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Im Gespräch: Dagmar Leischow mit der schwedischen Band ODDJOB

Ein ungewöhnlicher Ort für ein Interview: Die fünf Musiker der schwedischen Jazzband Oddjob haben sich in der Offiziersmesse der „Cap San Diego“ versammelt, die seit vielen Jahren im Hamburger Hafen liegt.

Abends werden sie ein kleines Vorschaukonzert für das ELBJAZZ Festival im „River-Kasematten“ geben, jetzt reden sie über ihre musikalische Arbeit und neue CD „Clint“, für die sie Musik aus Clint-Eastwood-Filmen neu arrangiert haben. Für dieses Projekt haben sie, wie üblich, viel improvisiert. Denn sie mögen keine festgefahrenen Strukturen.
 


Dagmar Leischow (DL): Ihre Band heißt Oddjob. Warum haben Sie sich für einen derart ausgefallenen Namen entschieden?

Janne Robertson (JR): Gewiss klingt dieses Wort zunächst seltsam. Andererseits hat es einen hohen Wiedererkennungswert. Wer es einmal gehört hat, der wird sich stets daran erinnern.
Per Johansson (PJ): Es gibt noch einen weiteren Grund, warum wir uns Oddjob genannt haben. Dieser Begriff lässt keinerlei Rückschlüsse zu, ob wir Jazz, Pop oder Rock machen. Deswegen kann man unsere Musik nicht sofort kategorisieren. Das ist ein eindeutiges Plus, finde ich.

DL: Weil Sie sich nicht allein auf Jazz spezialisieren wollen?

Goran Kajfes (GK): Richtig. Anfangs waren unsere Songs sehr stark akustisch geprägt. Für unser „Clint“-Album haben wir unseren Sound allerdings erweitert. Das Keyboard wurde durch einen Synthesizer ersetzt. Und bei dem Stück „The Good, the Bad & the Ugly“ gibt es erstmals elektronische Schlagzeug-Elemente.

DL: Dieser Titel stammt aus dem Film „Zwei glorreiche Halunken“. Warum war er ein Muss für Ihre CD?

GK: Weil dieses Lied sehr, sehr bekannt ist, wollten wir es ursprünglich gar nicht aufnehmen. Einzig unser Bassist Peter hat sich von Anfang an für diesen Klassiker stark gemacht.
Peter Forss (PF): Ich hatte die Idee, „The Good, the Bad & the Ugly“ mit einem Techno-Beat ein wenig zu abstrahieren, bevor dann Trompete und Saxofon das Leitmotiv aufnehmen. Es ist ja wie ein Erkennungssignal, das die Zuhörer gerade live mitreißt.

DL: Ennio Morricone hat das berühmte Thema komponiert. Was halten Sie von seinen Werken?

GK: Es gefällt mir, dass er seinen ganz eigenen Stil hat. Mit seiner Musik erzeugt er stets stimmungsvolle Atmosphären. Das ist uns übrigens auch wichtig, wenn wir eigene Songs schreiben. Bei uns stehen grundsätzlich die Emotionen, die Stimmung im Vordergrund.

DL: Welchen Stellenwert hat das Improvisieren für Ihre Arbeit?

Daniel Karlsson (DK): Einen sehr hohen. Musik entsteht bei uns nicht daheim im stillen Kämmerlein. Wir arbeiten wirklich im Kollektiv. Wir diskutieren viel, improvisieren und proben drei Monate, bevor wir ein Album aufnehmen.
PJ: Trotzdem kann es passieren, dass sich eine Nummer im Studio plötzlich in eine völlig andere Richtung entwickelt. Vielleicht spiele ich spontan Piccoloflöte, obwohl das nie geplant war.

DL: Wann ist eine Komposition für Sie endgültig fertig?

PF: Nie. Selbst auf der Bühne verändern wir sie ständig.
DK: Je häufiger wir einen Song interpretieren, desto mehr neue Seiten entdecken wir an ihm. Nach eineinhalb Jahren hat er sich recht weit vom Original entfernt. Wenn wir dann eine CD noch einmal einspielen würden, klänge sie ganz anders.

DL: Musik muss also im Fluss bleiben?

DK: Genau. Das beste Beispiel dafür ist doch Herbie Hancock, der nie an einem Punkt stehengeblieben ist. Oder nehmen Sie Miles Davis – er hat immer etwas Unerwartetes gemacht. An diesen Kollegen orientieren wir uns definitiv.

DL: Wie offen ist denn das Publikum für solche Extravaganzen?

JR: Bisher war es jedenfalls willens, uns auf allen Wegen zu folgen.
PJ: Im Übrigen sollte man beim Musizieren keine Kompromisse machen. Wer nur für seine Zuhörer spielt, bringt meiner Ansicht nach nichts Gutes zustande. Gerade für Jazz braucht man Inspiration, deshalb bin ich ein egoistischer Musiker.
Dem die Empfindungen seiner Fans vollkommen gleichgültig sind?
PF: Gewiss brauche ich Interaktionen, ich will schließlich für andere Menschen spielen. Aber ich bin eben nicht bereit, mich dafür zu verbiegen.

DL: Heißt das, Sie würden keine Standards aufnehmen, um den Massengeschmack zu treffen?

DK: Wir sind nicht prinzipiell gegen diese alten Stücke. Bloß wurden die Werke des American Songbook schon so oft interpretiert, dass es allmählich reicht.
PF: Vielleicht kommen wir mit 70 auf diese Lieder zurück. Im Moment hat uns unser Clint-Projekt wesentlich mehr gereizt.

DL: Wie sind Sie eigentlich auf die Idee gekommen, sich mit der Musik aus den Eastwood-Filme zu beschäftigen?

DK: Unser Labelmanager Siggi Loch hat sich das ausgedacht. Wir waren sofort begeistert, weil diese musikalischen Themen natürlich großartig sind...
JR: ... und Eastwood obendrein als großer Jazzfan gilt.

DL: Haben Sie ihm Ihr Album geschickt?

DK: Bisher nicht. Aber wir haben in Frankreich denselben Booker wie sein Sohn Kyle. Vielleicht kann er seinem Vater unsere CD geben.

DL: Kyle Eastwood ist Jazz-Bassist. Warum haben Sie ihn nicht als Gastmusiker eingeladen?

PJ: Weil wir ihn nicht kennen. Es wäre allerdings schön, wenn wir mit ihm einige Konzerte geben könnten.

DL: Wobei natürlich die Musik aus „Dirty Harry“ nicht fehlen dürfte.

PJ: Auf keinen Fall. Sie klingt ja sehr urban, bisweilen sogar bedrohlich, dunkel, verstörend. Von den Motiven der Spaghetti-Western ist sie meilenweit entfernt.

DL: Es fällt auf, dass Sie sich auf die Soundtracks der 60er und 70er Jahre konzentriert haben.

GK: Die Musik der alten Filme ist einfach spannender. Man kann da in viele seltsame Klänge eintauchen, die absolut einzigartig sind. Das hat unsere Kreativität unglaublich geschürt.


Oddjob spielt auf dem ELBJAZZ Festival am Samstag, 29. Mai 2010, um 19h auf der Hauptbühne Blohm + Voss Werftgelände.
Foto Header Oddjob: Steven Haberland

Oddjob
CLINT (CD - ACT 9494-2)
Release Date Germany: 2010-02-26
Barcode: 614427949424

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