Bildende Kunst

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„Landschaft in mir“
Ein Großteil der Werke der Malerin und Grafikerin Viola Matthies setzt sich mit ihrer eigenen Kindheit und Jugend auseinander. Selbstreferentiell, persönlich bis an die Grenze des Privaten zeigen Bilder und Zeichnungen kurze Momente des Ichs aus ihrer Vergangenheit.
Viola Matthies malt sich in verschiedenen Phasen des Kindseins, im Alter zwischen etwa 2 und 12 Jahren und setzt sich immer Bezüge, überwiegend zu Landschaften und zur Natur. Sie integriert sich hinein – mal steht, liegt oder sitzt sie, mal schwebt sie wie ein Fremdkörper – fast verloren – in der Selben. Außerdem setzt sie verschiedentlich die Landschaft und sich selbst in Beziehung zu geometrischen, abstrakten Formen.
Der Begriff Landschaft spielt hier eine komplexe und psychologische Rolle, denn auch die inneren Landschaften werden im Sinne des persönlichen Daseins thematisiert. Die Malerin beobachtet nicht nur, sie kommentiert in ihren Werken auch vehement.
Die sichtbare Landschaft und Natur definiert sie dabei oft als Bedrohung oder verweist mit ihr auf Vergänglichkeit: Wie eine Welle, die sich zu einem Tsunami aufbäumt, wird ihr bedrohliches Element verdeutlicht und im Kontext kommentiert. In anderen Bildern sind undefinierbare Verwischungen eingearbeitet oder kreisförmige Elemente, die ausschnittartig auf Entschlüsselung hoffen.
Ein auf dem Boden, mit ausgestreckten Armen liegendes Kind, das allmählich vom fallenden Herbstlaub überdeckt wird befindet sich in einem Ambiente zwischen geschlossenem Raum und freier Natur. Der Verweis auf Zeit und Vergänglichkeit liegt jedoch nicht nur im Herbstlaub und der vermeintlichen Dauer des Liegens begründet, sondern auch im Blick, Ausdruck und Haltung des Kindes. Dabei wird weder das Kind, noch die Malerin selbst entblößt, auch dann nicht, wenn es in anderen Bildern um Nacktheit geht.
Selbst in jenen Arbeiten, in denen scheinbar heitere und lockere Atmosphäre dargestellt ist – verstärkt durch den transparenten Farbauftrag des Acryls wie bei einem Aquarell – ist die kindliche Idylle nur relativ und wirkt fragil und angebrochen.

Fast alle Werke zeigen das Kind allein, in sich selbst vertieft und auf sich selbst zurückgeworfen. Dadurch wirkt es entrückt und zuweilen einsam, hat aber dennoch deutlich sichtbare Beziehungsgeflechte, die dem Betrachter aber meist verschlüsselt bleiben. Was dadurch allerdings ausgelöst wird, sind Assoziationen zum eigenen Selbst und Erinnerungen zur eigenen Kindheit.

Ein zweiter Werkkomplex widmet sich der einfühlsamen Beobachtung von Hunden und deren Spieltrieb und sozialem Verhalten. Wie eine Umkehrung zur Selbstreferenz der Kindheitsbilder vermittelt hier die Künstlerin scheinbar jenen ausgelassenen Freiraum, den man sich für die Kinderzeit wünscht. Die Eroberung des Raums und der Landschaft wirkt hier in der dynamischen Veranschaulichung wie das Finden von Unabhängigkeit und Freiheit. Die Hunde wirken lebhaft, neugierig und mit einander und der Umgebung integrativ verbunden. Die zumeist winterliche oder fragmentarische Landschaftsdarstellung dient hier nicht nur als lokale Ortsbeschreibung, sondern auch symbolisch als Raum der geistigen Aneignung. Doch die Aneignung ist trügerisch. Wichtig zum Begreifen des Themenkanons der Künstlerin sind nämlich auch hier jene Elemente, die außerhalb des Dargestellten existieren oder sich ereignen. Herrchen oder Frauchen sind nicht zu sehen, aber dennoch präsent und unsere Ahnung, dass der Moment der Eroberung des Freiraums nur begrenzt sein kann, ja nur einen Bruchteil des Hundelebens ausmacht, schwingt in gleicher Weise mit wie unser nicht klar definiertes Unwohlsein in den Kinderbildern.

