Kultur, Geschichte & Management
Lauenburger Stipendiaten 2012: Carolin Schreier

Carolin Schreier studierte zunächst Kulturwissenschaften an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder und an der Universität Leipzig mit dem Abschluss eines M.A.
Danach begann sie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig ein Studium für Malerei und Graphik bei Prof. Annette Schröter, das sie 2010 mit dem Diplom abschloss. Seit 2011 studiert sie an der Kunstakademie Düsseldorf in der Fachklasse von Prof. Tal R. In ihren Arbeiten setzt sich Carolin Schreier ironisch zugespitzt mit gesellschaftlichen Strukturen und den Grenzen menschlichen Handelns auseinander. Unter Verwendung von Symbolen verweist sie auf Strukturen jenseits des Sichtbaren.

Für die Eröffnungsausstellung der Stipendiaten-Saison in Lauenburg hat sie 17 mit roter Farbe gedruckte Monotypien im Format A1 zu einer Komposition ohne Titel, vereinigt. Ich habe sie für mich die „Menschverwurstungsmaschine“ genannt. Schreier zeigt einen mäandernden Irrgarten moderner Arbeits- und Lebensräume gezeichnet in dem Menschen auf Knopfdruck reagieren, Schlange stehen, plattgemacht werden, sich kannibalisieren, Bäumen als Nahrung dienen, von fabelköpfigen Lemuren geleitet werden. Darüber wölben sich Horizont-Sphären, die aber den (Aus?)weg nach Oben versperren, eher beschränken als öffnen. Das weckt in mir Assoziationen zum einen an Charly Chaplins „Moderne Zeiten“ vor allem aber an Hironymus Bοschs „Garten der Lüste“ und „Weltgericht“, Nur dass hier das Fegefeuer bereits im Hier und Jetzt, im ausweglosen Alltag stattfindet.

Mario Scheuermann (MS): Woran arbeiten Sie gerade?

Carolin Schreier (CS): Momentan beschäftige ich mich intensiv mit einem eigentlich sehr klassischen Thema, dem Portrait. Schon während des Studiums habe ich mich mit diesem Thema länger auseinander gesetzt. Die damals entstandenen Arbeiten habe ich jedoch nie öffentlich ausgestellt, weil sie in meinen Augen noch unfertig bzw. nicht ausstellungsreif waren. Jetzt bin ich dabei, die Portraits in einer ganz anderen Richtung weiterzuentwickeln und selbst gespannt, was dabei entsteht. Ich experimentiere….Parallel dazu bin ich gerade auf der Suche nach einer Wand, die ich bedrucken/bezeichnen kann, um an meinen Monotypien weiter zu arbeiten.

MS: Wie sind Sie auf das Künstlerhaus Lauenburg aufmerksam geworden?

CS: Eine Ausschreibung im Internet hat mich direkt angesprochen und veranlasst, mich für das Stipendium zu bewerben. Wesentlich für mich war dabei unter anderem der Aspekt, im Künstlerhaus druckgrafisch arbeiten zu können, denn eine Druckpresse steht den Stipendiaten zur Verfügung.

MS: Was erwarten Sie von Lauenburg? Haben Sie eine Vorstellung von der Stadt?

CS: Alle Stipendiaten haben bei einer Vorbesprechung vor Ort die Stadt kennen gelernt. Das Künstlerhaus liegt inmitten der denkmalgeschützten Altstadt, die sehr pittoresk anmutet. Von meinem Aufenthalt in Lauenburg erwarte ich mir vor allem Ruhe und Konzentration zum Arbeiten. Ich denke, dass in Großstädten die Reizüberflutung einerseits und der Lärm andererseits an Kraft und Energie zehren, ohne dass dies immer direkt registrierbar ist. Auch der Austausch mit den anderen Stipendiaten ist mir wichtig.

MS: Werden Sie die ganze Zeit hier leben und arbeiten oder pendeln?

CS: Ja, ich gehe davon aus, dass ich in Lauenburg leben und arbeiten werde. Meine Freunde möchte ich dabei aber nicht vernachlässigen. Mit einigen Düsseldorfer Kunststudenten ist außerdem eine Ausstellung geplant, die ich dann vor Ort mit organisiere.

MS: Gibt es vielleicht schon ein konkretes Projekt, eine Idee?

CS: Ich habe eigentlich immer Ideen, oft sind es zu viele Projekte und Vorhaben, die mich beschäftigen, mehr als ich umsetzen kann. Ich muss mich dann entscheiden, womit ich beginne, was mir nicht immer leicht fällt. Das heißt, ein Konzept habe ich in etwa im Kopf, was dann letztendlich beim Arbeiten entsteht, ist ungewiss.


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Kultur-Port bedankt sich beim Verlags- und Redaktionsbüro Mario Scheuermann, Lauenburg/Elbe.
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