Bildende Kunst
Königliche Geschenke Porzellan und Rembrandt in der Staatlichen Kunstsammlung Schwerin

„Etwas ärmlich, aber ganz gemütlich!“, meint ein schnoddriger amerikanischer Journalist in „Ein Herz und eine Krone“ angesichts der prachtvollen Fassade des Palazzo Barberini, in dem die Prinzessin, gespielt von Audrey Hepburn, für ein paar Tage untergekommen ist.
Dieses Zitat kann einem in den Prachtsälen des Schweriner Schlosses einfallen, nachdem man die wunderbar geschwungene Treppe hinaufgekreiselt ist und nun die Flucht der hohen Räume durchschreitet, wobei man die Täfelungen und Gipsköpfe, die Gemälde und Kronleuchter bewundert. Ja, in diesen Kreisen wusste man zu leben… Und zu speisen wusste man auch, wie man an dem herzoglichen Porzellan sehen kann, das in diesen Tagen ausgestellt wird.
Man soll nicht zu viel spotten. Zweifellos war es ein wenig fragwürdig, in einem der ärmsten Landstriche Deutschlands derart prachtvoll zu leben, aber die Herzöge von Schwerin haben auch einiges Gute getan, zum Beispiel niederländische Kunst angeschafft, die heute die Besucher anzieht; und das viele Geld, das sie für ihren Wohnsitz ausgegeben haben, hebt Schwerin heute aus den grauen Städten des Nordens heraus. Man könnte sich natürlich aufregen und die Verschwendungssucht der Herzöge beklagen, aber was hilft es? Dieser Drops ist nun wirklich gelutscht.America:200:150{/gallery}In Thomas Manns „Dr. Faustus“ wird angesichts von Neuschwanstein die Fettlebe Ludwigs II. diskutiert, und ein Verteidiger des „Kini“ führt dagegen an, „die Verschwendungssucht eines Königs habe gar nichts zu sagen, sei bloße Redensart, ein Schwindel und ein Vorwand. Das Geld sei ja im Lande geblieben, und von Märchenbauten seien Steinmetzen und Vergolder fett geworden.“

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Also das Porzellan des Herzogs. Anders als für sein gewaltiges Schloss brauchte der Herzog dafür niemanden im Lande auszupressen, denn es handelt sich ausschließlich um Geschenke des preußischen Königshofes an die lieben Verwandten, und es waren natürlich standesgemäße und damit „königliche Geschenke“, wie die Ausstellung zu Recht heißt. Friedrich II. hatte die königliche Porzellanmanufaktur gegründet, und aus deren Angebot wurden jahrzehntelang prachtvolle Tafelaufsätze, Prunkvasen, Leuchter, Porzellaneier und Hochzeitsservices nach Schwerin geschickt, allesamt kunstvoll bemalt. In den hell beleuchteten Vitrinen kann man jetzt Millionenwerte bewundern!

Es gibt auf den Vasen und Tellern viele kunstvoll gemalte Blumen oder Efeugirlanden, aber auch Vedutenmalerei. Diese zeigt meistens Landschaften und Baudenkmäler aus Preußen, von wo ja Teile der Schweriner Familie stammten. „Die Verbundenheit der beiden Herrscherhäuser“, schreibt die Kuratorin Antje Marthe Fischer im Katalog, „wird bei jedem offiziellen Festmahl, zu dem das Service die Tafel zieren wird, den Gästen anschaulich vor Augen geführt.“

Im Katalog der Ausstellung – ein Bestandskatalog ist auch schon in Arbeit – findet man nähere Informationen über die Königliche Porzellanmanufaktur, zu deren Mitarbeitern neben anderen fähigen Künstlern Karl Friedrich Schinkel gehörte. Die Produkte dieser Manufaktur genossen Weltruhm, und man kann sich kaum sattsehen an den feinen Malereien auf den Vasen und Tellern. Eine Überschrift im Katalog spricht von einem „Feuerwerk der Malerei“ – das ist wirklich zutreffend.

