Fotografie

Die Ausstellung „deconstructing africa/europe“ präsentiert Arbeiten sieben junger Künstlerinnen und Künstler aus Tansania und Deutschland.

Die im Museum für Völkerkunde in Hamburg ausgestellten Fotografien und Filme entstanden im Rahmen eines Austauschprojektes.

 

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Vier Fotografen und drei Filmer waren einen Monat lang Gast im jeweils anderen Land und suchten das Unerwartete, jenseits der Klischeevorstellungen, die wir von Afrika und die Eingeladenen aus Tansania von Europa haben. Die Künstler aus Tansanias Hauptstadt und Partnerstadt Hamburgs, Dar Es Salaam, begleiteten vor Ort die Künstler aus Hamburg und Berlin und umgekehrt. Somit erhielten alle Künstler einen tieferen Einblick in das Gastland, weil ihnen bereits einige Pfade geebnet und Türen geöffnet waren. Auffallend sind bei der Ausstellung die fotografierten persönlichen Blickwinkel, sowohl in den Gemeinsamkeiten wie auch in den Widersprüchlichkeiten und das künstlerisch als auch inhaltlich. So fehlen dann auch ganz bewusst jene Bilder von Hunger, Armut und Natur in Afrika und Wohlstand, Technik und Kultur auf der europäischen Seite. Die Hamburger Fotografin Jenny Jacoby sagt: „Die Arbeit im Projekt hat vor allem in unseren Köpfen viel bewegt. Ich denke, wir sind durch den Austausch alle offener, neugieriger und auch toleranter geworden.“ Und Kibai Abdalah Matunda, Fotograf und Bildhauer aus Dar es Salaam ergänzt: „Ich hätte Dar es Salaam nie aus derselben Perspektive gesehen, wie Jenny. Genau wie ich in Hamburg ganz andere Dinge spannend fand, als die deutschen Künstler.“


Alle sieben Künstler gehen unterschiedlich mit der fokussierten Aufgabe um und präsentieren ihre Werke wie auf einer Perlenkette aufgereiht, in einzelnen, u-förmigen Abteilungen. Das hat zur Folge, dass man sich zunächst auf die Künstler einzeln einlässt und erst nach einer Weile den Kontext und die Wechselbeziehungen zusammensetzen kann.


Kibai Abdallah Matunda aus Tansania zeigt auf seinen auf Leinwand aufgezogenen und an Ösen aufgehängten Querformaten, Zweierbildkombinationen. Neben einigen wenigen Idyll-Momenten beschäftigt er sich besonders mit dem Phänomen der Vermüllung. Als ob Hamburg permanent wie ein verlassener Party-Ort ihm ins Auge gestochen ist, macht er das sichtbar, was uns schon längst in unsere gleichgültige Sehgewohnheit übergegangen ist. So ist gerade er erstaunt, wie sich sein Bild - im wahrsten Sinn - von Deutschland als "sauberes" Land in der Realität verändert hat: Aufbrechen von Klischees.


Katja Oortman, hat ihre hinter Acrylglas aufgezogenen pastellfarbigen Fotografien von Dar Es Salaam kommentarlos in Reihung gehängt. Sie bezieht am Deutlichsten die Position der Kunstfotografie. Fast klinisch hell und rein wirken Ihre Werke als ob ein künstlicher Filter zwischen Motiv und Betrachter gelegt sei.


Asha Khamis Haji präsentiert kleine Gruppen von Fotoarbeiten, die sie in Hamburg aufgenommen hat. Ihre Auseinandersetzung mit dem fremden Land dreht sich speziell um Alltag, Konsum und Lebensmittel im Besonderen. Sie ist die einzige Künstlerin, die zu ihren Fotos informative und persönliche Texte gesetzt hat, dreisprachig in Bantu, englisch und deutsch. Das ist für die Besucher sehr hilfreich und kommt dem Ausstellungskontext sehr entgegen.


Leider ist dieser Punkt auch das große Manko der Ausstellung, die mangelnde Kommunikation. Die Bezüge zur Ethnologie, die in einem solchen Projekt durchaus angelegt sind und auch mit künstlerischen Mitteln erklärbar sind, werden kaum sichtbar gemacht. Die meisten Künstler schaffen es nicht, den Betrachter umfassend einzubeziehen. Einzelne Werke haben interessante Hintergrundgeschichten, die aber nirgendwo adäquat erläutert werden. So zeigt Jenny Jacoby „Makonde“, das Portrait einer tätowierten Frau, aber der Besucher erfährt gar nichts über die Tradition des Tätowierens und darüber, ob es diesen Brauch auch heute noch gibt. Und - die Fotografin zeigt eine Aufnahme aufgereihter Secondhand Blue Jeans vor einem Elektrizitätswerk in Tansanias Hauptstadt. An sich durchaus ein künstlerisch starkes für sich selbst stehendes Foto aber erst, wenn man das Glück hat, die Künstlerin selbst zu sprechen, erfährt man die eigentlich wichtige Geschichte hinter der Arbeit, die das Werk dann auch erst richtig umfassend macht: Die Baumwolle der Jeans stammt aus Afrika, sie wird zur Weiterverarbeitung nach China oder Indien geschickt, dort zu Hosen produziert, anschließend zum Färben nach Rumänien geschafft, um in westlichen Konsumtempeln verkauft zu werden. Schließlich kehren die gebrauchten Jeans containerweise nach Afrika zurück. Was für ein Kreislauf...! Diese Geschichten und Informationen bedarf es ausführlicher und sichtbar für diesen gewählten Ausstellungsort.


Die Schau legt leider den Schwerpunkt zu sehr auf die Kunst und man fragt sich, warum sie dann nicht konsequenterweise in einer Kunstinstitution stattfindet.


„deconstructing africa/europe“

Zu sehen vom 05.09.2010 bis 23.01.2011 im Museum für Völkerkunde, Rothenbaumchaussee 64, 20148 Hamburg
Organisiert von: Anne Backhaus, Jochen Lingelbach und Seleman Khalifa Mabisso.
Homepage:
www.deconstructingafricaeurope.org

 
Beteiligte Künstler: Asha Khamis Haji, Jenny Jacoby, Hugo Francis Mambo, Kibai Abdallah Matunda, Kostantino Egino Mbonde, Katja Oortman, Jan Schöningh


Fotos in Galerie:
1. Ausstellungslogo
2-3: Katja Oortman
4-5: Kibai Abdallah Matunda
6-7: Jenny Jacoby
8-9: Asha Khamis Haji
10-11: Filmstills, Gemeinschaftsarbeit
12-13: Filmstill, Jan Schöningh

 

 

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