Film
MONUMENTS MEN - UNGEWÖHNLICHE HELDEN

Sie riskierten ihr Leben für Kunst und Kultur.
George Clooney präsentiert ein wichtiges Kapitel deutscher Geschichte als etwas fade burleske Kriegskomödie mit großem Staraufgebot. Das Thema Raubkunst bleibt brisant und der Regisseur immer im Rampenlicht.

1943, die amerikanischen Truppen verstärken ihre Angriffe auf Nazi-Deutschland. Artilleriefeuer und Bombenangriffe töten nicht nur die feindlichen Soldaten sondern zerstören auch bedeutende Bau- und Kunstwerke. Kriegsveteran und Konservator Frank Stokes (George Clooney) bittet Präsident Roosevelt darum, Experten in die Armee aufzunehmen, um zu verhindern, dass weiter historisch wertvolle Gebäude bombardiert werden. Clooney rekrutiert seine Mitkämpfer ähnlich wie er es einst als Danny in „Ocean’s Eleven” getan hat.

Er wählt sieben Männer für seine gefährliche Mission, in Wirklichkeit waren es damals 350, die in den Krieg für die Kunst zogen. Die Sondereinheit der US-Armee im Auftrag der westlichen Alliierten sucht nach Raubkunst der Nationalsozialisten. Die Kunstwerke befinden sich hinter den feindlichen Linien und Hitlers Armeen haben den strikten Befehl im Falle einer Niederlage alles zu zerstören. Auf der anderen Seite rücken die russischen Truppen immer näher. Im bürgerlichen Leben waren die Männer Museumskuratoren, Kunsthistoriker, Architekten oder Bildhauer. Sie sind mehr Idealisten als Abenteurer, die sich eher mit Barockkunst auskennen als mit einem MI-Sturmgewehr. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Die „Monuments Men”, wie sie genannt wurden, wollen jahrhundertealte Kultur vor der Vernichtung zu bewahren und die Meisterwerke ihren rechtmäßigen Besitzern zurückzugeben. In Bergwerken, Minen und Schlössern stöbern sie die geheimen Verstecke der Nazis auf. Sie finden den ‚Genter Altar’ wieder und Michelangelos ‚Brügger Madonna’, entdecken Goldschätze und Beutegut. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Bestsellers von Robert M. Edsel. Das Drehbuch schrieb der Regisseur zusammen mit Grant Heslov.

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Die wahre Geschichte der „Monuments Men” war lange in Vergessenheit geraten. Mit jenem unverwechselbaren trockenen Humor und seinem Gary Grant Lächeln stilisiert sich Clooney nun zum unerschrockenen smarten Helden ganz im Dienste der guten Sache. Will er an jene Hollywood-Ära anknüpfen vor Vietnam, Irak, Abu Ghraib? Die Zeit als Patriotismus noch nicht ins Zwielicht geraten war, der Mythos vom gerechten Krieg Kinogänger noch überzeugte und Filme wie „The Thin Red Line” (1998) von Terrence Malick noch nicht gedreht worden waren? Im Gegensatz zu seinen früheren Regiearbeiten wie „Goodnight, and Good Luck” oder „The Ides of March” fehlt es an dramaturgischer Substanz und pointierten Dialogen, aber das Thema bleibt brisant. Das Ausmaß des Krieges und die Allmacht jener Diktatur wird einem schmerzhaft bewusst, wenn die „Monumentes Men” jenes gigantische Bergwerk entdecken, in dem mehr Kunstwerke lagern als im Louvre. Die Männer (außer Clooney/Lieutenant Stokes) sind alle irgendwie liebenswert trottelig. Wer mit Kunst zu tun hat, muss sich offensichtlich bei der Grundausbildung zum Soldaten deppert anstellen. Die Generation smarter Kuratoren wie Kunstexperten (man denke an „Sotheby’s 007”. Auktionator Tobias Meyer) sind offensichtlich ein Phänomen des 21. Jahrhunderts. In Richtung „Inglorious Basterds” oder Groteske wollte der Filmemacher sich wohl nicht vorwagen. Doch die „Monuments Men” hätten etwas Besseres verdient als diese humorige Kriegsklamotte im Stil von „Kelly’s Heroes” (1970) oder „Das dreckige Dutzend” (1967). Als Akteur hat Clooney großes Talent fürs Komödiantische, als Drehbuchautor und Regisseur weniger. Ob Goodman oder Murray, alle schauen ein wenig unglücklich drein, weil sie extrem unterfordert sind. Ein „fun movie” sollte es werden, erklärte George Clooney. Warum musste gerade dieses Thema dafür herhalten? Vielleicht hoffte er auf einen Lubitsch-Effekt im Stil von „To be or not be”, nur zum Polit-Thriller als böse Anti-Nazi-Satire aufgepeppt, reicht es nicht. Nostalgie statt Konflikte. Der Tod der beiden Kameraden schweißt die Truppe zusammen, die Freunde dürfen nicht umsonst gestorben sein. Auf der Leinwand Hitlers Hand, der den ‚Nerobefehl’ unterzeichnet, die Anweisung, beim Rückzug nur verbrannte Erde zu hinterlassen.

