Literatur
Das Literaturhaus Schleswig-Holstein – ein Blick zurück, ein Blick voraus

Der 1989 gegründete Verein Literaturhaus Schleswig-Holstein ist ein Netzwerk der Literatur im nördlichsten Bundesland.
Er begleitet, unterstützt und verknüpft die Arbeit der etwa 20 angeschlossenen Vereine und Verbände, bietet eigene Veranstaltungen in Kiel und im Land an und gibt eigene Publikationen heraus.

Der Rückblick auf das Jahr 2013
Lyrik im Gespräch: Sehr erfreulich waren die Bemühungen des Literaturhauses Schleswig-Holstein in Kiel im allgemeinen Jahresprogramm 2013, die Lyrik ins Gespräch zu bringen. Angefangen mit einer großen Präsentation aktueller Arbeiten von sieben Autoren, darunter die Kieler Arne Rautenberg, Christopher Ecker und der Lübecker Hendrik Rost, zum „Welttag der Poesie“ im März über die Vorstellung neuer Werke von Doris Runge, Bodo Heimann und Ingrid Glienke und die Auftritte der französischen Slam-Poeten Poison d'Avril und Alice Ligier bei ihrem Besuch in Kiel bis hin zu einem eindrucksvollen Lyrikabend zur polnischen Literaturnobelpreisträgerin Wisława Szymborska hatte die Lyrik große und durchweg sehr gut besuchte Abende im Literaturhaus, die schließlich im Dezember mit den drei Veranstaltungen zur Liliencron-Dozentur des Kielers Arne Rautenberg einen weiteren Höhepunkt fanden.
 Nicht nur das Gesicht der Lyrikveranstaltungen war stark aus Schleswig-Holstein geprägt, auch unter den deutschsprachigen Erzählern waren mit Uwe Herms, Jochen Missfeldt, der vor vollem Haus seine vielbeachtete Storm-Biographie vorstellte, Jan Christophersen und Heiner Egge dem Norden eng verbundene Autoren zu Gast. Ansonsten zeigte das Programm des Literaturhauses im Bereich der Prosa für 2013 das gewohnt ausgeglichene Bild zwischen deutsch- und fremdsprachigen Erzählern.

Für die deutschsprachige Literatur standen Tilman Rammstedt zur Jahreseröffnung, Eckart Henscheid, Alain Claude Sulzer und Anne Weber im ersten Halbjahr, Daniel Kehlmann mit einer der ersten Lesungen aus seinem neuen Roman, Eva Menasse, Judith Kuckart, Hans Pleschinski und Jochen Schmidt in der zweiten Hälfte. Übersetzungen aus anderen Sprachen lernte das Publikum bei Veranstaltungen mit Sami Özkara, der in der Türkischen Gemeinde auftrat, Michail Schischkin, Justin Cronin in der Kunsthalle, Aris Fioretos, Magnus Florin, Arnon Grünberg, Paolo Cognetti, Rosa Liksom, Wu Ming, Edo Popović und Mathias Enard kennen, wobei in vielen Fällen eine enge Kooperation mit der Herkunftssprache entsprechenden universitären Seminaren gelang. Ergänzt wurde dieses Kernprogramm der Autorenpräsentationen im vergangenen Jahr durch einen unterhaltsamen Vortrag von Matthias Kneib zu Polen, zwei sachorientierte Veranstaltungen mit Tobias Timm zu Kunstfälschungen und Roland Reuß zu Kultur und Unkultur des Internet sowie zwei überaus interessante und sehr gut besuchte Werkstattpräsentationen zur Übersetzungsarbeit aus dem Tschechischen bzw. dem Spanischen.
Neben der übersetzerischen Präsentation von Werkstattergebnissen hatten 2013 auch die Werkstattarbeit für unbekanntere Autorinnen und Autoren aus Schleswig-Holstein in Kooperation mit dem Nordkolleg Rendsburg, diesmal unter Leitung von Rainer Weiss, und das monatliche Beratungsangebot für Autoren und Über¬setzer ihren festen Platz im Programm.

