Musik
Käptn Peng und die Tentakel von Delphi Foto Matthias Popp

Zum Release ihres neuen Albums „Das nullte Kapitel“ tourt Käptn Peng erneut mit den Tentakeln von Delphi durch deutschsprachige Lande. Beim Konzert im Kölner Palladium erklärt der Käptn kurzerhand alle Anwesenden zu seinen Freunden – und heizt der Menge mit philosophisch-gerapptem Gedankengeschwurbel auf „Wobwobwob“-Beat ordentlich ein.

Ausverkauft das Konzert in der Berliner Columbiahalle, und auch in Köln musste die Location im Vorfeld ins größere Palladium verlegt werden; so schnell waren die Karten weg. Käptn Peng und die Tentakel von Delphi sind zurück, und sie haben ein neues Album im Gepäck: „Das nullte Kapitel“ ist das dritte gemeinsame Werk der Berliner Hip-Hop-Formation. Ihrem Erfolgsrezept bleiben sie weitestgehend treu: wortgewaltige Texte, die sich den großen Fragen von Dasein, der Menschheit, dem Ich und der Welt stellen („Pi“, „MC Homo SapiensSapiens“) und spielerisch-dadaistisch mit der Sprache jonglieren („Backpfeifenernte auf dem Alphabeet); unterlegt von bunten Klangwelten, die von den Tentakeln instrumental generiert werden. Neu ist dieses Mal: Der Käptn wagt sich an die Gattung Liebeshymne, umschifft aber gekonnt den Schmalz („Tango im Treibsand“); und bei den Tentakeln tauchen neben dem hausgemachten Sound nun auch vermehrt Synthesizer-Klänge auf.

Wer Käptn Peng noch nicht kennt, könnte immerhin seinen bürgerlichen Namen schon mal gehört haben: Robert Gwisdek, Sohn von Corinna Harfouch und Michael Gwisdeck, ist wie seine Eltern selbst Schauspieler, hat gerade ein Buch geschrieben – und macht eben auch Musik, mal mit seinem Bruder, der unter dem Pseudonym Shaban mit ihm auftritt, oder eben mit den Tentakeln, eine vierköpfige Band, die seine Rap-Texte effektvoll in Szene setzen.
Richtig in eine Musikkategorie passt Käptn Peng trotzdem nicht: Seine anspruchsvollen Lyrics in hibbelig-manisch vorgetragener Manier sind manchem HipHop-Fan zu verkopft, zu viel gedacht; und den Titel des Intellektuellen-Rappers wird Käptn Peng wohl nie los. Den Fans ist das egal – und solange die Hallen ausverkauft sind, kann es auch den fünf Berliner Jungs egal sein.

Trotzdem steht das Datum unter keinem guten Stern. Wenige Stunden zuvor das Attentat bei einem Konzert in Manchester, und auch Käptn Peng schreibt auf seiner Facebook-Seite „Heute ist irgendwie ein seltsamer Tag, um ein Konzert zu spielen. Da war vorgestern [in Berlin] so viel Liebe im Raum“. Vielleicht auch deswegen die Botschaft: Wir feiern heute zusammen, und sind, zumindest für eine kurze Zeit, alle eins. „Da könnt ihr gar nichts gegen machen, Leute. Heute Abend seid ihr alle meine besten Freunde“, so begrüßt Käptn Peng das Publikum im Kölner Palladium, und bittet alle, doch bitte einmal alle simultan ihren Namen zu schreien: „Dann kennen wir uns auch gleich.“

Der Einstieg ins Musikalische ist dann überraschend soft, erst langsam steigern Rapper und Band sich in Tempo und Beat. Die Menge wibbelt deshalb zunächst etwas zögerlich auf und ab, denn so richtig textsicher sind die meisten noch nicht; immerhin ist das neue Album erst seit einer knappen Woche auf dem Markt. Auch Käptn Peng wird bei dem ein oder anderen Song textlich rausgeworfen, fängt sich aber schnell wieder; und angesichts der komplexen Wortakrobatik, die in wenigen Sekunden aus ihm hervorsprudelt, sieht ihm das Publikum kleinere Stolperer leicht nach. Die Band ist erfrischend funkig, und zu Bass, Gitarre und Percussion groovt sich das Publikum langsam ein; da ist es dann irgendwann auch nicht mehr so wichtig, wenn man nicht mehr jedes Wort genau versteht, das von der Bühne kommt.

Besonderes Schmankerl ist der Freestyle-Battle zwischen Peng und dem Sänger der Vorband Pavlidis, bei dem beide Künstler gegeneinander auf einen Beat improvisieren. Spätestens jedoch bei Klassikern wie „Sie mögen sich“ oder „Sockosophie“ kennt die Menge kein Halten mehr: Hier wird jedes Wort laut mitgesungen, im Takt mitgesprungen und die Hände hochgerissen. Und „Wobwobwob“ reißt dann auch den Tanzfaulsten mit.

Zugabe kommt, klar. Zum Abschied geht es, ganz nach dem Motto des bandeigenen Labels „Kreismusik“, wieder zurück zum Beginn. Mit dem Song „Der Anfang ist nah“ verabschieden sich die Musiker vom Publikum, das nach 2,5 Stunden erschöpft, aber sichtlich zufrieden aus dem Konzertsaal taumelt.

Käptn Peng und die Tentakel von Delphi
„Das Nullte Kapitel“ (Release 19.05.2017), Kreismusik
Hamburg - Weitere Tourdaten


Abbildungsnachweis:
Headerfoto: Matthias Popp
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