Wie spannend dieses Sujet umgesetzt werden kann, das bewies der Schwarz-Weiß-Filme „The Train” (1964) von John Frankenheimer mit Burt Lancaster in der Hauptrolle und Jeanne Moreau. Die amerikanisch-französisch-italienische Koproduktion basiert auf Rose Vallends Sachbuch „Le Front d’Art 1939-1945”. 1966 wurden Franklin Coen und Frank Davis mit dem Oscar für das Beste Drehbuch ausgezeichnet. Geschildert wird der Kampf der Résistance um einen mit französischer Raubkunst beladenen Zug der deutschen Wehrmacht. Auch dieses Drehbuch hätte mehr ‚Drive’ haben können, die Vorlage, der Bestseller Robert M. Edsels ist als Informationsquelle fast unerschöpflich und von Clooney nicht ausreichend genutzt worden. Anhand von persönliche Briefen, Tagebüchern der ‚Monuments Men’, historischen Fotos, vertraulichen Schreiben aus dem Führerhauptquartier recherchierte der Autor die atemberaubende „Schatzsuche”. Er dokumentiert die Sorgen der Soldaten, ihre Schwierigkeiten, inneren Konflikte, Zweifel ebenso wie ihre geschickten Strategien, ihren Spürsinn, die Erfolge und Niederlagen. Auch Rose Vallands bissige Anekdoten über Hermann Göring: „Wenn dieser sich größere Kunstwerke aneignete, ließ er einfach einen weiteren Waggon an seinen Privatzug anhängen. Auf der Zugfahrt nach Berlin hüllte er sich in einen riesigen Seidenkimono, der mit schweren goldenen Bordüren besetzt war. Jeden Morgen stieg er in seine luxuriöse rote Marmorbadewanne, die in Übergröße gebaut worden war, um seine Leibesfülle aufnehmen zu können. Er hasste das Schaukeln von Zügen. Davon schwappte das Badewasser über. Wenn Reichsmarschall Göring in die Wanne stieg, blieb sein Zug an Ort und Stelle stehen. Dadurch mussten auch andere Züge auf dieser und benachbarten Strecken anhalten. Erst wenn der Reichsmarschall mit seinem Bad fertig war, konnten Waffen, Ausrüstungsgegenstände und Soldaten wieder weitertransportiert werden.”

Stattdessen konzentriert sich die Lächerlichkeit hier im Film auf die „Monuments Men”. Die Kalauer geraten oft platt, die Klischees manchmal eher peinlich, die Protagonisten bleiben Stereotypen. Jean Dujardin als arroganter Franzose, Hugh Bonneville als trinkfreudiger Brite und Matt Damon als attraktiver Museumskurator und allen Versuchungen widerstehender Ehemann. In diesem Fall Cate Blanchett als Claire Simone. Glücklicherweise wollte man der Ikone des französischen Widerstandskampfes, Rose Vallend eine solche Burleske nicht zumuten und benutzt andere Namen. Sie ist das Vorbild für die Rolle der französischen Kunsthistorikerin. Geschickt bespitzelte sie über Jahre hinweg Hermann Göring und seine Gefolgsleute. Keiner ahnte, dass sie Deutsch verstand. Rose Vallend trug maßgeblich zur Rettung und Rückführung vieler durch die Nazis gestohlen Kunstwerke bei. Sie war Offizierin der französischen Armee und eine der meist dekorierten Frauen ihres Landes. Im Film hat sie große Vorbehalte gegen Amerikaner, sie glaubt, dass diese genau wie die Sowjets nur auf Reparationen aus sind. Natürlich kann Matt Damon mit Charme und Ehrlichkeit ihr Vertrauen gewinnen.