Sonderprojekte
Im Jahr nach dem 10-jährigen Jubiläum ging das Europäische Festival des Debütromans Ende Mai zwangsläufig ruhiger aber inhaltlich sehr konzentriert und überaus erfolgreich vonstatten und erwies sich wieder als ein Herzstück der Arbeit des Literaturhauses, das mittlerweile immer stärker durch Veranstaltungen mit ehemaligen Teilnehmern (2013: Satu Taskinen, Anna Weidenholzer, Jonas Bengtsson, Radka Denemarková) auch auf das allgemeine Programm ausstrahlt. Das 11. Jahr brachte wieder an vier Tagen Autoren und Lektoren aus elf Ländern in das Literaturhaus und in universitäre Seminare (vgl. dazu die Pressemitteilung vom 05.06.2013) und es fand zwischenzeitlich zusätzliche Resonanz in den Niederlanden als ein Sonderteil in der Literaturzeitschrift „Tirade“.

Der Literatursommer Estland | Lettland | Litauen war nach einiger Unsicherheit im Vorfeld von der literarischen Breite und der Annahme durch das Publikum ein ganz besonderes Ereignis. Die Literaturen dreier Länder mit relativ geringer Zahl an Übersetzungen ins Deutsche aufzubereiten war eine große Herausforderung. Mit drei estnischen und zwei litauischen Autoren sowie einer Autorin und einem Literaturübersetzer für Lettland entstand in 32 Veranstaltungen des Sommers ein lebendiges und differenziertes Bild der aktuellen literarischen wie gesellschaftlichen Situation der Länder. Die Gesamtbesucherzahl hielt sich im Vergleich zu anderen Literatursommern mit 1.400 Besuchern im mittleren Niveau, gleichwohl war die Publikumsresonanz in diesem Jahr der herausragende Effekt. Den Schriftstellern aus den baltischen Ländern wurde sehr großes inhaltliches Interesse und konzentriertes Zuhören zuteil. Die Gespräche am Ende der Veranstaltungen waren intensiv. In den Orten, in denen es möglich war, einen Eindruck von allen drei Ländern zu bekommen (Eutin, Kiel und Lübeck) zeigte sich, dass viele Besucher diese Gelegenheit nutzten. Ermöglicht wurde der Sommer nochmals durch großzügige finanzielle Unterstützung seitens der Robert Bosch Stiftung und des Landes Schleswig-Holstein.

Die Schriftenreihe „Littera borealis“, die das Literaturhaus gemeinsam mit dem Nordkolleg und der Sparkassenstiftung produziert, wurde 2013 mit zwei Heften fortgesetzt.

Junges Literaturhaus
Das Junge Literaturhaus hat sich nach dem starken Einschnitt der Projektangebote im Vorjahr auf einem neuen Level eingerichtet. Dank des Engagements der ehrenamtlichen Vorlesepatinnen des Freundeskreises Literaturhaus Schleswig-Holstein konnten die Vorlesevormittage für Kindergärten und -tagesstätten in unveränderter Frequenz mit 15 Veranstaltungen fortgesetzt werden. Auf unverändert hohem Niveau und mit sehr guter Resonanz fand auch die Reihe der Leselounges statt, an deren Organisation, koordiniert durch die Volontärin des Hauses, mehrere Studierende mitwirken und die an fünf Abenden zehn jüngere Autoren präsentierte, darunter einige mit dem literarischen Debüt vielbeachtete wie Monika Zeiner, Katharina Hartwell und Thomas Martini. Ungebrochen blieb auch der Erfolg des seit 2010 laufenden Slam Poetry-Kooperationsprojekts mit dem ‚Centre Culturel Franco-Allemand de Nantes’ und dem ‚Centre Culturel de Kiel’. Trotz der mittlerweile ausgelaufenen Förderung durch „DUO“, ein Projekt der Robert-Bosch-Stiftung, konnten 2013 drei öffentliche Veranstaltungen französischer Slam-Poeten in Kiel, Neumünster und auf Sylt sowie vier Workshops für französisch lernende Schüler in schleswig-holsteinischen Schulen anboten werden.