Man braucht nicht lange nachzudenken, um das verbindende Moment zu der zweiten Ausstellung zu finden, die am 19. Oktober direkt gegenüber dem Schloss eröffnet wird – die Herzöge waren über die Jahrhunderte hinweg große Bewunderer niederländischer Kunst, und ihrer kenntnisreichen Leidenschaft verdankt das Landesmuseum heute seine sehr bedeutende Sammlung dieser Malerei. Und einer dieser Niederländer ist natürlich der Mann, dessen Name noch heute ein Synonym für ein Malergenie ist: Rembrandt. Das Museum besitzt eine Sammlung von 168 Radierungen, von denen anlässlich seines 350. Todesjahres 70 ausgewählt wurden, um in einem großen und hohen Raum präsentiert zu werden.

Vorgestellt wird das gesamte Spektrum von Rembrandts graphischem Schaffen – also Porträts und Selbstporträts, Genremalerei und religiöse Szenen. Mit dabei ist eines seiner berühmtesten Blätter, das „Hundertguldenblatt“. Für diese damals ganz ungewöhnlich hohe Summe hatte Rembrandt einen der Drucke selbst zurückgekauft, um den Marktwert seiner zuvor eher wohlfeilen Graphiken in die Höhe zu treiben. Es soll funktioniert haben! Die berühmte Radierung zeigt den heilenden Jesus in einer Gruppe von Kranken und kann als Beispiel für Rembrandts virtuose Behandlung von Hell-Dunkel-Gegensätzen dienen; während die linke Seite in helles Licht getaucht ist, ist die rechte ganz dunkel. Manche Blätter dieser Ausstellung sind sogar fast schwarz – es sind eben wahre Nachtstücke.

Kornelia Röder, Kuratorin der Ausstellung, hebt die merkwürdige Zeitlosigkeit der Kunst Rembrandts hervor. Einige Blätter, sagt sie, hätten auch viel, viel später entstanden sein können. Für den Betrachter bemerkenswert ist besonders die Individualität aller Gestalten. In seinem Rembrandt-Buch von 1916 hat Georg Simmel darauf Wert gelegt, dass die Figuren Rembrandts „das ganze Nacheinander ihrer Momente in der Einmaligkeit eines einzelnen“ zum Ausdruck bringen, so dass sie ihre Zersplitterung in ein Nacheinander getrennter Momente überwinden. Rembrandt wollte nicht einen einzelnen Augenblick und nicht eine isolierte Emotion abbilden, sondern die ganze Persönlichkeit der Figur in einem Bild zusammenfassen. Ob ihm das gelungen ist, das kann in Schwerin jetzt jeder selbst überprüfen; danach geht man einmal durch den herbstlichen Park und hinterher ins Schloss, um sich am Porzellan zu erfreuen.

Königliche Geschenke. Porzellane der Berliner Manufaktur am Mecklenburgischen Hof

auf unbestimmt lange Zeit
im Schloss Schwerin, Alter Garten 3, 19055 Schwerin
Öffnungszeiten des Schlosses: 15. Oktober bis 14. April: Dienstag bis Sonntag 10-17 Uhr
Weitere Informationen


Rembrandt. Ausgewählte Meistergrafiken aus der Schweriner Sammlung

Zu sehen bis zum 5. Januar 2020
Staatliches Museum Schwerin, Alter Garten 3, 19055 Schwerin
Öffnungszeiten des Museums: Dienstag bis Sonntag 11-18 Uhr, ab 1.11. 11-17 Uhr
Weitere Informationen


Abbildungsnachweis:
Header: Zwei Biskuitvasen mit Allegorien der vier Elemente, 1847–1849. © Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen M-V. Foto: G. Bröcker
Galerie:
01. KPM, Frühstücksgeschirr mit blauer Malerei und Vergoldung, 1810. © Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern. Foto: Krause, Johansen
02. Terrine aus dem Hochzeitsservice für Prinzessin Alexandrine von Preußen, Königliche Porzellanmanufaktur Berlin, 1822. © Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen M-V. Foto: G. Bröcker
03. Aus dem Hochzeitsservice für Prinzessin Alexandrine von Preußen, 1822, Geschenk des Königs Friedrich Wilhelm III. an seine Tochter. © Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen M-V. Foto: G. Bröcker
04. Rembrandt van Rijn, Das Hundertguldenblatt, um 1647-49. © Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern. Foto: D. Klose
05. Rembrandt van Rijn, Der Rattengiftverkäufer, 1632. © Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern. Foto: D. Klose
06. Rembrandt van Rijn, Skizzenblatt mit sechs Frauenköpfen, 1636. © Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern. Foto: D. Klose.

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