Historische Fehler nimmt Clooney billigend in Kauf. Die Schaffung der „Monuments, Fine Arts & Archives Section” (MFAA) war zwar als solche ein Novum. Der erste völkerrechtliche Vertrag, der Bestimmungen zum Schutz von Kultur während eines Krieges enthielt, bleibt aber die bereits 1899 abgeschlossene und 1907 leichte modifizierte Version der ‚Haager Landkriegsordnung’. Sie enthielt für die angreifende Partei in Artikel 27 das Gebot, historische Denkmäler, Bildungseinrichtungen sowie Institutionen mit religiöser, gemeinnütziger, künstlerische oder wissenschaftlicher Bedeutung bei Belagerungen und Bombardierungen so weit wie möglich zu schützen. Der russische Jurist, Maler und Schriftsteller Nicholas Roerich, der Zerstörungen in Russland während des Ersten Weltkrieges und der Oktoberrevolution miterlebt hatte, gab Anfang der 30er-Jahre den Anstoß zu einem eigenständigen Vertrag, der den Schutz von Kulturgütern während kriegerischer Auseinandersetzungen garantieren sollte. Das nach seinem Initiator auch als “Roerich-Pakt” bezeichnete Abkommen wurde 15. April 1935 im Weißen Haus von 21 Staaten Nord-, Mittel- und Südamerikas unterzeichnet und trat am 26. August 1935 in Kraft. Kein einziges Land in Europa und Asien, den geopolitischen Schwerpunkten des wenige Jahre später beginnenden Zweiten Weltkrieges, unterzeichnete oder ratifizierte den Vertrag. Erst 1954 wurde die ‚Haager Konvention’ abgeschlossen, der völkerrechtliche Vertrag soll Kulturgut während eines Krieges oder bewaffneten Konfliktes vor Zerstörung oder Beschädigung sowie Diebstahl und Plünderung schützen.

Der 88jährige Harry Ettlinger ist einer der letzten noch lebenden „Monuments Men”. Aufgewachsen ist er in Karlsruhe. 1938, als der Junge 13 Jahre alt ist, flieht die jüdische Familie in die USA. Im Januar 1945 kehrt Ettlinger nach Europa zurück um gegen die Nazis zu kämpfen. Da er fließend Deutsch sprach, war er eine unschätzbare Hilfe für das Team. In einer Heilbronner Salzmine finden die Männer 40.00 Kisten mit Kunstwerken, darunter ein Rembrandt. Ettlinger kannte die Darstellung nur als Kopie – sein Großvater hatte einen Druck davon besessen. „Unter Hitler durfte ich als jüdisches Kind das Museum nicht betreten”, erzählte er in einem Interview. „In der Salzmine in Heilbronn habe ich dieses Gemälde dann zum ersten Mal gesehen.” Und weiter: „Man kann Menschen einer ganzen Generation auslöschen, ihre Häuser niederbrennen, sie werden immer einen Weg zurück finden. Vernichtet man aber ihre Geschichte, ihre Errungenschaften, ist es, als hätten sie nie existiert. Das will Hitler erreichen – und genau dagegen kämpfen wir”, heißt es in dem Film. Eine der gelungensten Szenen spielt kurz nach Kriegsende, als Clooney/Stokes sich ausmalt, was mit einem Menschen geschehen soll, der Juden verachtet, ihre Kunstschätze raubt und die Werke lieber verbrannt hätte, als sie dem Feind zu überlassen. Er träumt von einer vollständigen Vernichtung: dem Vergessen. Prozess, Hinrichtung, ein anonymes Grab. Er selbst wird davon in der Zeitung lesen, während er in seinem jüdischen Lieblingsdeli sitzt, ein Bagel und Kaffee vor sich. Es wird nur eine ganz kurze Notiz sein, weit hinten in der Zeitung. Nichts wird bleiben, als die Erinnerung an die Zigarette, die er in jenem Moment raucht.