Ein Vorausblick auf das Jahr 2014
Für das Frühjahr stehen die meisten Autorennamen schon fest, aber deren Lesetermine noch nicht. Jan Christophersen mit seinem zweiten Roman „Echo“, Anja Röhl mit ihrem „Die Frau meines Vaters. Erinnerungen an Ulrike“, sind vorgesehen sowie Ulrike Draesner mit ihrem neuem Roman „Sieben Sprünge“ und die australische Autorin Gail Jones mit „Ein Samstag in Sydney“.
Der Erfahrung muss allerdings Rechnung getragen werden, dass es ab 12. Juni den Publikumsknick geben wird wegen anhaltender WM-Fußballbegeisterung.
Für das Junge Literaturhaus stehen der erste Termin der Leselounge und der für die traditionelle öffentliche Präsentation neuer Texte aus der Schülerwerkstatt „Texte unter der Lupe“ im Kieler Kulturzenztrum Hansa48 fest. Sehr gespannt darf das Publikum darauf sein, wie sich die neue Sendung „Literatur on Air“ beim Offenen Kanal Kiel entwickeln wird.

Wie alljährlich fällt auch 2014 das Wochenende der Prosawerkstatt im Nordkolleg in Rendsburg in das Frühjahr, zu dem die Veranstalter mit Rainer Götz vom Droschl Literaturverlag einen der profiliertesten österreichischen Verlagslektoren gewinnen konnten.
Zwei Schwerpunkte sind bereits jetzt für das abendliche Herbstprogramm zu benennen. Ab September werden einige Veranstaltungen dem Thema „100 Jahre 1. Weltkrieg“ gewidmet sein und nach der Frankfurter Buchmesse steht der 25-jährige Geburtstag des Vereins Literaturhaus Schleswig-Holstein an, dessen Arbeit ja nicht auf die Veranstaltungen in diesem Haus in Kiel beschränkt ist. Dafür wird ein Sonderprogramm geplant, das sowohl die Ursprünge des Literaturvereins im Zusammenhang des aufblühenden Literaturbetriebs der Bundesrepublik als auch literarische Höhepunkte aus der 25-jährigen Arbeit in Erinnerung rufen wird.

Das Europäische Festival des Debütromans
Seit langem steht der Termin für das „Europäische Festival des Debütromans“ fest, das seine zwölfte Auflage vom 15. bis 18. Mai haben wird und im Moment noch viel Planungsarbeit erfordert. Einige Länder haben die Teilnahme zugesagt: Norwegen, Dänemark, Finnland, Österreich und die Schweiz, Frankreich und Deutschland natürlich. Weitere Zusagen stehen noch aus, Ende Februar werden die Lücken gefüllt sein und Informationen komplett erhältlich sein.

Der Literatursommer
Mit der neuen Ausrichtung des Schleswig-Holstein Musik Festivals (SHMF) ist kein übergeordneter Länderschwerpunkt mehr gegeben. Nach längerem Überlegen haben Vorstand und Mitarbeiter des Literaturhauses sich nun dafür ausgesprochen, den Länderschwerpunkt zumindest für 2014 beizubehalten und dafür in Abstimmung mit den Kooperationspartnern die Literatur Islands ausgewählt. Island verspricht eine sehr reichhaltige Literatur und ein abwechslungsreiches spannendes Programm und die Organisatoren gehen davon aus, dass das Publikum sehr aufgeschlossen dafür sein wird. Schwieriger wird es mit der externen finanziellen Förderung für die Reihe werden, die von Sponsoren nun nicht mehr als eine Art Ableger des SHMF wahrgenommen und unterstützt werden kann. Der Literatursommer war zwar nie ein Ableger, sondern inhaltlich wie finanziell immer eine eigenständige Pflanze, stand aber eben doch in dem gemeinsamen Garten. In dieser Hinsicht wird das neue Jahr recht spannend und eine Herausforderung für Sara Dušanić, die ihren zweiten Literatursommer organisieren wird.

Die Finanzen
Für die Institution Literaturhaus Schleswig-Holstein bleibt es dankenswerter Weise 2014 beim Förderbetrag des Landes von 135.000 Euro und dem der Landeshauptstadt Kiel von 7.800 Euro. Darauf können die Verantwortlichen gut aufbauen, auch wenn einiges daran, wie die Mittel eingesetzt werden, noch gegenüber dem Vorjahr verändert werden wird. Und was letztlich im Projektetat neben den dafür verfügbaren Mitteln des Landes zustande kommt, wird man sehen.

Literaturhaus Schleswig-Holstein e.V.

Schwanenweg 13 in 24105 Kiel
Öffnungszeiten: Mo-Fr: 9 - 13 Uhr, Mo-Do: 14 - 17 Uhr

Programm


Abbildungsnachweis:
Homepage und Foto: Literaturhaus Schleswig-Holstein e.V. Collage: Claus Friede

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