorgesang ist rein und fein, zeitgemäß, nicht schwülstig, sondern begeisternd. Und man fühlt sich so als ob man in der Kirche wieder mal mitsingen darf. Auch sehr zu empfehlen. Natürlich sind hier alle Paul Gerhardt „Hits“ ebenfalls vertreten.

Paul Gerhardt
Geistliche Lieder
Reclam Heft broschiert 160 Seiten
Reclam Universal Bibliothek ISBN 978-3-15-0012741-8

Dieses Reclam Heft (nur 4 Euro bei Amazon!) ist nun Paul Gerhardt „pur“. Alle seine Lieder und Gedichte. Und ich muss sagen obwohl ich mein Leben lang diese Lieder gehört und gesungen habe – das Erlebnis sie als Prosa zu lesen ist wieder völlig neu. Man reflektiert auf Gerhardts Gedanken - ohne „störende“ Musik.
Ich habe mir daher angewöhnt, jeden Sonntag ein paar dieser Lieder neu zu lesen – Futter für den Kopf und die Gedanken und die Seele – mich macht es reicher.

Paul Gerhardt Zeitgenossen
Heinrich Schuetz
Geistliche Chormusik 1648
2 CD Weser Renaissance Bremen, Leitung: Manfred Cordes
Classic Produktion Osnabrück CPO Nr. 999 546-2

Viel war auch von Heinrich Schuetz, dem Zeitgenossen Paul Gerhardts, die Rede. Schuetz brach 1648 in einen wahren Kompositionstaumel aus und war so glücklich das er wieder nach italienischem Muster voll besetzte Bläsergruppen und Chöre kombinieren konnte, das er eine komplette Chormusik nach dem Muster der venezianischen Schule auflegte. Alle Texte sind der Bibel entnommen und viele dieser Konzerte für mehrere Stimmen, Doppelchöre und Solisten gehören zum Berühmtesten und Begeisterungswürdigsten das Schuetz je komponiert hat.
Es beginnt schon mit dem unglaublichen „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“ das wirkt wie ein Jubelgesang auf den endlich erreichten Frieden. „Tröstet mein Volk“ und „Ein Kind ist uns geboren“ – alles Motetten die Schuetz weltberühmt gemacht haben. Natürlich auch die absolute Hymne des Friedens überhaupt nach den Worten Martin Luthers „Verleih uns Frieden gnädiglich“ und „Gib unseren Fürsten“ mit der die Chormusik 1648 abschließt.
Nicht so diese hoch zu empfehlende Aufnahme. Manfred Cordes und seine stimmlich und instrumental erstklassig besetzte Weser Renaissance, die mittlerweile wohl zu den besten Alte Musik Ensembles Europas zählt, fügt noch den 116. Psalm Schuetzens an „Das ist mir lieb, das der Herr meine Stimme höret“ und eine selten gehörte aber umso spannendere Litanei, die alle Bitten enthält eines gepeinigten Volkes nach einem fürchterlichen Krieg: „Kyrie Eleison, Christe Eleison!“ – Herr erbarme dich, Christe erbarme dich unser!

Heinrich Albert
Lieder von Liebe und Tod
1 CD Cantus Coelln, Leitung: Konrad Junghaenel
Deutsche Harmonia Mundi Nr. 886975741-42

Bleibt ein echtes musikalisches „Bontsche“ anzufügen – „Lieder von Liebe und Tod“ des Schuetz-Schülers und Gerhardt-Zeitgenossen Heinrich Albert (1604-1651). Albert schrieb zumeist Hausmusik. Diese Form des bürgerlichen, häuslichen Musizierens wurde mit dem Pietismus beliebt und Albert gab eine Sammlung von Liedern zur Kammer-Besetzung mit Violine, Viola, Viola da Gamba, Cembalo, Hausorgel und Laute heraus.
Der Titel dieser Liedersammlung „Musikalische Kürbishütte“ soll einmal die geforderte „Schrebergarten- Besetzung“ unterstreichen – der Kürbis war in der Vanitas Symbolik aber auch ein Hinweis auf die Vergänglichkeit der Welt.
Die Lieder Alberts stehen vielem, das Paul Gerhardt geschrieben hat, poetisch kaum etwas nach. Besonders stimmig und nicht mehr zu vergessen für den, der es einmal gehört hat, ist sein Morgenlied „Gott des Himmels und der Erden“ das auch seinen Eingang in das Evangelische Gesangbuch gefunden hat (EG 445):

Gott des Himmels und der Erden
Vater, Sohn und Heil´ger Geist
der es Tag und Nacht läßt werden
Sonn und Mond uns scheinen heißt
dessen starke Hand die Welt
und was drinnen ist, erhält

Gott, ich danke dir von Herzen
Daß du mich in dieser Nacht
Vor Gefahr, Angst, Not und Schmerzen
Hast behütet und bewacht
Daß des bösen Feindes List
Mein nicht mächtig worden ist

Alberts Musik wird vom berühmten Ensemble Cantus Coelln unter dem Lautenisten Konrad Junghaenel, das schon viele Juwelen der Renaissance, des Früh- und Hochbarock aufstöberte und zur Wiederaufführung brachte, gespielt und auf das beste gesungen.
Bleibt mit der letzten Strophe dieses erstaunlichen Zeugnisses um Paul Gerhardt zu schließen und uns allen zu wünschen:

Meinen Leib und meine Seele
Samt den Sinnen und Verstand
Großer Gott, ich dir befehle
Unter deine starke Hand
Herr, mein Schild, mein' Ehr' und Ruhm
Nimm mich an, dein Eigentum.

Teil 1 wurde am 20. Juni veröffentlicht.
Fotonachweis:
Header: Komposition; Befiehl du deine Wege
Galerie:
01. (Postumes) Portrait Paul Gerhardt (Gemälde, Geschenk von Friedrich Wilhelm IV. zur Einweihung der Paul-Gerhardt-Kapelle), 1844 Quelle: Paul-Gerhardt-Haus, Gräfenhainichen
02. Paul Gerhardts Geistliche Andachten. Herausgegeben von Johann Georg Ebeling um 1667 Datum um 1667. Quelle: Aus der Biblothek des evangelischen Predigerseminars. Gedruckt bei Christoph Rungen
03. Unbekannter Meister aus Leiden: „Vanitas“, ca. 1635, Hamburger Kunsthalle.
04. und 05. Verschiedene CD-Cover

Kommentar verfassen
(Ich bin damit einverstanden, dass mein Beitrag veröffentlicht wird. Mein Name und Text werden mit Datum/Uhrzeit für jeden lesbar. Mehr Infos: Datenschutz)

Kommentare powered by CComment


Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.