Bildende Kunst
NordArt 2018 – Zum 20. Geburtstag eine spektakuläre Kunstausstellung

Wer die „NordArt 2018“ – die Internationale Kunstausstellung im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf – noch nicht gesehen hat, sollte sich beeilen. Nur noch bis zum 7. Oktober 2018 präsentiert die Ausstellung im „Kunstwerk Carlshütte“ Bilder und Skulpturen, Fotografien und Installationen von zweihundert Künstlern aus über einhundert Ländern.
Das bunte Panoptikum zeitgenössischer Kunst harmonisiert wunderbar mit der Industriearchitektur der ehemaligen Eisengießerei, der Wagenremise und dem weitläufigen Skulpturenpark. Länderschwerpunkt ist die Tschechische Republik. Fokuskünstler ist der kürzlich verstorbene Bildhauer Jan Koblasa.

Vorbei an zwei lebensgroßen Mao-Kriegerinnen mit geladener Kalaschnikow – die eine in rotem, die andere in weißem Kampfanzug – empfängt den Besucher die unglaubliche Atmosphäre in den ehemaligen Fabrikhallen der historischen Eisengießerei. 22.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche! Unterteilt in Pavillons und White Cubs. Hier ist der „meeting-point“ von zeitgenössischer Kunst aus der ganzen Welt, von Nord und Süd, von Ost und West, aber auch ein Treffen von den gemeinsamen Träumen der Kreativen. Jedes Jahr widmet die „NordArt“ einem anderen Land einen eigenen Pavillon und stellt einen Fokus-Künstler vor. 2018 liegt der Länderfokus auf der Tschechischen Republik, deren Schirmherrschaft für den Pavillon der Botschafter der Tschechischen Republik, S.E. Tomáš Jan Podivínský, übernommen hat.

Galerie - Bitte Bild klicken
Fokuskünstler ist der vor einem Jahr verstorbenen tschechische Bildhauer Jan Koblasa (1932-2017), der nach seiner Flucht 1968 in die Bundesrepublik die Bildhauerklasse an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel betreute. Von den Skulpturen seiner Studenten wünschte er sich neben handwerklichem Können, Inspiration und Perspektive auch: „Dass die Leute etwas haben, das ihren Augen und ihrer Seele gefällt, etwas, um zu verweilen und nachzudenken – etwas, das sie unterstützen kann.“ Im Gedenken an diesen großartigen Künstler werden in der Wagenremise einige seiner Holzskulpturen gezeigt. Beeindruckend ist seine Skulptur einer Pieta. Nicht sitzend, wie es in der Kunstgeschichte Tradition ist, nein schreitend trägt die Mutter ihr totes Kind in den Armen haltend – weg vom Ort des Geschehens. Das intensive Kobaltblau der Komposition verstärkt die Dramatik dieses sinnlosen Todes.

Der tschechische Pavillon präsentiert dagegen dreizehn Bildhauer und Maler, die sich mit unterschiedlichen Materialien dem Thema „An den Grenzen von Unendlichkeit und Zukunft“ widmen. Vorgestellt werden Bilder, Skulpturen und Installationen, ergänzt um Fotografien, welche die Grenzen der traditionellen Fotografie durchbrechen und mit ihren Gesichtern und ihren Spiegelbildern auf einer verborgen semantischen Ebene arbeiten.

Neben vielen bekannten und unbekannten Künstlerpersönlichkeiten sowie den bisherigen Preisträgern der NordArt, ist auch dieses Jahr die chinesische Kunstszene wieder dominant vertreten. Warum? Das mag, mit der Vorliebe des Kurators für das Land China zusammen hängen. Oder das mag, mit politischen sprich finanziellen Kontakten zu der chinesischen Botschaft und den dortigen Kulturinstitutionen zusammen hängen. Denn zeitgenössische chinesische Kunst sorgt seit gut zwei Jahrzehnten in der Kunstszene für höchste Aufmerksamkeit. Erwähnt sein die beiden riesigen Installationen aus Wrackteilen, die Feuervögel „Phoenix I-II“ des Chinesen Xu Bing oder die fast vier Meter hohen Bronzefiguren „The East is Red“ von Liu Ruowang.

Abgesehen von den chinesischen Kreativen, bietet die NordArt, ein interessantes Programm, für das sich der Besucher viel Zeit nehmen sollte. Denn diese Werkschau ist eine bunte Reise durch alle künstlerischen Medien. Der Besucher hat die Möglichkeit zwischen Genres und Stilen sowie einzelnen Künstlern zu wählen. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Zur Entspannung laden die Bänke im Skulpturenpark ein. Oder das Café „Alte Meierei“, mitten in den Grünanlagen des Parks.
Übrigens, der mit 10 000 Euro dotierte „NordArt-Preis“ geht in diesem Jahr an den Prager Bildhauer Michal Gabriel, der an der Universität im tschechischen Brünn lehrt und mit 3D-Druckern arbeitet. Aktuell stellt er acht Skulpturen aus, darunter einen sechs Tonnen schweren Haifisch.

„NordArt 2018“

Die diesjährige Schau ist bis zum 7. Oktober 2018 im Kunstwerk Carlshütte, Vorwerksallee, 24782 Büdelsdorf zu besichtigen.
Die Öffnungszeiten sind Dienstag bis Sonntag (inkl. Feiertage) von 11 bis 19 Uhr
montags geschlossen
Ein umfangreicher Katalog ist erschienen.
Weitere Informationen


Abbildungsnachweis:
Alle Fotos: © NordArt
Header: LIU Ruowang (China) "The East is Red", Bronze, H: 380cm
Galerie:
01. Blick in die Ausstellungshalle
mit Skulptur von Hans Scheib (DE) und Bildern von Agate Apkalne (LV), Malte Hagen Olbertz (DE), Jansdotter Birgitta Sundström, Jansdotter (SE/NL) und Emma Ainala (FI).
02. bis 04. Focus Artist Jan Koblasa (CZ/DE) in the ACO Wagenremise
05. Country Focus – Tschechischer Pavillon: Jiří David “Hidden Image", Fotoprojekt,
Michal Gabriel „Levitation", Edelstahl
06. Country Focus – Tschechischer Pavillon: Pavel Korbička "Dance Calligraphy"
07. Country Focus – Tschechischer Pavillon: Tomáš Medek, Michal Gabriel, Petr Nikl, Tomáš Pavlacký
08.
XU Bing (China) "Phoenix I-II" & "Background Story", div. Materialien hinter Milchglas, je 153x640x70cm
09. Markus Rock (DE): Fotografieprojekt „Das Ich und das Andere“
10. Jörg
Plicat (DE) “Helping Hands, Hommage to Humanity", 2017, Cortenstahl, 350x600x250cm
11. Urs-P.
Twellmann (CH) "2.25 x π", 2018, Eichenholz.