Viola Matthies’ Arbeiten sind Bestandsaufnahmen innerer Befindlichkeiten, die ihre, aber auch unsere Vergangenheit reflektieren und uns Betrachtern geradezu modellhaft vor Augen führen wie abhängig unsere Erinnerungen sind von der Kombination aus gemachten Erfahrungen und unserem Denken.

„Der prägnante, fruchtbare Augenblick“
Gerwin Eipper arbeitet mit den Medien Fotografie und Video, auch in Form von Projektionen und Raum bezogenen Installationen. Dabei kommen sowohl Einzelbilder als auch Bilderserien in Schwarz-Weiß und in Farbe und in verschiedenen Techniken und Präsentationsformen zur Anwendung wobei allen Werken stets eine formale Strenge zugrunde liegt. Die Arbeiten bewegen sich im Zwischenbereich einer dokumentarischen und analytischen Beschreibung einerseits und dem Erzählen fiktiver Geschichten in präzise inszenierten Momenten andererseits – offensichtlich inszenierte Bilder wechseln ab mit Bildern, die möglicherweise ganz beiläufig aufgenommen wurden. Die Fotografien deuten Geschichten an, ohne sich zu einem flüssigen Erzählstrang zu fügen.
Thematisch steht dabei das menschliche Porträt im Vordergrund. Eines der zentralen Motive ist die Einsamkeit, das In-sich-gekehrt-Sein und Träumerische, intime Momente und Augenblicke, in denen sich die Zeit zu verlangsamen scheint. Dieses zeichnet sich in den Augen und Gesichtern der Porträtierten ab und ist Ausdruck eines Gefühls von Melancholie und Sehnsucht, Vergänglichkeit und Zerbrechlichkeit und vermittelt gleichzeitig einen Anschein von Unnahbarkeit. Gerwin Eipper spürt so die Wünsche und Vorstellungen, den Zwiespalt der Gefühle und die immer währende Ambivalenz widerstreitender Empfindungen sowie das ständige Spiel zwischen Nähe und Distanz im menschlichen Antlitz auf und stellt dieses in sehr sinnlichen und stillen Bildern dar, die den Betrachter unversehens mit der eigenen Befindlichkeit konfrontieren.
In Gerwin Eippers neuesten Arbeiten werden den fotografischen und filmischen Werken Installationen in Form von räumlich angeordneten Materialkompositionen und architektonisch konstruierten Objekten gegenüber gestellt. Diese Installationen sind als fragmentarische Materialcollagen mit narrativen Qualitäten zu sehen. Sie verbinden sich in ihrem ästhetischen Gefüge und im dialogischen Zusammenspiel mit dem jeweiligen spezifischen Ausstellungsraum. Die verwendeten Materialien reichen von Fundstücken bis hin zu gekauften Produktenwie Aluminium, Edelstahl, blanke, reflektierende Oberflächen, Folien, Klebebänder, Lederriemen, Spiegel, auch in Kombination mit Bühnenbedarf und Beleuchtungsmitteln. Materialien mit Gebrauchsspuren, die auf Benutzung, Geschehenes, aber auch auf nur Vorgestelltes verweisen.
Die Bedeutung liegt allerdings weniger allein auf den verwendeten Materialien und konkreten Objekten als viel mehr auf der erzeugten Stimmung und Atmosphäre. Die Installationen sind wie leere Bühnen – einerseits Versuche einer Präzision, andererseits Deutung zwischen Nicht-mehr und Noch-nicht. Sie bilden ein gedachtes Geflecht von Beziehungen und Bezügen im „Dazwischen“ in dem die Unterbrechung, die Leerstelle, ebenso wichtig ist wie das Formulierte. Installationen als sanfte Porträts, als existenzielle Momentaufnahmen, als Allegorien, als Versinnbildlichung der Gemütszustände der porträtierten Personen in den fotografischen Werken. Der Mensch, und stellvertretend sein Porträt, ist auch in diesen Installationen stets präsent, immer mitgedacht. Es ist ein fast unmerklicher Übergang innerhalb der Gedankenwelt, der die Personen vermaterialisiert. Was vorher Licht und Schatten bewirkten, machen jetzt Material und Oberflächen antastbar und gleichzeitig unzerstörbar.

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