Auf seiner Promotionstour wiederholt Clooney immer wieder die Forderung, dass British Museum solle die 2500 Jahre alten Elgin Marbles an Griechenland zurückgeben. Der Disput um jene Bauwerkteile der Akropolis dauert schon über 200 Jahre an. Thomas Bruce, 7th Earl of Elgin, damals englischer Botschafter im Osmanischen Reich, ließ die Stücke aus dem Pantheon herausbrechen mit der Erlaubnis von Seged Abdullah Kaimacan. Angeblich entgegen der Absprachen hatte er sich aber nicht auf die wissenschaftliche Untersuchung und die Fertigung von Abgüssen beschränkt, sondern brachte seinen Schatz 1801 nach Großbritannien. Was nicht auf den Seereisen verloren ging, bot der Lord auf Grund chronischer Geldmangels dem British Museum an. Erst nach einigem Zögern entschloss man sich im Jahre 1814 zu dem Ankauf – Preis: 35.000 Pfund. Seit 1939 wird der Marmorfries der Akropolis in der eigens dafür erbauten Duveen Gallery ausgestellt und gehört zu den berühmtesten Exponaten des Museums. Elgins Vorgehensweise wurde schon zu seinen Lebzeiten heftig kritisiert, Lord Byron nennt ihn in „Childe Harold`s Pilgrimage” einen „Kulturbarbaren”. Elgin rechtfertigte sich, er habe die durch den türkisch-griechischen Krieg gefährdeten Kunstschätze nur retten wollen. Zumindest lenkt Clooney so geschickt von den schlechten Filmkritiken im englischsprachigen Raum ab und leider auch vom eigentlichen Thema. Das British Museum definiert die umstrittenen Exponate als Teil einer „world collection”. Es wäre das Ziel, die Welt der Welt zu präsentieren. Nicht alle waren damals gegen den Ankauf, so soll Johann Wolfgang von Goethe die Akquisition „den Beginn einer neuen Ära großer Kunst”, genannt haben. Die britische Tageszeitung ‚The Guardian’ machte eine Online-Umfrage, nach der 87 Prozent der Leser für eine Rückgabe der Elgin Marbles waren. Der Streit eskaliert. Polemik ist werbewirksam und Clooney immer wieder im Rampenlicht. Dieses Mal weil Londons Bürgermeister Boris Johnson ihn bezichtigt, eine „Agenda der Beutekunst wie einst Hitler" zu verfolgen.

Es geht auch anders: Die Arbeitsstelle für Provenienzforschung am Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin - Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat die Aufgabe, Museen, Bibliotheken, Archive und andere öffentlich unterhaltene Kulturgut bewahrende Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland bei der Identifizierung von Kulturgütern in ihren Sammlungen und Beständen zu unterstützen, die während der Zeit des Nationalsozialismus den rechtmäßigen Eigentümern entzogen wurden. Die Kulturstiftung der Länder hat sich in den letzten Jahren verstärkt dem Thema Provenienzforschung und der Lösung von Restitutionsfällen gewidmet. Die Aufarbeitung ihrer Sammlungsgeschichte hat auch die deutschen Museen immer häufiger beschäftigt. Enteignungen und Zwangsverkäufe aus jüdischen Sammlungen im Dritten Reich führten zu zahlreichen Restitutionsfällen, die mit Hilfe der Kulturstiftung der Länder oft eine Lösung fanden. Gemeinsam mit dem ehemaligen Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann, wurde 2008 die „Arbeitsstelle für Provenienzforschung“ ins Leben gerufen. Museen, Bibliotheken und Archive erhalten hier die nötigen Mittel, um sowohl einzelne Rechercheprojekte als auch die systematische Erforschung ihrer Sammlungsbestände voranzutreiben. Zudem ist es die Aufgabe der Arbeitsstelle, die Provenienzforschung in Deutschland besser zu vernetzen sowie bei Koordinierungs- und fachübergreifenden Fragen zu beraten. Die Kulturstiftung der Länder finanziert die Geschäftsstelle, die Bundesregierung stellt die Mittel für die Forschung vor Ort in den Museen bereit.

Die Arbeitsstelle für Provenienzforschung vergab bisher Fördermittel von insgesamt 8 Millionen Euro an 129 kurz- und langfristige Projekte hilfesuchender Einrichtungen zur Aufklärung von NS-Raubkunst in den Sammlungsbeständen. Wissenschaftler durchleuchteten dabei akribisch die Depots auf der Suche nach noch so kleinen Anhaltspunkten für eine unrechtmäßige Enteignung: Über 90.000 verdächtige Kunst- und Kulturgüter in 67 großen wie kleinen Museen in ganz Deutschland und über eine halbe Million Bücher und Drucke in 20 Bibliotheken wurden seitdem auf ihre Herkunft überprüft, zahlreiche Kulturgüter – als Folge der Forschungen der durch die Arbeitsstelle unterstützten Projekte – ihren rechtmäßigen Eigentümern zurückgegeben.

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Originaltitel: Monuments Men
Regie: George Clooney
Darsteller: George Clooney, Matt Damon, Bill Murray, Cate Blanchett, John Goodman, Jean Dujardin, Hugh Bonneville, Bob Balaban
Produktionsland: USA, Deutschland 2013 Länge: 118 Min. Verleiher: Fox Deutschland
Kinostart: 20. Februar 2014

„Monuments Men, Es war der größte Kunstraub der Geschichte“ von Robert M. Edsel mit Bret Witter, Wilhelm Heyne Verlag München
ISBN: 978-3-453-43764-7

Mehr Informationen zur Provenienzforschung der Kulturstiftung der Länder.

Fotos & Trailer: Copyright 20th Century Fox